Tot im Wohnwagen. Elisa Scheer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Elisa Scheer
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750253230
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sich umgehend.

      In der Folge gelang es Nele zunehmend, gleichzeitig mit Emma zu spielen und über Emmas missratenen Großvater nachzudenken.

      Komisch nur, dass in letzter Zeit nichts mehr von ihm zu hören war! Dieser arrogante Sack…

      Schließlich rappelte sich Emma, die offenbar genug von diesem Spiel hatte, so weit auf, dass sie in verblüffendem Tempo Richtung Haus loskrabbeln konnte. Nele ließ Ball Ball sein und eilte hinterher, um Emma wieder laufen zu lassen. Das gefiel der Kleinen so gut, dass sie laut krähend an der Hand ihrer Tante wieder das Haus betrat. Im Wohnzimmer trafen sie auf Emmas Oma.

      „Oh, Nele! Du bist also eingesprungen? Das ist lieb von dir!“ Sie nahm Emma auf den Schoß, die sich dort erst ein wenig wand und sich dann zurechtkuschelte.

      „Sag mal Oma, Emma! O-ma… O-ma…“

      Emma kicherte und blinzelte.

      „Nele, wie geht´s dir denn?“

      „Na, prima. Die Wohnung ist jetzt so, wie sie sein soll, die Arbeit macht Spaß, ich habe nette Freunde und Birkenried sieht zwar immer noch aus wie Sau, aber es wird langsam besser. Bis auf diese Dreckswohnwagen…“

      „Bitte? Komm, Nele, irgendwo müssen die armen Arbeiter doch wohnen – aber haben die denn nicht diese Container, wie üblich?“

      Nele lachte, was Emma sofort, wenn auch etwas schläfrig, beantwortete. „Nein, solche Container haben sie da auch. Aber bei uns in der Fontaneallee haben irgendwelche Ferkel jede Menge schrottreifer Wohnwagen abgestellt. Und aus einem stinkt es heraus, als läge da ein total verschimmelter Leberkäse drin. Oder Schlimmeres“, fügte sie finster hinzu.

      „Du meinst – eine Leiche?“

      „Aber nein, das glaube ich nun doch nicht! Höchstens ein paar tote Ratten. Ich hab die Feuerwehr informiert, die sollen da mal aufmachen und nachschauen. So geht es schließlich nicht, alle müssen auf dem Weg zum Bus da vorbei und es würgt einen wirklich. Das muss man direkt nach dem Frühstück absolut nicht haben.“

      „Und was hat die Feuerwehr herausgefunden?“

      „Keine Ahnung, das habe ich ja erst heute gemacht. Und wahrscheinlich werde ich nie erfahren, was es war, die werden das verweste Zeug einfach entfernen.“

      „Hoffentlich auch den Wohnwagen, der hat diesen Geruch bestimmt intensiv angenommen.“

      „Dein Wort in Gottes Ohr, Mama. Am besten alle, die sind so hässlich – und obendrein nehmen sie bloß Parkplätze weg.“

      3

      Anne nahm selbst ab, denn Maggie holte Brezen, Patrick trug die zuletzt erledigten Fälle in die Statistik ein (samt den Namen der beteiligten Genies, natürlich) und Katrin beriet sich nebenan mit dem Team Waldmann. Eine Zeitlang lauschte sie – zunehmend verblüfft -, dann fragte sie doch noch einmal nach: „In einem vergammelten Wohnwagen?“

      Sie lauschte wieder, sagte dann „Kann ich mir vorstellen. Ekelhaft. Gut, wir kommen. Wer ist schon vor Ort?“

      Die Antwort stellte sie zufrieden, also holte sie Katrin zurück, wies Patrick an, Statistik Statistik sein zu lassen, und begann damit, alles eventuell Nötige in ihre riesige Tasche zu werfen. Maggie kam herein, seufzte und stellte die große Bäckertüte ab. „Nix mit Brotzeit?“

      „Wieso? Jeder nimmt sich eine Breze mit! Wir müssen nach Birkenried, bis dahin haben wir aufgegessen und den Wagen vollgebröselt. Dort gibt´s eine Leiche im Wohnwagen.“

      „Mal was anderes“, kommentierte Katrin und grabbelte in der Tüte herum. „Oh, mit Sonnenblumenkernen!“

      Unterwegs setzte Anne ihr Team ins Bild, das sofort mäßig freudige Kommentare zum Besten gab: „Da stinkt´s doch bestimmt total!“

      „Ja, vermutlich. Die Feuerwehr hat den Wohnwagen geöffnet, weil sich jemand über den Gestank beschwert hat – und dann haben sie die Polizei gerufen. Julia und die KTU müssten schon dort sein. Na, hoffen wir mal das Beste… Wo ist das, Fontaneallee? Ah, hier!“ Sie bog recht abrupt ab und parkte.

      Man roch die Leiche schon gleich nach dem Aussteigen; Katrin hatte etwas Mentholsalbe dabei und bot den anderen davon an. Alle rüsteten sich mit Salbe unter der Nase und Handschuhen aus und traten dann forsch auf den Tatort – oder Fundort – zu. Julia Engelhorn stand im Wohnwagen über eine Art Bett gebeugt und sah sich um, als sie merkte, wie viele Leute in den Wohnwagen spähten. „Ach, hallo. Ältere Frau, offensichtlich stranguliert. Mit diesem Schal, vermute ich.“

      „Wurde sie hier getötet?“

      „Keine Ahnung, bei dieser Todesursache gibt es leider kaum Spuren – und der Wohnwagen war sicher vorher schon so vergammelt.“

      Das Interieur wirkte tatsächlich schon recht heruntergekommen, was ja auch zum Äußeren passte – mehr Rost als Lack und das Ganze mit viel Staub und Schmutz garniert. Der rote Punkt, den man auch durch die schmierige Scheibe erkennen konnte, hatte das Gefährt auch nicht schöner gemacht.

      „Naja, die Frau ist natürlich schon länger tot, ich schätze, etwa zehn Tage. Also dürfte es seit etwa einer Woche hier zunehmend gemüffelt haben. Genaueres nach der Obduktion, wie immer eben.“ Sie gab den Leuten mit dem grauen Sarg ein Zeichen und kletterte aus dem Wohnwagen, ohne sich irgendwo festzuhalten.

      Verständlich, dachten Katrin und Maggie mit einem verständnissinnigen Blick und zogen ihre Handschuhe fester, hier wollte man wirklich nichts berühren – entweder kontaminierte man anderes oder man fing sich selbst etwas Ekliges ein!

      „Warum stehen hier überhaupt so viele verschimmelte Wohnwagen? Die Siedlung ist doch noch total neu?“, fragte Patrick.

      Anne zuckte die Achseln. „Vielleicht haben die Leute gedacht, hier fallen die Krücken nicht auf. Naja, Fahrgestellnummer und so weiter – da kriegen wir schon noch jemanden dran. Wagen geht in die KTU, wenn wir hier fertig sind.“ Sie spähte hinein und nickte den Leuten von der Spurensicherung zu, die schon etliches eingetütet hatten.

      Patrick und Maggie inspizierten die Umgebung – die lange Reihe heruntergewirtschafteter und mit Rostflecken übersäten Wohnwagen, die zum Teil nicht einmal verschlossen waren, wie Patrick mit prüfendem Griff feststellte, dahinter einige halbfertige Gebäude, die wohl eines Tages ein kleines Einkaufszentrum werden sollten, auf der anderen Seite eine umgepflügte Wiese, wo wahrscheinlich wieder ein Wohnblock entstehen würde.

      Weiter vorne traf die Fontaneallee auf die Sophie-Laroche-Straße, die eine weitere Verkehrsader von Birkenried werden sollte. An der Ecke hielten auch verschiedene Busse.

      Er würde hier nicht wohnen wollen, stellte er nicht ohne Naserümpfen fest – nicht, bevor hier ein Minimum an Infrastruktur vorhanden war. Nur halbfertige Häuser, dürftige Bäumchen, Baustellen und auf den Straßen zementverschmierter oder halb aufgestemmter Asphalt.

      „Kann ganz nett werden hier“, stellte Maggie in diesem Moment fest. „Also, wenn die da mal vorankommen!“

      „Und diese Schrotthaufen abtransportieren. Wer kommt wohl auf die Idee, da eine Leiche zu deponieren? Der Gestank muss doch auffallen!“

      „Stimmt. Ein Plätzchen im Wald wäre wohl besser gewesen“, überlegte Maggie ohne großes Zartgefühl, „aber Wald ist hier ja weit und breit keiner.“

      Patrick brummte vage zustimmend und sah sich weiter um. „Wer hat denn eigentlich die Feuerwehr gerufen?“

      Maggie weckte ihr Tablet auf. „Eine Frau Garbrecht. Wohnt in der Straße da vorne, Richtung Brücke. Hat wohl beim Vorbeigehen die Leiche gerochen. Boah, wenn ich mir vorstelle, jeden Morgen diesen Mief und jeden Morgen schlimmer, logischerweise…“

      „Ja, vielen Dank. Ich würde meine Wurstsemmel von heute Mittag gerne bei mir behalten, also hör mit dem Gelaber auf!“

      „Du Seelchen! Wir könnten diese Garbrecht mal befragen gehen.“

      Patrick