Spring!. Karina Förster. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Karina Förster
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783745097528
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muss lachen und falle an Utas Schulter. »Ja«, antworte ich und muss meinen Bauch halten. »Aber nicht im Sinne von hüpfen.«

      Uta blickt skeptisch drein.

      »Vergiss es! Ist schwer zu erklären. Später, okay?«

      »Jetzt habe ich Kopfkino.«

      Erneut schüttelt mich ein Lachanfall und ich ziehe Uta für einen Wangenkuss zu mir.

      »Ich mach weiter«, sage ich und drücke Play.

      Kai lächelt ganz verzückt und ich muss an das denken, was er mir in mein Ohr geflüstert hatte. So ein Spanner!

      »Sie … Elisa«, sagt Kai und strafft sich. Sein Gesicht wird freundlich und entspannt. Yanick erschrickt und mit weit geöffneten Augen schaut er in die Kamera. »Mich?«, fragt Lisa, die sich hinter der Videokamera befindet.

      »Nein! Nein, nicht du Lisa.« Kai legt seinen Kopf schräg. »Die, Elisa, die gesprungen ist. Die Springerin!«

      Yanick hebt seine Hände fragend und sieht sich hilflos um.

      »Deine Wahl Nicky. Antworte oder schweig«, murmelt Kai. »Lieblose Muschi vögeln oder Liebe. Ach, und lass dir nicht erzählen, dass sie das Würstchen gesehen hat!«

      So ein Kerl! Er weiß es! Darum hat Yanick so gelacht, als ich wieder in das Boot einsteigen sollte. Er sagte, es sei ernster, als ich ahnen würde. Das sehe ich jetzt allerdings auch so. Warum sagt er mir das denn das alles nicht einfach? Aber andererseits, hätte ich ihm geglaubt? Wohl eher nicht. Er hat es ja versucht. Meine Reaktion war, dass er spinnt.

      Kai nimmt erschöpft seine Hände von Yanicks Schulter. Die Kamera verweilt noch eine Weile auf den ratlosen Yanick, der sich nun verwirrt im Raum umsieht.

      Dann wird der Bildschirm schwarz.

      »Kai ist ein Medium?«, entfährt es Uta ungläubig und stiert auf den schwarzen Bildschirm.

      »Ja«, flüstere ich und ich glaube ihm, weil nur ich wissen kann, dass ich Yanicks Würstchen gar nicht im Wasser gesehen habe, als ich zum Hafen in Friedrichshagen schwamm.

      »Yanick weiß, er wird dich am Fenster sehen, weil er weiß, dass du die bist, die sprang … Weil er nun die Wahl hat, öffnet er seine Augen und sieht dich. Und ihr macht hüpfend Liebe.«

      Uta ist köstlich …

      Das Bild geht wieder weiter, diesmal vermutlich von einer Handykamera gefilmt. Ich erkenne mich, wie ich mit geschlossenen Augen auf der Terrasse des Hausbootes stehe. Gleich würde Kai mir die Hände auf die Schulter legen.

      »Bereit?«, fragt er.

      »Bereit«, antworte ich und seine Hände berühren meine Schulter. Auch er schließt seine Augen.

      »Wir haben uns vorhin über deinen Großvater unterhalten …«

      Nicken.

      Kai legt seinen Kopf zur Seite und ein Lächeln huscht über sein verschmitztes Gesicht.

      »Er hat dich sehr geliebt und wollte, dass du dich nie zu schnell für etwas entscheidest. Er sagte immer: Geh es ernsthaft an und prüfe stets dein Herz dabei.«

      Pause.

      Ich schluchze, weil ich erst jetzt im Rückblick begreife, warum er mich an Opas Rat erinnerte. Warum Yanick mich daran erinnert hatte. Ich denke, deine Maßstäbe zum Prüfen sind defekt.

      Yanick und Kai hatten versucht, den Blick auf etwas zu lenken. Ich habe Yanick stets auf seine Fehler hin geprüft. Fehler, die leicht zu verzeihen gewesen wären. Nie habe ich meine als Maßstab benutzt, denn ich habe Fehler gemacht. Schlimme sogar.

       Es sei die Ehre nach den Taten erwiesen.

      Ich erkenne, dass Yanick mehr ehrenvolle Taten vollbracht hat, als ich. Meine sind egoistisch. Eigennützig und gegen die Natur.

      Play.

      Auf dem Video nicke ich. Mir geht durch den Kopf, wie verblendet meine geistige Einstellung doch ist. Scham für jede Untat steigt in mir auf.

      »Auf dem Steg heute Mittag wolltest du auf das Boot, noch bevor sie angehalten haben, damit du springen kannst.«

      Nicken.

      »Dann …«, Kai legt seinen Kopf in den Nacken. Die Handykamera blendet kurz die Leute ein, die auf der Sitzgruppe sitzen. Ich sehe Yanick. Er sitzt weit nach vorne gebeugt, gebannt auf mich sehend. Ninette kauert neben ihm und blickt finster und gelangweilt drein.

      »… Dein Bikini war sicher preiswert, aber du bist alles andere als billig, so wie Ninette es gesagt hat …«

      Plötzlich hellwach, strafft sich die Erwähnte. Sie wirft ihren Kopf ruckartig zu Yanick, als erwarte sie eine Reaktion von ihm. Ihre Augenbrauen zucken zusammen. Sie ist eindeutig schockiert und empört.

      Yanick sieht jedoch immer noch zu mir und schüttelt abwehrend seinen Kopf in Ninettes Richtung. Er wartet begierig darauf, mehr zu hören. Alles an ihm ist in Anspannung.

      »… Die sich wie eine Nutte vögeln lassen will. Sie hat nicht gemerkt, dass er es zu dir sagte. Ich habe übrigens daran gedacht meine Arbeitsplatte zu desinfizieren.«

      Ninette springt hoch, doch ohne sie auch nur eines Blickes zu würdigen, zieht Yanick sie sofort wieder auf den Sitz zurück. Sein Mundwinkel geht hoch. Hochrot und wütend stiert Ninette zu mir.

      Ich nicke und schmunzele mit geschlossenen Augen.

      Yanick schmunzelt nun ebenfalls breit über sein Gesicht.

      Kai fährt mit seinen Händen an mir hinab und sie ruhen nun auf meinen Unterleib.

      Ein Schauer überfährt mich, denn ich stelle fest, dass Kai und ich damals auf seiner Terrasse so standen, wie Yanick und ich in Warnemünde vor dem Spiegel.

      Kais Gesichtsausdruck verrät eindeutig hohe Erregung. Er sieht, wie Yanick damals, an mir herunter, lächelt und minimale Bewegungen seiner Augenbrauen deuten etwas sehr Schönes an. »Der Vater deiner Kinder liebt … Nein, vergöttert dich. Ein Junge …« Mir rollt stumm eine Träne die Wange hinab. Ich flüstere mit Kai synchron: »Dann. Später ein Mädchen.«

      Kai hat alles gesehen und wollte mir etwas sagen. Aber ich habe es aus Hochmut ignoriert. Alle Hinweise.

      Ninette springt auf und will tobend auf mich losgehen, um sich für ihre erlittene Schmach zu rächen. Doch Yanick hält sie zurück. Er lächelt dabei! Sie schreit hysterisch: »Fahr mich auf der Stelle weg hier! Sofort!« Dann wird der Bildschirm schwarz.

      Ich sehe zu Boden. Zu viele Gedanken auf einmal. Wo soll ich anfangen zu sortieren?

      Uta sitzt auch noch, um das Gesehene zu verarbeiten. »Das würde mir keiner glauben, wenn ich es erzähle. Die würden mich in die Klapse schicken. Er hat sich also entschieden die Augen zu öffnen.«

      Einmal nicken.

      »Und hat dich gesehen und dir geantwortet.«

      Einmal nicken.

      »Weil er wusste, dass dort die Elisa stehen würde, die gesprungen ist. Du. Kai hat ihm das alles 1994 …?«

      »Prophezeit?«

      »Genau. Wie sagte er: Lieblose Muschi vögeln, also Ninette. Oder Liebe, also du. Ergo: Es ging ihm noch nie um die Wette, sondern um Liebe.«

      Weinend falle ich in Utas Arme. Mein Körper bebt und mein lautes Schluchzen erfüllt den ganzen Raum. Es verrät den inneren Kampf und die daraus resultierende Verzweiflung. All meine unehrenhaften Taten. Uta hält mich, bis ich wieder erschöpft ruhiger werde.

      »Der Brief«, hauche ich und halte ihn Uta hin. Sie liest und weint Kullertränen.

      »Ella. Mein Gott!«

      Abwesend stehe ich auf.

      »Ella!«