Die Herren von Telkor - Die Trollhöhle. Daniel Sigmanek. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Daniel Sigmanek
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844267891
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Das Lächeln der Königin gefror. Sie setzte sich wieder ein wenig aufrecht hin. „Was glaubt ihr eigentlich, wer ihr seid? Ihr Sieben wollt den Lord bekämpfen, und meint, dass ich das Leben meiner Krieger für diese mehr als umnachtete Idee opfern soll?“, fragte sie zornig. Der plötzliche Stimmungswandel überraschte Tado.

      „Wir werden auch die anderen Völker des Tals um Hilfe bitten“, wandte Etos ein. Auch er klang leicht verärgert. Offenbar hatte er zwar mit dieser Reaktion gerechnet, trotzdem aber auf die Unterstützung gehofft.

      „Und was ist, wenn die anderen Völker auch ihre Hilfe verweigern? Was ist, wenn ihr ganz allein dasteht? Wollt ihr dann zu Siebent gegen den Lord kämpfen?“ Die Stimme der Königin war lauter geworden und auch Etos sprach nicht mehr so gefasst wie zuvor: „Notfalls würden wir auch das tun, aber die anderen Reiche werden uns helfen. Denn sie alle haben kein so ignorantes Oberhaupt wie ihr es seid!“

       Das war’s, dachte Tado. Etos hatte den Bogen überspannt. Wahrscheinlich würde die Königin jetzt Blitze oder Felsen auf sie herabregnen lassen. Er schloss instinktiv die Augen.

      Doch Hexate hatte sich erstaunlich gut in der Gewalt. In ihren Augen blitzte es zwar verärgert auf, aber angesichts dessen, dass sie diese Worte wohl schon fast zum Explodieren gebracht haben mussten, war das fast schon beruhigend. Sie leerte in einem einzigen Zug ihr Glas. „Sagt mir, Etos, König der Aonarier, wie habt ihr nur die Köderfallen im Gebirge überstanden, bei eurer Blindheit zu glauben, dass ihr mit sieben Mann eine Chance gegen den Lord habt!“ Wie um ihren Worten noch mehr Ausdruck zu verleihen, erschien in diesem Moment hinter der großen Fensterfront ein Blitz am klaren Nachthimmel, der den Saal für einen Moment in ein unheimliches Licht tauchte.

      „Vielleicht, Hexate, Königin des Sonnenreichs, weil eure von gnadenloser Torheit gekennzeichneten Fallen selbst für Blinde zu offensichtlich sind!“

      Bevor der Streit endgültig zum Eskalieren kam, und vielleicht Machten aufeinanderprallten, die Tado selbst in seinen schlimmsten Alpträumen noch nicht erlebt hatte, flog die Tür hinter ihnen (natürlich lautlos) auf und die von Etos niedergeschlagene Wache stürmte in den Thronsaal.

      „Verzeiht meine törichte Störung, ehrwürdige Königin, aber ich wurde von einem Unbekannten niedergeschlagen, der in Begleitung von sechs weiteren Personen war. Ich weiß nicht, ob sie sich hier noch im Schloss herumtreiben, aber...“, er brach ab, um Luft zu holen, während sein Blick über Tado und die anderen glitt. „Das sind sie!“

      Im gleichen Moment merkte er wohl selbst, dass sein Verhalten nicht gerade von Intelligenz zeugte, denn er sah zerknirscht zu Boden, während ihm die Königin nur einen missbilligenden Blick schenkte und ihn dann mit wenigen Worten aus dem Saal scheuchte.

      „So ein Dummkopf. Ich glaube, ich werde ihm eine andere Stelle zuweisen.“ Sie griff nach ihrem Glas, stellte aber enttäuscht fest, dass es bereits leer war. Also wandte sie sich wieder Etos zu. Dank des Zwischenfalls eben schienen sich beide wieder beruhigt zu haben.

      „Also gut. Vielleicht war ich vorhin etwas vorschnell mit meiner Entscheidung. Schließlich liegt auch mir sehr viel daran, die einzig wahre Konkurrenz meiner Macht auszuschalten. Also mache ich euch um unserer Freundschaft Willen ein Angebot: Wenn ihr von den übrigen drei Großmächte ausnahmslos Hilfe zugesagt bekommt, werde auch ich mich vielleicht an dem Kampf beteiligen.“

      Tado spürte, wie schwer es ihr gefallen sein musste, diese Worte auszusprechen. Etos’ Miene hellte sich jedoch deutlich auf. „Nun, wenn ich ehrlich bin, ist das eigentlich schon mehr, als ich erwartet hatte. Ihr seid doch nicht so ignorant, wie ich glaubte“, sagte er mit einem Lächeln. „Sobald das Leuchtfeuer brennt, ist das das Zeichen zum Angriff.“

      „Das Leuchtfeuer?“, fragte Hexate erstaunt. „Dann hat sich mein Verdacht also bestätigt. Ihr seid verrückt geworden.“ Sie hatte die letzten Worte nicht als Scherz gemeint, sondern vollkommen erst. Das ließ Tado einen Schauer über den Rücken jagen. Was konnte das Leuchtfeuer nur sein? Warum war es verrückt, es entzünden zu wollen? Diese Gedanken riefen ihm unwillkürlich wieder eine Gestalt in schwarzem Umhang mit rot glühenden Augen ins Gedächtnis...

       „Es ist spät“, sagte die Sonnenkönigin schließlich. „Und ihr habt morgen noch einen weiten Weg vor euch. Auch wenn ihr so viel Feingefühl nicht von mir gewohnt seid, möchte ich euch trotzdem ein Palastzimmer anbieten.“

      Etos schien nun vollends verwirrt. „In der Tat, eine solche Großzügigkeit widerspricht all meinen bisherigen Erfahrungen. Umso mehr bedaure ich, dieses Angebot ausschlagen zu müssen.“

      Sowohl seine sechs Begleiter als auch Hexate sahen ihn völlig überrascht an. In den Gesichtern Ersterer bereitete sich sogar ein wenig Entsetzen aus, sodass er schnell hinzufügte: „Wir betreten bald ein Gebiet, das nicht mehr unter dem Schutze eurer Macht liegt. Von dort an müssen wir Nachtwache halten. Es wäre besser, dies vorher zu trainieren, für Ungeübte kann es nämlich sehr schwer werden.“

      „Weise und vorausblickend gesprochen. Wie immer, mein König“, sagte die Sonnenkönigin mit einem Lächeln auf den Lippen. „Nun, dann wünsche ich euch noch eine angenehme Nacht.“

      Etos machte demonstrativ eine kleine Verbeugung und verließ dann zusammen mit den anderen den Thronsaal.

      „Das lief bei Weitem besser, als ich erwartet hatte“, meinte er zufrieden, als die zwei Torflügel sich hinter ihnen wieder schlossen. Tado rief sich die Beinahe-Eskalation des Streits noch einmal in Gedanken. Wenn das seine Erwartungen positiv übertraf, was um alles in der Welt hatte er denn erwartet?

      Bevor er jedoch eine entsprechende Frage stellen konnte, marschierte Etos schon wieder los. Sie gingen durch genau zwei Dutzend Korridore, bis endlich die gigantischen Flügel des Eingangstores vor ihnen auftauchten. Sie schwangen genauso magisch und lautlos wie die Tür zum Thronsaal auf. Die fünf Wächter dahinter, die ihnen vorhin den Zutritt verwährt hatten, schienen an ihrem eigenen Geisteszustand zu zweifeln, als die Sieben plötzlich aus dem Palast kamen, ließen sie aber ungehindert passieren. Der König steuerte die Straße zurück durch die Stadt an. Doch auch nachdem diese endete, gingen sie noch weiter, bis sie wieder vor ihrem ursprünglichen Weg standen. Dann wandte er sich jedoch nach Westen, wo sich der Gebirgspfad fortsetzte. Diesen schritt er nun einige Meter entlang, bis er vor einer scheinbar aus dem Fels wachsenden Tanne Halt machte und seinen Rucksack abstellte.

      „Was ist?“, fragte Regan.

      „Das hier ist unser Schlafplatz“, antwortete Etos müde. Er gähnte ungeniert und breitete dann eine Decke aus.

      „Das ist doch nicht euer Ernst!“, protestierte Tado. „Ein paar hundert Meter in dieser Richtung“, er deutete auf den selbst von hier aus noch gut sichtbaren Palast der Sonnenkönigin, „erwarten uns gemütliche Betten in einem echten Schloss!“

      „Du hast doch gehört, was ich vorhin im Thronsaal sagte“, meinte der Angesprochene nur ungerührt.

      „Ich hielt es für einen Scherz“, gestand Tado.

      „Außerdem kann ich dir sagen“, fuhr Etos fort, „dass das Schlafen in einem Schloss auch nicht anders ist als in einem normalen Wohnhaus.“

      „Stimmt, ich vergaß, ihr lebt ja in einem prächtigen Palast, der jeden Besucher vor Faszination erstarren lässt, und nicht in einer kleinen Höhle, zusammengedrängt auf engstem Raum“, sagte Tado sarkastisch. Der König ignorierte den bissigen Unterton. „Du wirst es vielleicht nicht glauben, aber ich besaß tatsächlich einmal ein Schloss.“

      „Wirklich?“, fragte Spiffi interessiert.

      „Ja, die alte Stadtfestung. Aber darüber erzähle ich euch morgen mehr. Wir sollten jetzt die Nachtwachen einteilen.“

      ‚Jetzt doch noch nicht’, dachte Tado bei sich. Er hatte noch so viele Fragen, zum Beispiel das mit dem Leuchtfeuer, und wo sie morgen hin gehen würden. Bevor er jedoch aufbegehren konnte, hatten ihn die anderen bereits zur ersten Wache bestimmt.

      Während Spiffi, Regan und die vier Aonarier es sich unter dem Baum gemütlich machten, versuchte er verzweifelt, mit den primitiven, ihm zur Verfügung stehenden Mitteln,