Die Herren von Telkor - Die Trollhöhle. Daniel Sigmanek. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Daniel Sigmanek
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844267891
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Sie mussten also wohl oder übel gegen den Lord des Frostes antreten. Vielleicht hatte der König ja Recht, und irgendein fauler Zauber trübte tatsächlich seine Sinne, wie sonst war es zu erklären, dass er nach alldem noch immer an der Erfüllung seines Auftrages festhielt. Er verscheuchte den Gedanken hastig.

      „Wie dem auch sei“, fuhr der König fort. „Ihr seht aus, als hättet ihr seit längerer Zeit nichts zu essen bekommen und wir haben noch frisches Wolfsfleisch übrig.“ Tado und sowohl Spiffi als auch Regan folgten ihm.

      Zwar hatten sie ausreichend Proviant für über eine Woche, aber der Gedanke an Fleisch war einfach zu verlockend. Selbst die Tatsache, dass es womöglich von den blau-schwarzen Ungeheuern, die sie verfolgten, stammte, schrecke sie wenig.

      Etos führte die Drei in eine weitaus größere Höhle, die auf geheimnisvolle Weise genauso warm wie die vorige war und in der sich hunderte Menschen tummelten. Auf dem festgetretenen Schneeboden befanden sich unzählige Decken und Matten, anscheinend stellte dies hier wohl die Behausung der Aonarier dar. Ein wenig überrascht stellte Tado fest, dass die ganzen Menschen kaum Notiz von ihnen nahmen. Offenbar waren Neuankömmlinge nichts Ungewöhnliches. Der König wandte sich nun einer kleinen Feuerstelle zu, über der Spieße mit Fleisch gebraten wurden. Um das Feuer herum lagen einige Baumstämme, die offenbar als Sitze dienten. Etos nahm auch prompt auf ihnen Platz und bedeutete Tado und den anderen, es ihm gleich zu tun. Sofort wurden ihnen einige Teller mit dem Wildbret gebracht. Es schmeckte ungewöhnlich, aber nicht unbedingt schlecht. Während sie aßen, begann der König wieder, zu erzählen: „Ich finde ja, beim Essen redet es sich besser. Wie ihr sicher wisst, war unser Tal einst nicht so kalt, sondern grün und friedlich und warm. Wirklich Winter wurde es nur einmal in fünf Jahren. Jetzt jedoch, da der Lord des Frostes mit seinen direkt der Hölle zu entstammen scheinenden Kreaturen das gesamte Land hat einfrieren lassen, ist aus dem einst so schönen Tal eine eisige und verlassene Einöde geworden, in der es kaum noch Leben, dafür aber umso mehr Schmerz und Leid gibt.“

      Etos sprach recht schnell und Tado wunderte sich nicht zum ersten Mal, dass er sich in seinen eigenen Worten nicht verhaspelte. Nun machte dieser jedoch eine Pause, wahrscheinlich, um einen Plan für einen besonders langen Satz zu entwerfen. Bevor er dies aber tun konnte, warf Regan eine Frage in den Raum: „Woher stammen eigentlich die Wölfe und Spinnen? Lebten sie schon vor Ankunft des Lords in diesem Land?“

      Der König sah ihn einen Moment lang an, als hätte der Goblin etwas furchtbar Dummes gesagt, bis er sich darauf besann, dass dieser und seine anderen Gäste ja nicht aus dem Tal stammten. Also rang er sich letztendlich doch zu einer Antwort durch: „Nein. Oder doch. Selbstverständlich gab und gibt es hier Wölfe, Waldwölfe. Ebenso lebten im Tal auch Erdspinnen. Der Lord züchtete aus diesen jedoch seine Bestien und ließ sie mittels dunkler Magie wachsen, sodass sie viel stärker und größer als ihre ursprüngliche Art wurden.“

      Etos machte eine kleine Pause, um seine Worte wirken zu lassen, ehe er mit leicht veränderter Stimme fortfuhr: „Nun denn. Als ihr davon erzähltet, dass ihr den Lord bekämpfen wollt, ist mir sofort ein Orakel, welches ich letztens gelesen habe, ins Gedächtnis gesprungen. Darin heißt es nämlich“, er kramte einen Zettel unter seinem Fellmantel hervor, „dass drei Wanderer“, er sah Tado, Spiffi und Regan an, „die im Besitz der Drachenklinge“, sein Blick glitt über das Gepäck der Drei, offenbar suchte er besagte Waffe, „und in Begleitung eines mausähnlichen Wesens sind“, erneut musterte er seine Gäste, „über das Schicksal des Landes entscheiden werden.“ Nun sah der König endgültig von seinem Zettel auf, den er gleich wieder unter seinem Mantel verstaute. „Natürlich ist dies nur eine von mir angefertigte Abschrift eines kurzen Fragments, das Orakel selbst ist eine umfassende Schrift, die irgendwo in den Städten im Osten, jenseits des Mauergebirges, verloren ging. Zuerst hielt ich es für Unsinn, Hirngespinste eines Propheten, der sich die Aufmerksamkeit seines Volkes sichern wollte. Aber jetzt, da ich sehe, dass es sich bei den Wanderern um zwei Menschen und einen Goblin handelt, was auch genauso in diesem Orakel stand, bin ich doch stutzig geworden.“

      Tado starrte Etos fassungslos an. Was er da sagte, konnte einfach nicht wahr sein. Er war nie und nimmer ein Auserwählter irgendeines Orakels, und konnte schon gar nicht über das Schicksal dieses Tals entscheiden. Es musste irgendein dummer Scherz sein, immerhin fehlten ja auch die Drachenklinge und die Maus. Diese Dinge redete sich Tado in Gedanken ein, doch insgeheim breitete sich in ihm eine Ahnung aus, ein beunruhigendes Wissen, dass sein Auftrag in einem weit größeren Maße ausufern würde, als er es sich ausgemalt hatte. Dieses Gefühl beunruhigte ihn. Er war niemand, der sich gern in unüberblickbare Gefahren begab. Was, wenn er mit diesem Auftrag seinen Tod besiegelt hatte?

      Bevor sich Tado weiter darüber den Kopf zerbrechen konnte, begann Etos schon wieder zu erzählen, nachdem er von seinen Gegenübern nur ungläubig angestarrt wurde und auf die erwartete Antwort vermutlich noch einige Stunden hätte warten können.

      „Jedenfalls, da ihr, wenn auch aus anderen Gründen als wir, gegen den Lord des Frostes kämpfen wollt, bin ich gewillt, euch meine Unterstützung anzubieten. Seit langer Zeit schon werden wir unterdrückt und es kann nicht mehr ewig dauern, bis unser Versteck entdeckt wird. Viele Jahre spielten wir mit dem Gedanken, den Lord zu stürzen, doch niemand wagte bisher, einen der gefassten Pläne in die Tat umzusetzen. Doch vielleicht ist dies unsere letzte und einzige Chance, den Tyrannen zu bezwingen.“

      „Möglich“, erwiderte Tado, sich langsam beruhigend, „aber die hier versammelten Menschen reichen dafür nicht aus. Wie viele seid ihr? Hundert? Zweihundert?“

      „Dreihundertdreiundachtzig“, erklärte Etos stolz. „Allerdings sind dort auch Frauen und Kinder dabei. An kampffähigen Männern haben wir eine nur knapp dreistellige Zahl. Deswegen müssen wir auch die anderen Völker des Tals um ihre Mithilfe bitten.“

      „Andere Völker?“, fragte Spiffi.

      „Aber ja! Die Aonarier bildeten zwar die größte, nicht aber die gesamte Bevölkerung des Landes hier. Dennoch die schwächste. Deswegen hat der Lord uns auch angegriffen. Damals sind viele ums Leben gekommen. Mittlerweile existieren nur noch die vier Großmächte als freie Völker, die sich der Lord nicht traut, anzugreifen. Doch auch dies wird nicht mehr allzu lange der Fall sein. Wir müssen sie vereinen“, sagte der König. „Wenn alle Armeen dieses Tals gemeinsam den Lord angreifen, gelingt es uns vielleicht, ihn zu bezwingen.

      „Und... wer sind diese Großmächte?“, fragte Regan interessiert.

      „Zuerst wären da die im Norden lebenden Bärenmenschen. Ihre Muskelkraft ist unangefochten, doch sie sind mittlerweile schon fast zur allgemeinen Bedrohung geworden, da der Lord ihren König durch eine List gefangen nahm und sie nun alles und jedem misstrauisch begegnen.“

      Etos’ Erzählung wurde von einer Zwischenfrage seitens Spiffi unterbrochen: „Warum hat er ihn nicht getötet?“

      Der König der Aonarier lachte leise. „Den kann man nicht töten. Jedenfalls nicht so leicht. Er zerquetscht Körper und Fels gleichermaßen so mühelos wie ein rohes Ei. Der Lord ist froh, ihn überhaupt in die Finger bekommen zu haben, was allein schon einem Wunder gleicht. Einem schrecklichen Wunder...

      Aber nun wieder zurück zu den Großmächten: Als nächstes sind da die Eiskreischer am Todesfluss. Über ihre Stärke ist nichts bekannt, da sie niemals jemanden angriffen und auch niemals angegriffen wurden. Der Lord fürchtet sie, da sie das Eis, mit dem er ihr heimisches Gewässer zufrieren ließ, scheinbar mühelos durchbrachen. Daher stammt auch ihr Name, den sie seit einiger Zeit angenommen haben.

      Die dritte Macht bildet das Reich der Bäume. Die Kampfkunst der Bewohner mit Pfeil und Bogen ist präzise und tödlich und die Königin verfügt ebenso wie der jetzige Herrscher des Tals über Zauberkräfte. Sie werden wohl am ehesten gewillt sein, sich unserem Vorhaben anzuschließen.

      Kommen wir nun zur vierten und mächtigsten Großmacht. Dem Reich der Sonne. Die Rüstungen der Krieger gelten als die besten ganz Gordoniens. Noch nie hat sie jemand bezwungen. Ehe der Lord dieses Volk angreift, wird wohl noch so einige Zeit vergehen, aber auch nicht endlos. Die Königin lebt in ihrem Palast im Sonnengebirge, was auch unser erstes Ziel sein wird.“

      „Gebirge?“, fragte