Fenta erreichte ihn als erste. Ein freudiges Wiehern erfüllte die Luft. Er schob seine Nüstern unter Kels Arme und Kel streichelte ihm den Hals. Kurz darauf folgten Whin und Katja. Katjas Stolz war nicht zu übersehen.
„Whin sagte mir, dass Heral etwas ganz Besonderes ist. Er kam sofort zu mir, als wir auf die Weide gingen.“
Sie beugte sich vor und fing an mit Heral zu schmusen. Das Pferd wieherte und genoss die Liebkosungen. Kel-Nor lächelte und strich ihr über das Haar. Dabei schaute er zu Whin. Doch der schüttelte ungläubig den Kopf.
„Es ist verrückt, aber, als wir auf die Wiese kamen, schoss Heral direkt auf uns zu. Ich versuchte Katja hinter meinen Rücken zu ziehen, aber sie wollte es nicht und hat sich vor mich gestellt. Ich habe gedacht, Heral wollte sie zertrampeln, aber, was macht dieser Kerl? Er stoppte vor ihr. Dann hat er sie von oben bis unten begutachtet und ging auf einmal auf die Knie, damit sie auf seinen Rücken steigen konnte.
Kel, diese Kleine ist etwas Besonderes. Eigentlich können wir Dinge erahnen, die andere nicht sehen. Ich spüre auch etwas, aber irgendwie habe ich das Gefühl vor einer Wand zu stehen. Sie ist von der Erde, sie hat keinerlei Bezug zu Jar. Und trotzdem spüre ich, dass sie zu uns gehört.“
Kel und Whin schauten sich an, dann blickten sie auf Katja, die mittlerweile wieder auf Heral saß und ihm den Hals streichelte.
„Sieh Dir das an. Dieser Kerl ist ganz verrückt nach ihr. Wenn ich mir vorstelle, was der immer für ein Getümmel machte, wenn wir ihm uns nur näherten. Verdammt, wie kann das sein?“
Kel schien nach innen zu blicken. Jedenfalls hatte Whin den Eindruck.
„Was ist? Hast Du etwas gefunden, was das Ganze erklärt?“
Kel schüttelte den Kopf. Nein, das, was er dachte, war einfach zu unwahrscheinlich.
„Nein. Aber ich denke, sie wird einmal eine richtig wilde Wanderin. Schau sie Dir nur an.“
Ein warmes Gefühl durchströmte Kel, als er Katja betrachtete. Auch Whin lächelte.
„Was ist denn mit Euch? Was schaut Ihr mich so an? Da kann man ja richtig Angst bekommen...“
Kel ging zu Heral und nahm Katja von seinem Rücken. Seltsamerweise schien er nichts dagegen zu haben. Er stupste sogar sanft unter Kels Armen. Der tätschelte ihm sanft den Hals und Heral schnaubte zufrieden. Dann drehte er sich zu Katja herum, sah sie an und sagte zu Whin:
„Nun, eine Wanderin sieht aber ganz anders aus. Als erstes braucht sie passende und zweckmäßigere Kleidung. Und Waffen braucht sie auch. Ich denke, sie ist eine gute Bogenschützin. Was meinst Du?“
Whin nickte.
„Ja, das denke ich auch. Kleidung sollte sie nur vom Besten bekommen. Und die bekommt sie nur von Bogar, dem Schneider von Jarson. Das liegt auf unserem Weg und er kann ihr etwas Ansprechendes anfertigen. Aber einen Bogen für sie, da muss ich wirklich überlegen.“
Kel-Nor schaute auf Katja und maß ihre Größe mit den Augen.
„Nun, sie braucht einen leichten Halbbogen. Nicht zu schwer und vor allem nicht zu straff gespannt. Das sollte erst im Laufe der Zeit geschehen. Die Pfeile sollten keinen Meter sein. Ich denke 80 Zentimeter mit gehärteter Metallspitze. So etwas wird Bogar auf Lager haben.
Als Stichwaffe tut es wohl erst einmal ein gutes Kurzschwert. Das bekommt sie aber erst, wenn wir wieder zurück sind. Sie soll es sich selber schmieden. Aber zuerst sollten wir uns in Jarson ausrüsten. Wir brauchen Proviant und Medizin. Mal sehen, wie du durchhältst, Kleines? In spätestens fünf oder sechs Tagen sollten wir die Außengrenzen erreicht haben. Lasst uns reiten.“
Er nahm Katja und hob sie hoch. Heral kam zu ihm und er setzte sie auf seinen Rücken. Der Rappe schnaubte erfreut. Kel musste lächeln, dann schwang er sich auf Fenta und Whin bestieg Sinah. Sie gaben sich ein Zeichen und dann ritten sie in Richtung Jarson.
1 3. Das Leben als Monarchin
Derweil erreichte die Kutsche den Innenhof des Schlosses. Ricarda war von den Ausmaßen und der unbeschreiblichen Vielfalt beeindruckt. Alleine der Innenhof maß bestimmt 200 Meter in der Breite. Drumherum waren kleinere Gebäude angeordnet. Dem Tor zum Schloss gegenüber befand sich das Haupthaus.
Ricarda schätzte seine Höhe auf bestimmt 40 Meter. Alleine die Eingangstüren waren gewaltig. Sie waren bestimmt 8 Meter breit und 12 Meter hoch. Nach oben hin liefen sie rund zu und sie waren von mächtigen Balken durchzogen. Die vorderen Fenster deuteten darauf hin, dass hinter der Tür eine große Halle liegen musste. Über der Tür war ein Rundgang. Ein Balkon, der anscheinend um das ganze Gebäude lief, war mit Fahnen geschmückt. Überall verzierten Figuren und Ornamente das Bauwerk.
Ricarda war sprachlos dem Detailreichtum gegenüber, der ihr entgegen schlug. Auch Johanna war nur am staunen. Sie hatte einiges erwartet, aber das hatte sie nicht vermutet. Die Kutsche hielt an und ein Diener öffnete die Tür.
An der Seite der Kutsche standen Soldaten. 20 nebeneinander und in 7 Reihen hintereinander. Sie hielten ihre Schwerter über ihrer Brust gekreuzt und salutierten, als Johanna und Ricarda ausstiegen.
Einar trat zum Hauptmann der Truppe und redete ein paar Worte mit ihm. Dieser nickte mit dem Kopf und dann schrie er Befehle über den Hof, die Ricarda nicht verstand. Einar half Ricarda beim Aussteigen und geleitete sie ins Hauptgebäude. Dort warteten schon die Dienerschaft und auch die Weisen von Jar. Es waren bestimmt 200 Bedienstete, die in der Eingangshalle nebeneinander standen und gespannt schauten. Einer der Weisen löste sich aus der Gruppe und trat zu ihnen vor.
„Wenn es der Mutter genehm ist, würden wir gerne mit der Kunde beginnen.“
Ricarda schaute Johanna und Einar fragend an. Einar, Toms besten Freund.
Irgendwie fühlte sie sich bei ihm sicher, als er an ihrer Seite war.
„Nun, die Kunde ist nichts, was Euch gefährlich werden könnte, Ricarda. Sie werden Euch in Trance versetzen und Euch das Wissen der Sprache und das der Geschichte geben. Hier geht das Lernen etwas schneller als bei Euch.“
Er sah trotzdem noch Unsicherheit in ihren Augen. Einar musste lächeln.
„Soll ich Euch begleiten?“
Ricarda nickte. Es war beruhigend, dass er dabei sein würde. Johanna schaute ihn an und zog eine Augenbraue hoch. Das tat sie immer, wenn sie etwas merkwürdig fand. Aber sie wurde abgelenkt, weil der Schlossmeister zu ihr trat und ihr zu verstehen gab, dass sie sich zunächst um die Dienerschaft kümmern müsse. Aufgaben, die für Johanna äußerst neu sind.
Der Schlossmeister stellte ihr das Personal vor. Mit Namen und mit Aufgaben. Aber sie hörte nur halbherzig zu, denn ihre Gedanken waren zu sehr bei Kel und ihrer Schwester.
Zuerst wurde ihr vom Schlossmeister ihr persönliches Personal vorgestellt. Es waren drei Zofen, die nur für ihr Nachtgemach zuständig waren und drei, die sich ausschließlich um ihre persönlichen Belange kümmerten.
Zwei waren für ihre allmorgendliche Toilette und wiederum zwei für ihr abendliches Bad zuständig. Johanna war erstaunt. Wenn sie bedachte, dass sie sich vor noch nicht einmal zwei Stunden in Bremen vor dem Spiegel befunden und sich für die Dusche vorbereitet hatte. Hier brauchte sie sich nicht einmal selbst zu waschen. Sie erschauerte bei den Gedanken. Wollte sie die Abhängigkeit wirklich?
Sie musste sich innerlich schütteln. Nein, soweit will sie es gar nicht erst kommen lassen. Sie winkte dem Schlossmeister zu.
„Euer Name ist Willehad? Gut, Willehad, ich brauche nicht so viel Dienerschaft. Wir erwarten harte Zeiten und auch die Prinzessin muss sich daran halten. Es