Wir sollten schon jetzt damit beginnen auch hier im Schloss alles dafür vorzubereiten, um Verwundete und Sterbende aufnehmen zu können. Dann können wir überlegen, wie viele der Dienerschaft dafür abgezogen werden müssen.
Dennoch möchte ich gerne meine persönliche Dienerschaft in meinen Vorgemächern sehen, damit ich mir meine persönliche Zofe wählen kann. Und in einer Stunde, wenn meine Mutter wieder da ist, möchte ich, dass das Essen in meinen Gemächern aufgetischt wird. Veranlasst das Nötige dafür, Willehad.“
Sie legte ihm ihre Hand auf die Schulter und nickte mit dem Kopf. Man konnte deutlich sehen, wie sehr ihm die Anerkennung der Prinzessin gefiel. Beflissen ordnete er die Diener und wies sie in ihre Arbeiten ein. Johanna ging zur Haupttreppe, um ihre Gemächer aufzusuchen.
Einar begleitete Ricarda derweil in die Zimmer des Rates. Als sie dort ankamen, wurde Ricarda in einen roten Raum geleitet. Einar verabschiedete sich, da er noch die Truppen inspizieren und einweisen wollte.
Ricarda wurde gebeten auf einem braunen, großen Stuhl Platz zu nehmen. Er sah bequem aus und vermittelte ihr ein Gefühl der Behaglichkeit. Als sie saß, fingen die anwesenden Ratsmitglieder an etwas zu murmeln. Sie merkte, wie sie schwindelig wurde. Immer mehr fiel es ihr schwer sich zu konzentrieren. Auf einmal schreckte sie hoch. Sie war wieder hellwach. Der Schlossmeister und zwei Zofen standen vor ihr.
„Geht es Ihnen gut, Majestät?“
Ricarda schaute sich um. Wo waren die Ratsmitglieder? Sie waren doch eben noch hier.
„Wie lange bin ich denn schon hier?“
Der Schlossmeister schaute sie an.
„Fast eine Stunde, Majestät. Wenn Ihr mich jetzt verstehen könnt, dann hatte der Rat Erfolg gehabt.“
„Anscheinend, denn ich verstehe Euch gut. Aber mir kommt es so vor, als wäre ich gerade erst hierher gekommen.“
„Nun, das ist immer so. Die Trance wirkt recht schnell. Man merkt überhaupt nicht, dass sie angewendet wird. Eure Tochter, die Prinzessin, möchte Euch in ihren Gemächern sehen. Eure beiden Zofen werden Euch geleiten.
Es sind Mara und Jina. Ich selbst habe die beiden ausgebildet. Sie sind exzellente Zofen mit den besten Manieren und sehr verschwiegen. Ich hoffe, sie sind zu Eurer Zufriedenheit.“
Ricarda schaute ihre beiden Zofen an. Welch ein Irrsinn. Bisher war sie immer auf sich alleine gestellt. Erst, seitdem sie Tom, oder Kel-Nor, wie er ja hieß, kennen lernte, wurde ihr ab und zu die Arbeit abgenommen. Es machte ihm Spaß ihr alles zu erleichtern. Sie gab gerne zu, dass sie es sehr genossen hatte. Er zwang sie ja richtig dazu sich einfach mal hinzusetzen und ihn machen zu lassen.
„Du hast zwei Kinder aufgezogen und bist immer noch dabei. Du hast einen wunderbar geführten Haushalt und das sollte auch mal gewürdigt und belohnt werden.“
Sogar Johanna und Katja bezog er mit in die Arbeit ein und Ricarda wurde dann von vorne bis hinten bedient. Sie hatte es unwahrscheinlich genossen. Vor allem, weil sie wusste, dass es von Herzen kam.
Aber Zofen? Das war keine Liebe, das war einfach nur bequem. Aber an den Blicken der beiden Zofen konnte sie erkennen, dass sie begierig auf Befehle von ihr warteten. Nun gut, dann wollen wir mal, dachte Ricarda.
„Bringt mich zu meiner Tochter, der Prinzessin.“
Sie wunderte sich, wie leicht ihr diese Worte über die Lippen kamen. Jina half ihr aus dem Sessel aufzustehen. Dann gingen beide vor ihr hinweg und Ricarda folgte ihnen.
Sie kamen wieder in den großen Saal und sie steuerten auf eine riesige Treppe zu. Ricarda schaute in der Halle nach oben. Sie war bestimmt 15 Meter hoch und unter der Decke waren wunderbare Gemälde, die wohl Teile und wichtige Geschehnisse aus der Geschichte Jars zeigten.
Der Maler musste ein wahres Genie gewesen sein, denn die Fresken wirkten so lebendig. Sie kamen bei der Treppe an und die beiden Zofen gingen vor ihr die Treppe hoch. Oben angekommen bogen sie schräg nach links ab und steuerten auf eine große Tür zu. Sie kamen in einen langen Gang, wo auf der linken Seite Türen abgingen und auf der Rechten war eine weite Fensterfront, so dass der Gang sehr hell wirkte. Vor der ersten Tür blieben sie stehen und verbeugten sich vor Ricarda.
„Dieses, Eure Majestät, sind die königlichen Gemächer.“
Die beiden Zofen verbeugten sich und öffneten für Ricarda die Tür. Sowie Ricarda das Zimmer betrat, traf sie der Schlag. So einen Luxus hatte sie noch nie gesehen. Das Zimmer hatte eine sehr hohe Decke und die Wände waren mit Bildern und Wandteppichen behangen. An der Decke konnte man edle Fresken sehen und Stuck, der fein gearbeitet war. Selbst die Möbel waren verziert bis in das kleinste Detail.
Sie versuchte den Blick loszureißen, denn sie hörte jemanden singen. Sie musste lächeln. Diese Stimme kannte sie nur zu gut. So sang nur Johanna. Es erfreute sie, dass es Johanna so gut ging. Obwohl sie auch wusste, dass es bald wohl anders werden würde.
Sie trat ins Nebenzimmer. Johanna saß in einer riesigen Wanne aus Holz und ließ sich von einer Zofe ihre Haare waschen. Wenn es eine Eitelkeit gab, die Johanna hatte, dann waren es ihre Haare. Katja war da ganz anders. Sie war schon immer mehr Junge gewesen als Mädchen. Ungleich wilder und risikobereiter. Sie dachte nie so viel über die Dinge nach, wie es Johanna schon seit ihrer Kindheit getan hatte.
Ach, Katja. Ricarda musste schlucken. Es fiel ihr immer noch schwer, dass Katja nicht hier war. Sie war nun mit Tom, oder Kel-Nor, - sie würde sich nie an diesen Namen gewöhnen -, unterwegs. Wie es ihr wohl ging? Tom würde nie zulassen, dass ihr etwas passieren würde.
Dass sie bei ihm sicher war, das wusste sie, aber eine Mutter war doch immer das Beste für ein Kind. Sie wusste aber auch, dass Katja es selbst war, die eben diese Reise antreten wollte. Und irgendwie fühlte sie, dass es richtig war.
„Worüber grübelst du nach? Denkst du auch gerade an die Kleine? Ich vermisse sie auch schon.“
Johannas Stimme riss Ricarda aus ihren Gedanken. Sie war aus der Wanne gestiegen und ließ sich nun ein großes Tuch um ihren Körper wickeln.
„Ich weiß nicht wie es dir geht, Mama, aber ich habe Hunger. Lass uns etwas essen.
Loussana, gehe bitte in die Küche und gebe dort Bescheid, dass wir jetzt zu Essen wünschen. Und bitte, richte dem Rat und dem Hauptmann der Wache aus, dass ich sie heute noch sehen möchte. Es gibt noch vieles zu besprechen und festzulegen. Dann komme bitte wieder zu mir.“
Johanna betrachtete die Zofen ihrer Mutter und sagte:
„Ihr beide könnt Euch nun zurückziehen. Ich möchte mit meiner Mutter alleine sein. Ihr seid meiner Mutter zugeteilt, daher werdet Ihr nicht in andere Dinge eingebunden. Lasst es dem Schlossmeister wissen. Geht in die Küche und lasst Euch etwas zum Essen servieren, wenn Ihr hungrig seid.“
Jina und Mara verbeugten sich und schauten Johanna dankbar an. Sie hatten vor Aufregung schon seit Stunden nichts mehr gegessen. Sie waren in voller Aufregung darüber, dass sie in den königlichen Gemächern dienen durften.
Beide hatten zwar eine strenge und lange Ausbildung durchlaufen, aber, dass sie es soweit schaffen würden war nicht voraus zu sehen. Die Prinzessin und ihre Mutter machten einen sehr freundlichen Eindruck. Vor allem die Prinzessin, die noch so jung war. Sie war fast vier Jahre jünger als Jina und über 10 Jahre jünger als Mara, aber sie erschien ihnen ebenso weise wie eine erfahrene Dame. Sie zogen die Tür hinter sich zu, als sie auf den Flur traten.
„So, nun sind wir auch einmal wieder ganz für uns.“
Johanna ging zu ihrer Mutter und ließ sich von dieser