„Mir hat einer einen Schlag aufs Auge verpasst, das sieht man doch wohl. Und dann bin ich auf den Boden gestürzt. Die Übelkeit muss von der Gehirnerschütterung kommen!“
Es klopfte, dann öffnete sich die Tür und der Personalrat Naumann (der Frieder Bergmann den Kauf des Jaguars empfohlen hatte), Manja Naumann und seine Büroleiterin Christa Ludwig traten ein. Naumann wickelte Blumen aus dem Einschlagpapier und sagte:
„Lieber Herr Bergmann, ich soll Ihnen die besten Genesungswünsche der Belegschaft überbringen. Alle sind begeistert, wie Sie sich für Ihre Mitarbeiterinnen in die Bresche geworfen haben. Es ist einfach unglaublich wie diese Kraftsportrüpel mit Ihnen umgegangen sind, sollen wir eine Klage gegen diese miesen Typen anstrengen?“
„Nein, lassen Sie nur“ erwiderte Bergmann „ich will die Sache nicht an die große Glocke hängen, ich kann heute noch nach Hause.“
„Sie wissen gar nicht was Ihnen Ihr beherztes Auftreten für Sympathien eingebracht hat“ schwärmte Manja Baumann „Sie haben sich wie ein echter Kerl verhalten (sie errötete), also ich meine wie eine Führungspersönlichkeit.“
„Nun, ich konnte halt nicht anders“ antwortete Bergmann geschmeichelt „und morgen bin ich wieder im Dienst, die Pflicht ruft.“
„Kommt nicht in Frage“ sagte Frau Ludwig „Sie müssen sich erst auskurieren, ich habe in Ihrem Kalender nachgeschaut, Sie haben keinen einzigen Termin in den nächsten Tagen.“
„Das sehe ich auch so“ fuhr Personalrat Naumann fort „Sie sind als Spiritus Rektor so extrem wichtig für unsere Behörde, dass Sie unbedingt erst wieder in Form sein müssen.“
„Na gut, dann komme ich in 3 Tagen wieder“ schlug Bergmann vor.
„Und wenn es 10 werden, das spielt keine Rolle. Es ist einstimmiger Wille der Mitarbeiter, die Lücke die Sie jetzt hinterlassen, mit besonderem Einsatz zu schließen“ versprach Manja Baumann.
„Ich danke Ihnen vielmals“ presste Frieder Bergmann gerührt heraus „ich bin doch noch ganz schön angeschlagen wie ich gerade merke. Ich melde mich, wenn ich wieder dienstfähig bin.“
Als seine Besucher das Zimmer verlassen hatten sah in sein Bettnachbar freudig an.
„Du bist der Bergmann vom Amt 3, der Chef?“
„Hm, ja.“
„Weißt du, ich war vorige Woche dort und bin ganz hervorragend behandelt worden, wie ein wichtiger Kunde. Vor einem Jahr ging es dort noch ganz anders zu. Bist du für diese Änderungen verantwortlich?“
„Ja.“
„Und deine Leute scheinen dich ja richtig zu mögen, du bist wohl n richtig gutes Vorbild?“
„Scheint so.“
„Weil du so viel arbeitest, dich niemals schonst?“
„Genau.“
Nach einer Woche zu Hause betrat Frieder Bergmann wieder seine Behörde und die Mitarbeiter standen geschlossen im Foyer, um ihn zu begrüßen.
„Haben Sie vielen Dank für diesen Empfang“ sagte er „aber bitte halten Sie mich nicht länger auf, bei mir muss extrem viel Arbeit liegengeblieben sein. Ich werde mich jetzt erst einmal durch diese Unmengen an Akten durcharbeiten.“
Er ging in sein Büro.
„Nein, mehr ist es nicht“ erklärte seine Büroleiterin dem verdutzten Bergmann und schaute auf eine Unterschriftsmappe „Ihre Strukturänderungen zeigen Wirkung, die Referate handeln jetzt selbstständig. Das ist doch gut so, da haben Sie den Kopf frei für weitere Vorschläge und ich werde Ihnen natürlich den Rücken freihalten.“
Frieder Bergmann zeichnete 2 Vorlagen ab, dann recherchierte er weiter, wie die Sache mit dem Hausboot ablaufen könnte.
Vorfreude
„Das wird eine absolut geile Sache“ erklärte Frieder Bergmann seiner Frau Petra und seinen Kindern Claudia und Rüdiger am Abendbrottisch „stellt euch mal vor wie so ein Urlaubstag verläuft. Wir legen mit dem Hausboot ab und tuckern ganz gemütlich über den Fluss, dann stoppen wir irgendwann und werfen die Angeln aus, die Beute kommt erst mal in den Kescher. Wenn wir genug Fische gefangen haben wird Petra sie erledigen und dann braten.“
„Was meinst du mit erledigen“ fragte Rüdiger.
„Na was schon, einen Schlag mit einem Knüttel auf den Kopf, Finito.“
„Niemals werde ich so etwas tun“ sagte Bergmanns Frau erregt „ich bringe doch kein Lebewesen um, und schon gar nicht auf so eine barbarische Art. Wenn du Fisch essen willst musst du es selbst tun Frieder.“
„Hab‘ dich doch nicht so“ versuchte Bergmann sie zu beruhigen und strich sich erhebliche Mengen von grober Leberwurst auf seine Schnitte „du isst doch auch Fleisch oder Geflügel, was denkst du denn, wie man mit den Hühnern oder Rindern umspringt. Da geht es vielleicht zur Sache, ich habe mal eine Reportage gesehen wie die geschlachtet werden, die Leute im Schlachthof mussten im Blut waten und dann haben die die Körper erst mit riesigen Sägen zerteilt und später mit rasiermesserscharfen Schneidwerkzeugen weiter zerlegt. Da geht es bei uns noch human zu, in Indien zum Beispiel hacken die den Hühnern ohne eine Betäubung die Köpfe ab und scheißen die einfach auf den verkeimten Boden, da kann keine Rede von Hygiene sein. Oder wenn ein Schwein mit dem Bolzenschussgerät ..“
„Hör‘ doch endlich auf“ würgte seine Frau heraus „du musst diese grauenhaften Dinge nicht noch weiter ausschmücken, dir scheint das ja richtig Freude zu machen. Trägst du vielleicht eine sadistische Ader mit dir herum?“
„Wieso“ erwiderte Frieder Bergmann lässig „ich habe lediglich geschildert, wie unsere Nahrung hergestellt wird. Ich könnte dir noch Sachen erzählen wie es in manchen Gasstätten zugeht, also ich meine was da verarbeitet wird und den Leuten dann als Qualitätsware untergeschoben wird, ich sage nur Gammelfleisch, das ist ja immer wieder mal Thema. Oder was in den Lebensmitteln alles an Chemie drin ist, bloß damit die Produkte gut aussehen und einen stärkeren Geschmack bekommen“ meinte er noch und biss kräftig in seine Schnitte.
„Jetzt reicht es aber“ befand Petra und sah ihren Mann an „du solltest mal ein bisschen weniger von der Leberwurst essen, das ist ungesund.“
„Wieso“ fragte Bergmann verblüfft.
„Weil da Sachen drin sind die eben ungesund sind.“
„Zum Beispiel?“
„Na Leber.“
„Und?“
„Was und, Leber ist ungesund, also iss mal zukünftig besser einen Salat.“
„Ich denke nicht daran“ begehrte Frieder Bergmann auf „ich habe enorme geistige Herausforderungen auf Arbeit zu bewältigen, da brauche ich schon Fleisch und Wurst.“
„Man kann sich auch umwelt- und gesundheitsbewusst ernähren ohne auf alles verzichten zu müssen“ belehrte ihn seine Frau.
„Also gut, ich kaufe ab sofort nur noch im Biomarkt ein, aber wo ist denn der Unterschied zu dem Fraß aus dem Kaufland oder Aldi außer beim Preis?“
„Diese Produkte werden viel sorgfältiger hergestellt, die Erzeuger gehen mehr auf die Tiere ein und verwenden zum Beispiel keine Antibiotika oder ekliges Tierfutter“ erklärte Petra.
„Von mir aus“ erwiderte Bergmann „aber um die Ecke gebracht werden die genauso wie die Viecher aus der Massentierhaltung, oder läuft das etwa anders ab?“
„Das weiß ich nicht so genau“ gab Petra zu „ich stelle mir jedenfalls vor, dass man die Tiere sanfter einschlafen lässt.“
„So mit Trauermusik und Narkosemitteln“