Begegnungen. T.F. Carter. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: T.F. Carter
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783737514644
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interessiert, zuverlässig, liebevoll, und als er sie das erste Mal entkleiden durfte, hatte er festgestellt, dass ihr Körper deutlich mehr bot, als er jemals vermutete hatte.

      Er liebte sie!

      Diese Liebe konnte nicht verhindern, dass er nicht auch mit anderen Mädchen herumgeturtelt hätte, doch sie, sie war die Einzige, die Besondere! Er schämte sich, andere Mädchen besessen zu haben, aber in besonderen Situationen war die Attraktivität dieser anderen Freundinnen eben doch zu überzeugend gewesen... Wenn er zurückkommen sollte, wenn sie noch leben sollte, dann, so schwor er sich, würde es nur sie geben.

      Späher

      Der junge Soldat blickte sich um. Sein Leutnant stand an der Spitze des Zuges und beobachtete das vor ihnen liegende Feld mit einem Fernglas. Bis zum Horizont waren Felder zu sehen, dazwischen vereinzelte Bäume und kleine Hecken, teilweise mit Steinen verstärkt, ein so typisches Bild dieser Gegend. Es war rau und schön, und überall lauerte die Gefahr…

      „Nichts zu sehen“, sagte ein alter Feldwebel. Vielleicht war er Ende zwanzig oder Anfang dreißig, doch das war alt. Viele andere Männer dieses Alters waren nicht mehr bei ihnen. Sie waren gefallen, verkrüppelt oder in Gefangenschaft.

      „Sagen das Ihre Augen?“ zischte der Leutnant, selbst Anfang der Zwanziger. Wirklich erfahrene Offiziere wurden rar.

      „Meine Augen funktionieren noch sehr gut, Herr Leutnant. Aber mein Bauch rumort.“

      „Sie meinen, wir sollten auf ihren Bauch vertrauen?“

      „Mein Bauch hat mir das Leben gerettet, als ich im Osten war, Herr Leutnant. Ich habe beim Betreten eines Hauses für einen Moment gezögert, habe noch einmal angehalten, und so verfehlte mich der Scharfschütze. Auch da war nichts zu sehen gewesen. Wir wollen ja auch unsichtbar sein. Die da drüben ebenfalls.“

      „Unsichtbar?“ lachte ein Gefreiter. „Das sind so viele. Die brauchen nicht unsichtbar zu sein!“

      „Nehmen Sie sich zusammen“, bellte der junge Leutnant und musterte den Gefreiten scharf: „Derartige Äußerungen dulde ich nicht in meinem Zug. Ist das deutlich genug?“

      „Jawohl, Herr Leutnant.“

      Während der Offizier sich mit seinem Feldwebel austauschte, setzte sich der junge Soldat auf einen Stein neben dem Weg. Vorsichtig tastete er nach dem Foto, das er in der Innentasche über seinem Herzen trug, und zog es heraus, um einen schnellen Blick darauf zu werfen.

      „Deine Mieze?“

      Er fuhr auf. Einer seiner Kameraden, vielleicht zwei Jahre älter als er, sah ihm über die Schulter.

      „Mhm, ja…“

      „Und wo hast du sie? Zu Hause?“

      Zu Hause… Wo war er zu Hause? In der Hauptstadt seines Landes oder aber auf dem Landsitz hier in diesem feindlichen Land? „Ja“, murmelte er, „weit entfernt.“

      „Tja, das sind locker tausend Kilometer oder so. Oder?“

      „Ja.“ Es waren viel weniger, aber das musste der Kamerad nicht wissen.

      „Und wie ist sie so? Na? Ist sie gut?“

      Ist das das Einzige, was dich interessiert? Laut antwortete der junge Soldat: „Sie ist alles, was ich liebe.“

      „Oh“, schürzte der Kamerad die Lippen, „dich hat’s aber schwer erwischt. Das ist nicht nur Spaß, was? Das ist Ernst?“

      „Sehr Ernst.“ Und wie, grübelte er. Sie bekam sein Kind. Sie lebte in ständiger Todesgefahr.

      „Entschuldige, Mann, dass ich so plump gefragt habe, aber hier, na ja, da wird man einfach unsensibler.“

      „Das verstehe ich.“

      „Hast du schon einen erschossen?“

      „Wie bitte?“

      „Na hast du einen von denen“, der Kamerad zeigte über die Felder, in die Richtung, wo sie den Feind vermuteten, „mal abgeknallt?“

      „Nein“, schüttelte er den Kopf. „Ich bin neu hier. Ich hatte noch keine Feindberührung.“

      „Sei froh. Es ist nicht schön.“ Der Kamerad nahm den Helm ab und strich sich über die schweißnasse Stirn. Dann beugte er sich vor und flüsterte: „Ich habe einen im Nahkampf abgestochen. Mit meinem Messer in den Bauch. Er hat gequiekt wie ein Schwein, hat nach seiner Mama gerufen. Sprichst du auch deren Sprache?“

      „Ja“, nickte der junge Soldat. „Sehr gut.“

      „Ich habe ihn dann erschossen, genau zwischen die Augen, damit er aufhört zu quieken.“

      Ich will das nicht hören…

      „Weißt du, was komisch ist?“

      „Nein.“ Aber leider wirst du es mir gleich sagen, fürchte ich.

      „Wir quieken alle gleich.“

      Nun war die Aufmerksamkeit des jungen Soldaten geweckt. Vorsichtig richtete er sich auf und musterte den Kameraden: „Wie meinst du das?“

      „Eine Mine hat meinem Nebenmann das Bein abgerissen, weißt du? Er hat auch gequiekt.“ Der Kamerad atmete tief durch.

      „Du… du wirst die Bilder nicht los?“

      „Nein.“ Der junge Mann vor ihm streckte sich. „Aber es geht ums Überleben. Wenn du nicht der Tote sein willst, muss es der von da drüben sein.“ Mit einem Kopfnicken wies der Kamerad wieder über die Felder vor ihnen.

      „Weiter!“ drang die Stimme des Leutnants zu ihnen. „Wer hat hier was von Ausruhen gesagt?“

      Eilig sprang der junge Soldat auf, bemühte sich, das Bild wieder in die Uniform zu stopfen, und schlug wie in einem Reflex die Hacken zusammen: „Verzeihen Sie, Herr Leutnant.“

      „Hmmm, wir sind hier nicht auf dem Exerzierplatz. Achten Sie auf die Umgebung und weniger auf das Knallen ihrer Hacken.“

      „Jawohl, Herr Leutnant.“ Er spürte, wie sein Herz schneller pochte und er den Drang unterdrücken musste, erneut die Hacken zusammenzuschlagen. Der Drill während der Ausbildung, obwohl nur kurz und beinahe oberflächlich, zeigte Wirkung. Das kann doch nicht sein! dachte er. Ich möchte nicht so werden wie die Menschen, die ich verachte.

      „Ausschwärmen“, flüsterte der Feldwebel. „Sichern und in Deckung bleiben.“

      Die Männer suchten sich, jeder alleine, einen Weg über das Feld. Es war nicht bestellt, und sie boten eine wunderbare Zielscheibe, säße auf der anderen Seite ein Heckenschütze. Der junge Soldat spähte zu der kleinen Steinmauer in gut 100 Metern Entfernung.

      Aus den Augenwinkeln sah er, wie der Leutnant zwei weitere Männer die Straße entlangschickte. Geduckt huschten sie ihren jeweiligen Zielen entgegen. Kein Schuss, niemand schoss. Ging es auch diesmal wieder gut?

      Atemlos erreichten sie die kleine Steinmauer. Der Kamerad, mit dem er sich unterhalten hatte, streckte sich, um auf die andere Seite zu schauen: „Niemand hier, Herr Feldwebel!“

      „Danke, und halten Sie ihr Maul“, zischte der Feldwebel zurück. „Sie wecken ja alles auf hier!“ Er deutete auf den jungen Soldaten und drei weitere Männer. „Sie sichern die andere Seite. Achten Sie auf die Sträucher. Überall kann jemand sein.“ Er schnaubte verärgert: „Niemand hier… Pah, was ich schon erlebt habe!“

      Der gemaßregelte Kamerad lief rot vor Verlegenheit an.

      Vorsichtig schoben sich die vier vorgeschickten Soldaten um die Mauer. Anders als auf der Gegenseite waren hier tatsächlich zahlreiche Büsche, in denen sich ein gegnerischer Soldat bestens verstecken konnte. Zwei von ihnen beobachteten das nächste Feld, er und ein weiterer Kamerad stachen mit ihren Gewehren in die Büsche.

      „Niemand hier“, meldeten sie schließlich.

      „Hier