4 Schnecken und eine Nudel. Benjamin Webster. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Benjamin Webster
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844287752
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fest. So hatten sich die fünf das Wiedersehen, nach über zwei Jahren, nicht vorgestellt.

      Zehn Tage später. Die Beerdigung war schon einige Tage her. Thomas Bergmann saß im Arbeitszimmer seines verstorbenen Vaters und telefonierte mit seinem Büro in Frankfurt. Am anderen Ende der Leitung war seine Sekretärin Frau Haber. Thomas: „Hat Dr. Gordon nicht hinterlassen, wann er wieder kommt?“ Frau Haber: „Er hat nur gesagt, dass sie erst alles erledigen sollen, bevor sie wieder zurückkommen. Dr. Gordon bat mich ihnen auszurichten, dass sie bis Ende des Monats frei gestellt sind und das mit vollen Bezügen, praktisch als Sonderzulage für ihre Verdienste in der Bank.“ Thomas: „Das hat er so gesagt, Frau Haber?“ Frau Haber: „Wortwörtlich, Chef. Bitte bringen sie alles zu Hause in Ordnung. Aber ich muss dann wieder an meine Arbeit, Herr Vandenberg wartet auf einen Abschlussbericht und sie wissen ja, wie ungeduldig er ist. Ich bin froh, wenn sie wieder hier sind, Chef. Also, bis dann.“ Thomas konnte sich für das kleine Kompliment nicht einmal mehr bedanken, da hatte seine Perle, so nannte er sie, bereits aufgelegt. Auf sie war Verlass und sie hat immer loyal zu ihm gestanden. Er legte auf und sah zum Fenster hinaus. Der Wind strich durch die Äste der kahlen Bäume, die ringsum das Anwesen standen. Es war merklich kälter geworden und der Wetterbericht brachte wieder Frost mit Glatteisgefahr und Schneeschauer. Genau wie vor knapp zwei Wochen, als seine Eltern den Unfall hatten. Auf einer Brücke war es geschehen. Blitzeis hatte es dort gegeben und der entgegenkommende Fahrer eines Kleintransporters, bemerkte es zu spät. Der Unfall war dadurch unausweichlich und forderte zwei Todesopfer, seine Mutter und seinen Vater. Der Fahrer des Kleintransporters erlitt schwere Verletzungen, hatte aber überlebt. Franzi, seine jüngste Schwester, kam ins Zimmer. Sie erklärte: „Im Sommer ist es hier viel schöner. Es sieht dann nicht so düster und trostlos aus, aber das weißt du ja. Wann kommt der Anwalt?“ Thomas sah auf die Uhr und meinte: „In zwei Stunden, Franzi. Lass uns etwas essen. Sind die anderen schon da?“ Mit „anderen“ meinte er seine restlichen drei Schwestern. Sie nahmen es mit Terminen nicht so genau. Sie waren der Meinung, wenn ich da bin, bin ich eben da, basta. Tommi hasste dies. Er war es gewohnt stets pünktlich zu sein. Es war das A und O seiner Arbeit. Auch war es ein Zeichen von Höflichkeit, Verlässlichkeit und Respekt dem anderen gegenüber, wenn man pünktlich ist. Franzi schüttelte den Kopf und meinte: „Nein, die kommen bestimmt erst kurz vor dem Termin, du kennst sie ja und weißt wie sie sind.“ Tommi: „Franzi, ich weiß nicht wie sie sind, dafür war ich zu lange weg. Ich habe euch ja nur einmal in vier Jahren gesehen. Eigentlich weiß ich überhaupt nichts von meinen Schwestern. Ich habe nicht einmal eine Ahnung, was sie den ganzen Tag über machen, wo sie arbeiten und mit wem sie zusammen sind.“ Franzi: „Mit wem sie zusammen sind, weiß ich ja selbst nicht. Das ändert sich manchmal täglich. Und arbeiten tun meine Schwestern bestimmt nicht, soviel ist sicher.“ Tommi: „Und was machen sie den ganzen lieben langen Tag?“ Franzi: „Sie sind halt beschäftigt.“ Tommi: „Beschäftigt mit was? Franzi: „Halt beschäftigt. Was denkst du, was eine Frau den ganzen Tag alles machen muss, wenn sie abends gut aussehen möchte?“ Tommi überlegte gut und erwiderte: „Duschen, Haare föhnen, anziehen und ein bisschen Make up auftragen. Ach ja, noch ein wenig Parfum sprühen, fertig.“ Franzi lachte laut und meinte: „Mein Bruderherz, du hast absolut keine Ahnung von Frauen. Wenn eine Frau ihr erstes Date hat, bedarf es etwas mehr Aufwand, glaube mir. Das fängt bei den Schuhen an, über Klomotten und Frisör, bis hin zur Kosmetik und dem rasieren. Oh, Mundhygiene hätte ich fast vergessen.“ Tommi hörte ihr interessiert zu und staunte immer mehr, je mehr Franzi aufzählte. Dann fragte er sie: „Wenn das wirklich so ist, warum macht ihr dies alles? Warum brezelt ihr euch so auf und vor allem für wen?“ Franzi schaute ihn entsetzt an und meinte: „Für wen wir das alles tun? Na, für die Herren der Schöpfung, für euch Männer. Welche Frau schaust du genauer an? Die, die aussieht wie Jennifer Lopez oder wie Gundula Meier?“ Tommi: „Wer ist Gundula Meier? Die kenne ich nicht.“ Franzi: „Das ist die graue Maus, die neben Jennifer Lopez steht. Die wird einfach übersehen von euch Männern.“ Tommi: „Es gibt aber noch andere Werte, wie ein gutes Aussehen. Charakter, Treue, Humor oder Loyalität, um nur einige zu nennen.“ Franzi: „Und warum schauen dann die Männer immer zuerst auf die Titten und den Arsch, wenn doch der Charakter und Treue so wichtig sind? Ich kann es dir sagen Bruderherz. Weil ihr Männer immer nur zuerst ans bumsen denkt und nur daran. Wenn ihr eine Frau sieht die in euer Beuteschema paßt, denkt ihr immer nur mit dem Schwanz. Tut mir leid, aber es ist so.“ Tommi: „Du sprichst schon fast so wie deine Schwester Charlotte. Bist du etwa auch eine Feministin geworden? Ist auch egal. Und ihr Frauen, wo schaut ihr zuerst hin, wenn ihr einen Mann sieht? Und komm mir nun ja nicht mit dem Spruch: „In die Augen“. Zuerst auf den Arsch und dann auf das, was er in der Hose hat. Später, welches Auto und wie dick sein Konto ist. Falls das alles paßt, dann erst kommen die Augen dran. Da kann der Typ noch so hässlich sein, das ist dann alles egal, denn Geld und Status machen immer sexy und sind erotisch. Man kann sich ja, wenn man ihn an der Angel hat, immer noch einen jugendlichen Liebhaber suchen.“ Franzi schüttelte mit dem Kopf und meinte: „Ich möchte nicht wissen, welche Dumpfbacken du auf den Leim gegangen bist. Bestimmt blond und vollbusig, aber einen IQ von Dosenbrot. Ich habe schon gesehen, ich muss dich mal mitnehmen, damit du richtige Frauen kennenlernst.“ Tommi: „Danke Franzi, aber meine Frauen suche ich mir noch immer selbst aus.“ Sie liefen nun hinaus zur Küche. Dort war die Hauswirtschafterin gerade dabei das Essen anzurichten. Sie hieß Maria Hall, war 52 Jahre alt und arbeitete bei den Bergmanns schon 25 Jahre. Maria kennt die Kinder von klein auf, hat allen das Fläschchen gegeben und auch manchmal die Windeln gewechselt. Sie kannte all ihre Stärken und Schwächen. Wenn jemand die Familie Bergmann kannte, dann sie. Maria war die gute Seele des Hauses. Bei ihr konnten sie sich ausweinen, wenn sie einmal ein Wehwehchen hatten. Tommi fragte sie: „Maria, was hast du uns denn heute wieder gezaubert?“ Maria: „Heute habe ich nicht gezaubert, sondern gekocht. Es gibt gebratenen Seelachs mit Kartoffelsalat und grünen Salat. Als Nachspeise einen Apfelstrudel.“ Franzi aß nicht so gerne Fisch, weil sie immer Angst hatte, eine Gräte könnte in ihrem Hals stecken bleiben und sie müsste dann ersticken. Maria wusste dies und sprach zu ihr: „Ich hab extra die geholt, die Grätenfrei sind.“ Dies sagte sie ihr jedes Mal, wenn sie Fisch machte und immer glaubte es ihr Franzi. Die Haustür ging auf und Charlotte, genannt Charly, kam herein. Thomas sah wie sie ihre Schuhe auszog und mit den Füßen an die Garderobe schleuderte. Danach warf sie ihre Jacke auf die Ablage und kam in die große Küche. Mit einem: „Hallo zusammen“, betrat sie diese und fragte Maria als Nächstes: „Was gibt es heute zu essen?“ Maria antwortete geduldig: „Gebratenen Seelachs mit Kartoffelsalat und grüner Salat, danach gibt es Apfelstrudel.“ Charly: „Prima. Hoffentlich sind keine Gräten im Fisch.“ Sie spielte auf die Angst vor Gräten von Franzi an, was seine Wirkung nicht verfehlte. Franzi meinte nur: „Es sind keine drin und wenn, bekommst du das Stück mit den Gräten, vielleicht bleiben sie dir dann auch einmal im Hals stecken, du blöde Kuh.“ Maria mischte sich ein: „Hört auf zu streiten, das muss doch nicht sein. Wascht lieber eure Hände, oder wollt ihr mit schmutzigen Fingern essen?“ Franzi: „Ich habe mir sie gerade gewaschen, aber bei Charly weiß man ja nie, wo sie gerade herumgespielt hat. Ich sage nur Sigi.“ Bevor Charly etwas sagen konnte ergriff Thomas das Wort: „Sind wir hier im Kindergarten? Erwachsene junge Frauen benehmen sich wie pubertierende Teenies. Ihr seit Geschwister, habt ein kleines bisschen mehr Respekt voreinander. Und wascht euch endlich die Hände.“ Die Diskussion war beendet. Die beiden gingen ins Bad und wuschen sich ohne weitere Diskussion. Marie sah Tommi an und meinte: „Endlich wieder ein Mann im Haus. Dem Herrgott sei Dank.“ Tommi: „Na, übertreib mal nicht, so schlimm sind die Mädchen doch gar nicht.“ Maria: „Warte es ab, wenn du etwas länger hier bist, werden dir noch die Ohren wehtun, mit dem was die Damen sich gegenseitig an den Kopf werfen. Tommi, ich weiß wovon ich spreche.“ Er fragte nach: „Sind sie wirklich so schlimm?“ Maria: „Jule geht noch, aber die anderen drei haben es faustdick hinter den Ohren. Pass auf, dass du nicht zwischen die Fronten gerätst. Die können ganz schön gemein sein. Das hat auch schon dein Vater zu spüren bekommen.“ Thomas: „Und ich dachte immer, die vier seien Papas Lieblinge gewesen. Ich hatte immer den Eindruck, dass sie ihn jedes Mal um den Finger gewickelt haben.“ Maria: „Aber wenn dein Vater standhaft blieb, dann