Am Abgrund. Georg Sonnleitner. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Georg Sonnleitner
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742774330
Скачать книгу

      »Das rechtfertigt gar nichts.«

      Sie band sich ihre Haare zu einem Zopf zusammen und stellte sie ihm sein Soda hin.

      »Wer hat den Caddy mitten aufs Fairway gestellt? – der muss vollkommen verblödet sein.«

      »So..? Muss ich das..?« Stefan fuhr herum. Ein Mann von gewaltiger Statur hatte hinter ihm durch den Seiteneingang den Raum betreten. Stefan hatte ihn noch nie gesehen. Der Hüne wäre als Student durchgegangen, wenn auch als älterer. Stefan schätzte ihn um die 30. Er hatte kurz geschorene, blonde Haare und ein kantiges Kiefer. Auf dem Kopf trug er eine Schiebermütze.

      »Bist du der Komiker, der auf den Caddy geschossen hat?«, sagte der Riese mit tiefer, durchdringender Stimme. Auf die meisten Menschen würde ein solcher Kolloss bedrohlich wirken. Doch Stefan blieb unbeeindruckt. »Blödsinn«, sagte er gelassen.

      Anna putzte betroffen ein Glas.

      »Wie heißt du...?«, fragte der Hüne. Seine Augen funkelten im Schatten seiner Mütze.

      »Bist du der neue Platzwart..!?«, sagte Stefan und schickte ein kurzes Schnauben hinterher. Der riesige Kerl kam auf Stefan zu.

      »Gerd Rattay«

      »Stefan Zauner«

      »Du warst es doch, der Hari niedergeschlagen hat...!«

      »Also der scheint ja ein umtriebiger Bursche zu sein«

      Anna: »Gerd, bitte...« – Sie versuchte, ihn zu beruhigen, doch Gerd hatte sich schon auf Stefan eingeschossen.

      »Stimmt doch, Stefan Zauner..«, sagte er mit öliger Stimme.

      Stefan ließ das alles kalt, locker lehnte er am Thresen. »Ich habe genug von den Anfeindungen. Kann man nicht herkommen, und in Ruhe Golf spielen..?

      »Sorgt dafür, dass der Caddy vom Rasen kommt, das ist eine Frechheit.«

      Stefan sprang auf und ging raus auf den Parkplatz.

      Er war fast beim Auto, als ihn Gerd schnappte und auf den Asphalt des Parplatzes riss. Er verdrehte Stefan den Arm und zwang ihn zu Boden. Ein Schlag in den Magen erstickte Stefan‘s Schrei. Der riesige Kerl verdunkelte alles über ihm. Er beugte sich über ihn und hielt Stefan unten.

      »Wenn du Hari noch einmal anrührst«, sagte er leise zu Stefan, »brech ich dir den Arm. Hast du das verstanden?«

      »Fick dich«, keuchte Stefan. Sein Peiniger versetzte ihm einen wuchtigen Schlag auf die Schulter. In derselben Sekunde drückte er Stefan‘s Kopf nach hinten, und der knallte gegen die Karosserie seines Autos. »Und halt dich von Anna fern!«

      Benommen lag Stefan auf dem harten Boden. Stechende Schmerzen schossen durch seinen Schädel. Der Hüne ließ ihn so liegen. Stefan versuchte auf die Beine zu kommen, doch ein Schwindelanfall drückte ihn wieder zu Boden, seine schlaffen Glieder schlitterten über den Asphalt.

      Gedämpft drang eine warme Stimme an sein Bewusstsein. Er fuhr herum, stützte sich an das Auto und zog sich hoch. Seine Schulter gab nach. Ein zierlicher Arm stütze ihn. Anna‘s Duft. Sie führte ihn in die Bar.

      Auf eine der gepolsterten Bänke an den Tischen ließ Stefan sich fallen. Anna gab ihm einen Beutel Eiswürfel für seinen Kopf. »Es tut mir Leid«, sagte sie.

      Stefan sprang auf. »Ich beschwere mich bei der Universitätsleitung«

      Anna nahm sein Handgelenk. Stefan wurde schwindlig und er sackte wieder auf die Bank

      »Wer ist der Typ?«, fragte er.

      »Gerd ist unser Fotograf in der Redaktion.«

      »Sag bloß, der ist ein Freund von dir.«

      »Er ist normalerweise nicht so«, sagte sie, eine längere Pause folgte. Dann fügte sie hinzu: »Gerd ist ein guter Freund von Hari Peiler.«

      Anna machte sich wieder an die Arbeit.

      »Du hast ihm gesagt, dass er mich hier findet...«

      »Du bist paranoid.«

      »Stimmt es nicht..? – so hattet ihr alle was davon, wenn dieser Schläger mich aufmischt..«

      »Du hast einen Kumpel von ihm zusammengeschlagen. Was erwartest du..?«

      »Ich habe diesen Gerd noch nie hier gesehen und auch nicht am Campus.«

      »Er ist kein Student.«, sagte sie.

      »Was macht er dann hier?«

      »Du bist kindisch.« Sie ging wieder hinter den Tresen.

      »Ralph hat ihm den Tipp gegeben, stimmt’s..?«

      »Du bist jeden Sonntag hier.«

      »Nur wegen dir. Auch um Golf zu spielen, das gebe ich zu. Aber wenn du nicht hier wärst, würde ich nach dem Spiel sofort heimfahren.«

      »Ich bin gerührt.«

      »Zu recht – Setz dich zu mir.«

      »Ich muss arbeiten.«

      »Ist doch niemand hier.«

      »Trotzdem.«

      »Was hast du gegen mich?«

      »Warum, ich bin doch nett zu dir«, sagte sie.

      »Du könntest noch netter sein.«

      »Wie geht es deiner Freundin... Marie, stimmts..?«

      »Ich denke, sie liebt mich.«

      »Das klingt doch gut.«

      NEUN

      Am Abend war Marie bei ihm. Sie hatten Sex. »Geh jetzt«, sagte Stefan, als sie danach im Bett lagen. Er zog sich unter ihrem Kopf, der auf seiner Brust lag, hervor und stieg aus dem Bett. »Du sollst gehen, verdammt nochmal!«

      Er schmiss ihr die Kleider hin. Wortlos zog sie sich an. Stefan sah aus dem Fenster, wandte ihr den Rücken zu. »Hast du noch was vor heute Abend?«, fragte sie.

      Stefan drehte sich um und funkelte sie finster an. »Das geht dich gar nichts an. Und jetzt raus!« Marie betrachtete sich im großen Wandspiegel und zupfte ihre Haare zurecht. Stefan stürmte aus dem Raum. Sie erwartete nicht von ihm, dass er zärtlich war. Doch diese Art von Geringschätzung war neu. Sie folgte ihm in die Küche.

      »Manchmal verstehe ich dich nicht...!«

      »Was willst du von mir? – denkst du, wir kuscheln vor dem Fernseher..?!

      Ich will jetzt allein sein, verstehst du..?!«

      Er hatte sich seine Sportsachen angezogen.

      »Sag mir, was du hast«

      Sie wollte sich an ihn schmiegen.

      »Ich bin deine Freundin. Rede mit mir..!«

      Stefan warf ihr einen verachtenden Blick zu. »Mir ist aber nicht nach Reden, Scheiße nochmal..!«, schrie er. Seine Stimme überschlug sich. »Außerdem bist du nicht meine Freundin.«

      Marie sah ihn mit Tränen in den Augen an. »Und jetzt sieh zu, dass du rauskommst...!«

      Mit einer wahnsinnigen Frequenz schlug Stefan auf den Sandsack in seinem Fitnessraum ein. Bis zu völligen Erschöpfung donnerten seine Fäuste auf das harte Leder ein.

      Mit stechenden Schmerzen bei jedem Atemzug lag er auf den Matten, mit denen das kleine Zimmer ausgelegt war. Seine Haut war schweißnass, sein Puls raste. Er schloss die Augen und alles schien sich zu drehen. Tausend Gedanken schossen ihm durch den Kopf. Marie verstand ihn nicht im Geringsten. In Wirklichkeit war sie eine Last, wie die meisten. Sie schränkte ihn ein. Diese dumme Stück hat doch keine Ahnung. Ich sollte sie zum Teufel schicken, dachte er.

      Vor seinem inneren Auge erschien Anna...Anna hatte er immer gemocht. Sie zog ihn an, warum konnte er nicht sagen. Anna faszinierte ihn, obwohl er nicht