Pariser Nächte. Elke Bulenda. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Elke Bulenda
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844247787
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Kommissar getätschelt. Und Barbiel sah ebenfalls so aus, als wäre er gegen etwas Getätschel von Seiten des Polizisten nicht abgeneigt. Mich beachtete er nicht, sondern sprach nur mit dem Engel. Dabei musterte ich ihn immer noch ausgiebig. Hm, diese Gesichtszüge. Wo hatte ich die schon mal gesehen? Und wieso war er nicht eher eingeschritten?

      Da ich mit dem Commissaire Bruno abgeschlossen hatte und er im Moment auch mit der Welt, wandte ich mich an seinen Partner. »Sie werden verstehen müssen, dass unsereins auch seine kleinen Geheimnisse hat, die bewahrt werden müssen. Geheimnisse zu haben, muss nicht immer etwas Negatives sein. So manchem hat dieser Umstand schon das Leben gerettet. Das liegt sicherlich auch in Ihrem Interesse. Sie verstehen? - Leben zu retten. Und denken Sie daran, die Uniformierten mitzunehmen wenn Sie gehen.«

      Diese eindeutig zweideutige Botschaft ließ ich im Raum stehen, damit sie noch eine kleine Weile wirken konnte. Wahrscheinlich verstand unser scharfsinniger Commissaire Vampir, was ich mit diesen Worten ausdrücken wollte. Frei nach Schnauze: Wenn du mich enttarnst, enttarne ich dich. Er konnte wirklich froh sein, dass ich nicht mehr für meinen alten Dienstherren, Lord Seraphim, arbeitete. Wenn dies der Fall gewesen wäre, lägen jetzt beide auf dem Bauch und ein Quacksalber müsste ihnen meine Stiefel aus dem Enddarm entfernen.

      Der jüngere Polizist, sah mich skeptisch an und nickte. »Ja, ich verstehe, wir tun alle nur unseren Job und ich denke, wir stehen beide auf der selben Seite. Geht in Ordnung, ich sage meinen Kollegen Bescheid, dass sie alles stehen und liegen lassen. Sind Sie sicher, dass Sie kein Kaugummi wollen?«

      Ich hingegen schüttelte den Kopf, als hätte er mir ein Glas mit Maden präsentiert.

      Barbiel zuckte mit den Schultern. » … Er wirkt im Moment etwas ... sauertöpfisch, aber seien Sie froh, dass er ... nicht lacht, es ist nämlich ... kein schöner Anblick.«

      … Dieser stammelnde Idiot, jetzt fällt er mir auch noch in den Rücken! ...

      Gut, dann spielten wir eben "Sympathischer Cop und ganz, ganz sauertöpfischer Cop". Und mein aufgesagtes Sprüchlein wurde auch nicht so richtig registriert. Egal, ich kann die Kommissare gut verstehen. Wir kommen hier herein, jagen sie aus ihrem angestammten Revier, machen einen auf dicke Hose und anschließend werden sie auch noch von ihrem Vorgesetzten zur Schnecke gemacht. Commissaire Bruno erwachte langsam aus seiner Schockstarre. »Dann sollen wir Sie alleine lassen und die Uniformierten mitnehmen?«

      »Ja, wir sind ja alle noch da. Und das ist das eigentliche Problem. Wenn ich Sie bitten dürfte? Ich möchte nicht, dass Ihr Vorgesetzter, der ohne Zweifel gut bei Stimme ist, Ihnen und Ihrem Partner diese schöne Pappe mit der Tricolore-Musterung abnimmt. Es freut uns, Ihre Bekanntschaft gemacht zu haben, aber wenn ich Sie jetzt bitten dürfte?«

      Meine Migräne verschlimmerte sich von Sekunde zu Sekunde. Und ich war mir wirklich nicht mehr sicher, wie lange ich noch diese aufgesetzte Freundlichkeit wahren konnte. Die Uhr würde bald Neun schlagen und wir hatten dem Kurator einen reibungslosen Museumsbetrieb zugesichert. Es wurde Zeit, dass die Commissaires endlich gingen, denn wir hatten auch noch unsere Arbeit zu machen. Wir mussten die letzten Spuren in Daten erfassen und an die Zentrale senden, wo diese ausgewertet werden konnten. Die Kommissare Bruno und Legrand sahen ein, dass sie wohl oder übel das Feld den blasierten Agenten überlassen mussten. Bruno, der seine Fassung wiedererlangt hatte, meinte: »In Ordnung, dann werde ich die Polizisten abziehen und ihnen den Louvre für Ihre Ermittlungen überlassen. Dann wünsche ich Ihnen und ihrem Kollegen einen netten Aufenthalt in Paris. Was sagten sie vorhin, Sie wären schon mal hier gewesen?«

      Er griff in die Tasche seines Jacketts, holte eine Schachtel Zigaretten hervor, steckte sich eine davon in den Mund und meinte zu seinem Partner: »Vince? Wärst du so freundlich?«

      Der wiederum machte ein unglückliches Gesicht und gab seinem Kollegen mit einem Streichholz Feuer.

      Vorsichtig rieb ich mir meine schmerzende Stirn und überzeugte mich davon, dass mein Kopf nicht auf die doppelte Größe angeschwollen war. Monsieur Commissaire Bruno sagte irgend etwas zu mir. Jetzt war ich derjenige, der nicht mehr so ganz zugehört hatte. Was fragte er mich? Ob ich in schon mal in Paris war? Ich war schon mehr als 800 Jahre nicht mehr in Paris gewesen. Also ignorierte ich die Frage gekonnt. Eigentlich wollte ich sagen, dass ich bisher niemanden getroffen habe, der seit Miami Vice, Mitte der 80er Jahre, sein Sakko so knittrig trug, doch die verbalen Flapsigkeiten waren mir vergangen und so verkniff ich mir meine bissige Antwort. Ein unbekannter Tänzer steppte durch mein Hirn.

      »Ja, es wäre sehr nett, wenn Sie die Uniformierten abziehen, der Kurator ist sicherlich schon schweißgebadet. Wir versprachen ihm einen reibungslosen Museumsbetrieb. Auf Wiedersehen.«

      Als sich der Commissaire eine Kippe in den Mund steckte und diese auch noch anzünden ließ, wusste ich überhaupt nicht mehr, was ich sagen sollte. Er rauchte in einem Museum! Wenn das der Kurator erfuhr, bekäme er doch noch einen Herzinfarkt. Leicht verwundert zeigte ich auf die Zigarette. »Monsieur, hier herrscht totales Rauchverbot!«

      Ein Uniformierter kam in den Ausstellungsraum: »Bonjour, ich wollte nochmal nachfragen, ob der Koleos dort draußen wirklich abgeschleppt werden soll.«

      Als ich das hörte, flippte ich beinahe aus. »Nein, er wird nicht abgeschleppt! Wir sind mit einem SUV Renault Koleos hier her gekommen. Der Parkausweis liegt hinter der Windschutzscheibe! Sind sie nicht nur blond, sondern auch noch blöd? Und wieso fragen Sie nochmal

      ***

      Nun hatten es Bruno und sein Kollege ziemlich eilig. Sie verabschiedeten sich zügig und waren froh, diese Idioten erst einmal hinter sich zu lassen. Weniger froh waren sie darüber, dass Lucas Perrier ihnen eine mehr als gepfefferte Predigt halten würde.

      »Sag mal, Etienne, was ist nur in dich gefahren? Du legst dich nicht nur mit unserem Boss, sondern auch noch mit Interpol an?«, fragte Vincent mehr als irritiert.

      »Weißt du, was es mit Statistiken auf sich hat? Die Statistik sagt, dass man Augenzeugen nur bedingt Glauben schenken kann. Unsere Augenzeugin war sich nicht sicher, ob der Kerl mit Hut und Mantel, die Dame die Treppenstufen hinunter gestoßen hat, oder nur durch Zufall gerade vor Ort war«, erklärte Bruno.

      »Ja, und was hat das jetzt mit den Agenten zu tun? Obwohl ich zugeben muss, dass mir beide mehr als verdächtig erscheinen. Vor allem der große Kerl, mit der Verbrechervisage«, sagte Vincent, der den Ausführungen seines Partners nicht ganz folgen konnte.

      »Na, ist doch ganz einfach! Wenn es sich um einen Unfall handeln würde, wären nicht die Typen von Interpol gekommen und hätten einen Zwergenaufstand veranstaltet. Jetzt wissen wir, dass es eindeutig ein Mord, oder zumindest grobe Absicht war, Madame Tornier zu töten. Und glaube mir, da steckt noch weitaus mehr dahinter. Entweder handelt es sich um etwas Unheimliches, oder es ist eine politische Verschwörung. Wir sollten unbedingt die Sache ein wenig im Auge behalten.«

      Vincent war schwer beeindruckt von seinem Kollegen. Es leuchtete ihm ein und er nickte. »Okay, kann nicht schaden ein wenig im Mithaufen zu stochern, aber zuerst sollten wir in der Präfektur unseren Anschiss abholen. Ach ja, deinen Sohnemann Pierre haben wir auch gefunden, er ist auf dem Weg nach Hause. Rate mal, wo er war.«

      Bruno zuckte mit den Schultern. »Seitdem er Schulferien hat, geht er seine eigenen Wege. Wenn er so weiter macht, steht bald das Jugendamt vor der Tür. Wo war er und woher sollte ich das wissen?«

      Legrand grinste.

      »Und so etwas will Polizist sein. Na, wo war er wohl? Hier im Louvre!«

      ***

      Der überstürzte Abgang der beiden Kommissare machte mich schon etwas misstrauisch. Im wilden Schweins-Galopp verließen sie uns. Mein Kollege trat an meine Seite und wollte gerade seinen frisch ergatterten Kaugummi auspacken und meinte: »Menschen sind wirklich schrecklich manipulativ, findest du nicht auch? Aber scheinbar habe ich jetzt die Pointe nicht verstanden.«

      Schnell entriss ich ihm, trotz seines Protestes, den Streifen Kaugummi und gab ihm damit einen gezielten Schlag auf seine Igel-Frisur. »Den bekommst du heute Abend wieder, wenn du in deiner Freizeit Brocken lachen willst, bitte, aber nicht hier! Wir haben zu tun!«, entgegnete