First Class Flüge und Bruchlandungen …. Christa Schmeide. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Christa Schmeide
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783737503648
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gab es kein Zurück mehr.

      Robert erstarrte und liess seine ausgebreiteten Arme fallen.

      «Auf diesem Sofa …», begann Claire und zeigte auf die gemütliche Sofaecke vor dem Kamin.

      Der sonst so wortgewandte Robert war verstummt.

      «Sag etwas! Sag, dass ein Freund diese Bilder geschossen hat», ging es ihr durch den Kopf.

      Aber er sagte nur trocken: «Ja, es ist passiert.»

      Der Boden wurde Claire unter den Haussandaletten weggezogen.

      Ihr war plötzlich speiübel.

      Die Lippen bebten, aber sie brachte kein Wort heraus.

      Robert hingegen hatte seine Sprache wieder gefunden. «Kleines, das war ein absolut einmaliger Ausrutscher! Ich kenne diese Frau kaum. Das waren doch nur ein paar Fotos auf dem Sofa. Das ist kein Fremdgehen.» Er ging auf Claire zu und griff nach ihren kalten Händen. Wie elektrisiert zog Claire sie zurück.

      «Lass das! Nur Fotos? Ich bin doch nicht doof», zischte sie.

      Die Wut war zurück. Jetzt bebte ihr ganzer Körper.

      «Du zitterst ja, Kleines. Wenn ich doch sage, dass da nie etwas gelaufen ist.» Er hatte seinen treuherzigsten Blick aufgesetzt und wollte sie in seine Arme schliessen.

      Sie wich erneut zurück.

      Da packte er sie am Handgelenk.

      «Genau das ist das Problem», sagte er. «Du wendest dich ab, wenn ich dich anfassen will. Ist dir schon aufgefallen, dass wir viel weniger zusammen schlafen als früher? Ist dir klar, was das für einen Mann bedeutet?» Er sprach jetzt leise und eindringlich. «Ich habe mich trotz allem immer zurückgehalten. Es waren nur Fotos! Und seit wann holst du übrigens unsere Fotos ab?»

      Claire war total überrumpelt.

      Sie hatte Ausreden und Entschuldigungen erwartet – aber keine Vorwürfe.

      «Du hast ja keine Ahnung, wie es ist, ein Baby zu haben!», schrie sie. «Das ist alles so anstrengend. Ich kann doch nicht jede Nacht auch noch …» Ihre Stimme brach.

      Tränen stürzten auf ihre Wangen herab.

      «Schtschtscht», flüsterte Robert tröstend und nahm sie in die Arme. Sie war zu aufgewühlt und schockiert, um sich ihm ein weiteres Mal zu entziehen. «Wir schaffen das zusammen», sagte er. «Ich verlange nur, dass du mir wieder öfter zeigst, dass du mich lieb hast. Ich liebe dich doch auch!» Er wiegte sie eine Weile in seinen Armen.

      Dann begann er, die Tränen von ihren Wangen zu küssen, zuerst zaghaft, dann leidenschaftlich. Claire war wie versteinert. Erst als sich seine Hand fordernd unter ihr Kleid schob, wurden ihre Glieder zu Butter. Sie klammerte sich wie eine Ertrinkende an seinen Körper. Unbändige Lust verdrängte ihre Wut und ihre Verzweiflung. Er massierte sie durch ihren Spitzenslip hindurch. Dann hob er sie plötzlich hoch. «Nicht aufs Sofa!», stöhnte sie zwischen zwei wilden Küssen. Er trug sie stattdessen zum Esszimmertisch und setzte sie auf die Tischplatte. Sie spürte das kühle massive Eichenholz unter ihrem Po. Er schob das Kleid mit beiden Händen über ihre schmale Hüfte und zog den Slip nach unten. Mit geschlossenen Augen hörte sie zu, wie er die Gürtelschnalle und den Reissverschluss seiner Anzughose öffnete. Als sie ihn zwischen ihren Beinen spürte, stöhnte sie auf und öffnete kurz die Augen. Er hielt ihrem Blick stand. Seine meerblauen Augen waren aufgewühlt vor Lust, als er mit voller Kraft in sie eindrang.

      Die dunkle Schokoladensauce tropfte vom Silberlöffel und blieb auf dem Vanilleeis liegen. Claire hatte sich von ihrem Freund Lorenzo zu einer grossen Portion Coupe Dänemark im Café Reichard überreden lassen.

      Sie hatte ihm ein paar Stunden zuvor am Telefon von der Fotoaffäre und von der anschliessenden Versöhnung mit Robert­ berichtet.

      «Du brauchst jetzt ganz dringend einen Seelentröster, Schätzchen», hatte Lorenzo ihr geraten.

      Und nun sassen sie an einem Zweiertischchen im elegantesten Kaffeehaus der Stadt. Lorenzo trug eine enge weisse Schlaghose und ein rotes Hemd. Claire führte ihr zweiteiliges grünes Kostüm von Rena Lange aus. Sie hatte das Kleid mit fünfzehn als Gage an der Münchner Modewoche erhalten und liebte es seither innig.

      «Iss doch, Schätzchen. Das leckere Eis schmilzt davon», ermunterte Lorenzo sie.

      Sie gehorchte und schob sich einen gehäuften Löffel Eis, Sahne und Schokoladensauce in den Mund. Lorenzo zwinkerte ihr zufrieden zu und nippte an seinem Kaffee. Dann setzte er die Porzellantasse ab und strich sich mit seiner üppig beringten Hand durchs halblange schwarze Haar. Er wirkte nachdenklich. «Und du glaubst, dass Robert jetzt seine Finger von anderen Frauen lässt?», fragte er plötzlich.

      Claire kämpfte noch immer mit der süssen Masse in ihrem Mund. Es wäre ihr aber auch ohne das Eis im Mund schwergefallen, Lorenzos Frage zu beantworten.

      Die Zweifel an der Treue ihres Mannes hatten sich bereits am Abend zuvor wieder in ihr Herz zurückgefressen. Eine Viertelstunde nach dem leidenschaftlichen Ritt auf dem Esszimmertisch war Robert ins «Le Chef» zurückgeeilt. «Wir machen genau hier weiter, wenn ich zurück bin», hatte er ihr beim Abschied heiser ins Ohr geraunt.

      Als Claire später den Kartoffel-Karottenbrei für Anna zubereitete, musste sie allerdings bereits wieder an das Sofa denken, das wie ein Warnsignal im Wohnzimmer stand. Das süsse Gefühl im Unterleib war inzwischen abgeebbt. Dafür arbeitete ihr Gehirn nun auf Hochtouren.

      Hatte es Robert wirklich beim Fotografieren der nackten Frau belassen?

      Wie oft war die Fremde in ihrer Wohnung gewesen?

      Würde Robert ihr künftig treu sein?

      Die Gedankenmaschine ratterte wie der Pürierstab in ihrer Hand.

      «Ja, ich … hoffe es», sagte Claire, als sie das Eis endlich hin­untergeschluckt hatte. Sie strich sich eine dunkelblonde Strähne hinters Ohr. «Wir lieben uns. Wir haben Anna.»

      «Aber du kannst ihm trotz aller Liebe nicht mehr blind vertrauen, Süsse!»

      Claire senkte ihren Blick auf die weisse Marmor-Tischplatte. «Ja … ja, ich weiss», sagte sie leise. «Ich werde ein Auge auf ihn halten. Und ich muss es irgendwie hinkriegen, dass er sich zu Hause wieder wohlfühlt.»

      Lorenzo umfasste sanft ihr Kinn und hob ihren Kopf an, damit sie ihm in die Augen schaute. «Er hat doch bereits eine Klasse Frau zu Hause. Er weiss gar nicht, was er an dir hat», sagte er ernst. «Auch wenn dein Sauerbraten eine echte Zumutung ist», schob er nach und gluckste los.

      Sie brachte nur ein müdes Lächeln zustande. Dann seufzte sie tief.

      Lorenzos Glucksen stoppte abrupt. Sein Gesicht wurde wieder ernst. «Du hast Angst, Schätzchen. Das ist verständlich. Niemand will mit achtzehn eine kaputte Ehe hinter sich haben und ein Kind allein grossziehen. Aber du konntest Lügner noch nie ausstehen. Weisst du noch, wie du zwei Wochen lang nicht mehr mit mir gesprochen hast, weil ich dir meine Beziehung zu Stephano verschwiegen hatte? Du, die immer freundliche Claire? Irre … ich bekam es echt mit der Angst zu tun.» Lorenzo schlug sich theatralisch die Hand vor den Mund. «Was ich sagen will: Du wirst erst wieder glücklich sein, wenn hieb- und stichfest bewiesen ist, dass Robert dich nicht belügt.»

      Claire presste die Lippen zusammen und rührte mit dem Silberlöffel im Eis. Lorenzo kannte sie eben einfach zu gut.

      Sie hatte ihn fünf Jahre zuvor im renommierten Friseursalon Petermann kennengelernt. Lorenzo arbeitete dort als Meisterfriseur. Claires Mutter Margarete besuchte den Salon zweimal wöchentlich, um sich ihr langes blondes Haar waschen und zu einer bombenfesten Frisur hochstecken zu lassen. Als Sekretärin einer Modezeitschrift legte sie Wert auf ein perfektes Äusseres. Claire begleite ihre Mutter gerne bei ihren Friseurbesuchen. Sie mochte den pompös eingerichteten Salon mit den weissen Marmorböden, den goldgerahmten Spiegeln und den antiken Vasen. Und sie mochte Lorenzo. Der junge, flotte Italiener war ihre erste grosse Flirtliebe, und er war es auch, der ihre Modelkarriere