Das Erbe der Ax´lán. Hans Nordländer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Hans Nordländer
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738037159
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meinte der Steinerne.

      „Mach dir nichts draus, ich verstehe es auch nicht.“

      Das stimmte zwar nicht, aber Trywfyn hatte keine Lust, dem Steinernen, der wahrscheinlich nichts von diesen Dingen verstand, den Vorgang des Sterbens bei Ogmari zu erklären.

      „Na gut, du wolltest also den Tunnel kennenlernen und diese Halle erreichen. Wenn das die einzigen Gründe waren, dann hast du viele Unannehmlichkeiten für eine so unbedeutende Angelegenheit auf dich genommen. Es fällt mir schwer zu glauben, dass du tatsächlich nur von deiner Neugierde angetrieben wurdest.“

      Also doch ein wenig scharfsinnig, schloss Trywfyn. Aber er behielt es für sich. Vielleicht fühlte sich der Steinerne herausgefordert, wenn er hörte, was Trywfyn über ihn dachte. Aber er hatte ja Recht. Alleinige Neugierde war tatsächlich kein besonders guter Grund für sein abenteuerliches Unternehmen. Das musste Trywfyn zugeben. Andererseits reichte sie für manch andere gewagte Unterfangen aus. Schließlich hatte er mit Tjerulf und seinen Freunden mehr als eine Reise aus keinem anderen Grund unternommen. Und trotzdem war nicht zu überhören, dass der Steinerne ihm nicht glaubte.

      Plötzlich erkannte Trywfyn die Sinnlosigkeit ihres Planes. Wenn er dem Steinernen sagte, dass er dort unten Kristalle verstecken wollte, dann hatte er einen Mitwisser, den er nicht kannte. Vielleicht wich er ihm nicht einmal von der Seite, solange er sich in dieser Höhle aufhielt. Es war ihm schon ein Rätsel, dass er überhaupt eingelassen worden war, wo Dran und seinen Begleitern der Zutritt doch verwehrt wurde. Und der Steinerne konnte offensichtlich auch ein- und ausgehen. Vielleicht gefielen ihm die Fragmente und er nahm sie später an sich. Dann waren sie verloren. Also was sollten seine ganzen Bemühungen? Der Steinerne hatte sich ihm gegenüber zwar nicht als unfreundlich erwiesen, ihm sogar das Leben gerettet, aber Trywfyn hielt es deshalb noch lange nicht für angebracht, ihn zum Wächter über die Kristallfragmente zu machen, wozu der Steinerne vielleicht auch gar keine Lust hatte, wenn er die Steine schon nicht begehrte. Na, dann musste er sie eben wieder mitnehmen.

      „Also?“, fragte der Steinerne.

      „Es ist, wie ich sagte“, beharrte Trywfyn. „Es war reine Neugierde. Ich wollte einfach nur den Spuren meines Stammesgenossen folgen und die körperlose Stimme hören. Und vielleicht ihren Besitzer kennenlernen, der sich selbst als Urgrund des Daseins bezeichnete. Kennst du ihn?“

      Bevor der Steinerne antworten konnte, erfüllte ein schallendes Gelächter die Halle und Trywfyn schreckte zusammen. Der Steinerne blieb ungerührt sitzen.

      „Ist sie es?“, fragte er geradezu gelangweilt.

      „Ich vermute, ja“, versuchte Trywfyn ebenso teilnahmslos zu antworten, aber ganz gelang es ihm nicht. Er stand auf und sah sich in allen Richtungen um. Aber da war niemand, nur dieses Lachen, das eine unbändige Heiterkeit ausdrückte.

      „Ich glaube, du hast unseren Gast mit deiner vorgetäuschten Unwissenheit lange genug an der Nase herumgeführt, Gründel“, sagte die Stimme. „Jetzt verdrieße ihn nicht noch mehr. Du weißt genau, wer ich bin und was der Ogmari hier will.“

      „Wie? Woher?“, fragte Trywfyn und sah Gründel befremdet an.

      Also hatte er mit seiner Ahnung doch Recht gehabt. Trotzdem hätte er nicht vermutet, dass Gründel und der Besitzer der Stimme sogar über sein hauptsächliches Anliegen unterrichtet waren. Aber vielleicht waren sie gar nicht, und es hörte sich nur so an.

      Gründel blickte unbeteiligt nach oben. Trywfyn kannte die Geste von seinen menschlichen Freunden und war sicher, dass Gründel in diesem Augenblick gepfiffen hätte, wenn er dazu in der Lage gewesen wäre. Aber vielleicht überlegte er auch nur. Dann, mit einem Ruck seines Kopfes, sah er Trywfyn wieder an und zeigte auf die Tasche.

      „Diese beiden Kristalle wolltest du in unsere Obhut bringen.“

      Unwillkürlich legte Trywfyn seine Hand darauf.

      „Sei ohne Sorge, ich werde sie dir nicht nehmen. Für uns hätten sie hier unten doch keine Bedeutung. Und besonders schön sind sie auch nicht. Aber welche Bedeutung sie auch immer für dich haben, bist du sicher, dass hier ein guter Ort wäre, sie aufzubewahren? Und warum willst du das überhaupt tun?“

      „Nein, nicht mehr. Und nicht erst, seit du gezeigt hast, dass du von ihnen weißt. Es war für Freunde, die besonderen Wert auf die Sicherheit dieser Steine legen. Aber, Gründel, woher kennst du mein Geheimnis?“

      Der Steinerne lachte, zumindest gab er Geräusche von sich, die darauf schließen ließen.

      „Du hast es mir doch selbst gesagt.“

      „Ich? Wann?“

      „In deiner Bewusstlosigkeit bist du einmal kurz aufgeschreckt und hast gesagt, dass die Kristalle in Drans Hallen gebracht werden müssen, in Sicherheit. Ich konnte mir keine anderen als diese hier vorstellen, schließlich warst du schon auf dem Weg hierher. Da brachte ich dich eben an diesen Ort. Und es sind wirklich keine hübschen Kristalle. Ich habe sie mir angesehen. Aber warum treibst du ihretwegen solch einen Aufwand? Jetzt sind sie zwar hier, aber wie soll es weitergehen?“

      Das wusste Trywfyn selbst nicht. Er war viel zu verblüfft. Dann fasste er sich, schließlich wollte er noch etwas herausfinden.

      „Wem gehört diese Stimme?“, fragte Trywfyn. „Wie ich dir schon sagte, berichtete Dran von ihr. Außerdem, welchen Zweck hat diese Halle hier und schließlich, wer bist du? Stehst du in seinen Diensten?“

      „Warum fragst du Gründel, wenn du mich meinst, zumindest teilweise“, schallte es durch die Halle.

      Keine Frage, sie war mächtig genug, die unsichtbaren Wände erschüttern zu lassen.

      „Entschuldigung, ich -.“

      „Du brauchst deine Fragen nicht zu wiederholen. Ich habe sie gehört, Trywfyn aus dem Volk der Erdmenschen, die ihr euch selbst Ogmari nennt. Glaubst du an die Götter?“

      Wie jede geistig selbstbewusste Lebensform hatten natürlich auch die Ogmari ihre Götter und huldigten ihnen auch. Trywfyn selbst war nicht nur der Herrscher über dieses Volk, er war auch sein höchster Priester, wie alle Edorale vor ihm. Daher konnte er diese Frage mit gutem Gewissen bejahen, obwohl er gleich darauf das Gefühl bekam, die Stimme nahm ihn nicht so ernst, wie er es sich wünschte.

      „Das ist gut“, meinte sie. „Ich bin aber kein Gott. Deshalb spreche ich auch mit dir. Aber ich bin ein Geist und kein kleiner. Es gibt viele Geister, und einige hast du schon kennengelernt. Sie alle sind, wenn sie wollen, ungebunden und frei.“

      „Was ist mit den toten Ogmari?“, fragte Trywfyn, der die Möglichkeit sah, endlich mehr über die Hallen der Ahnen zu erfahren.

      „Weißt du es denn nicht? Sie warten. Sie warten auf, wie ihr es nennt, den Großen Auszug. Ich nenne es die Heimkehr, denn an dem Tag werden sie mich verlassen und wieder zu ihren Ursprüngen zurückkehren. Aber lass dir gesagt sein, dass das kein Ereignis ist, was allein die Ogmari betrifft. Auch die Menschen werden nicht für alle Tage hier bleiben, genauso wenig wie die Tiere und die Essenzen der Pflanzen und Minerale. Es wird eine Zeit kommen, da wird Elveran von allem Leben entblößt werden. Doch wann diese Zeit kommt, das entscheide ich, denn ich bin die Essenz Elverans und ich entscheide über alles Werden und Vergehen. So, wie ich es Dran sagte und nun dir.“

      „Und wann ist es soweit?“

      Die Stimme lachte.

      „Du kannst es wohl nicht erwarten, wie? Welchen Vorteil hättest du, wenn du es wüsstest? Aber in dieser Zeit geschehen Dinge auf Elveran, die darauf einen Einfluss haben. Mehr werde ich dir nicht verraten.“

      Trywfyn hatte kaum mehr erwarten können, aber trotzdem hatte er auf Einzelheiten gehofft. Schließlich war ihm die Prophezeiung des Großen Auszugs der Ogmari nicht unbekannt. Aber wahrscheinlich war es wirklich besser, den Zeitpunkt nicht zu kennen.

      „Ja, du hast Recht“, sagte er. „Aber kannst du mir etwas über die Hallen der Ahnen verraten? Wo liegen sie?“

      „Ich kann sie dir sogar zeigen.“