Casa Pipistrelli Das Haus der vergessenen Dinge. Peter Platsch. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Peter Platsch
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783741821790
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Köpfen marschieren sie in die Regenwand. Inzwischen haben sich schon große Pfützen in den Schlaglöchern der Sandstraße gebildet. Niko stupst Julia an und deutet mit seinem Blick auf Peter, der immer noch seine Flip-Flops an hat und seinen Trolley durch die Wasserlachen hinter sich her zieht.

      „Typisch verwöhnter Stadtjunge, der war noch nie Bergwandern.“, spöttelt Julia. Als ob Peter es gehört hätte, dreht er sich um: „Ihr könnt barfuß, laufen das Wasser ist ganz warm.“

      Sie lachen. „Er hat eigentlich recht, meine Turnschuhe lassen eh schon das Wasser durch.“

      „Gute Idee“, ruft ihm Julia entschuldigend zu, “meine Bergstiefel sind auch schon bis zum Rand voll.“

      Jauchzend und johlend patschen sie durch die braunen Pfützen, sie fühlen sich verbunden und marschieren gut- gelaunt drauf los.

      Der Regen hat nachgelassen, die drei stolpern still, verdrossen vor sich hin. Über ihnen ein Himmel ohne Mond und Sterne, die Dunkelheit senkt sich in das Tal.

      Es wird ihnen allen ganz mulmig, aber keiner will als erster seine Angst zugeben, dass sie das Camp nicht finden werden.

      „Irgendetwas stimmt da nicht“, unterbricht Niko dann doch das beklemmende Schweigen. Erlöst beginnen Julia und Peter gleichzeitig loszuplappern.

      „Hier gibt es kein Camp, oder wir haben uns verlaufen. Normalerweise müssten sie nach uns suchen.“

      „Vielleicht sind wir im verkehrten Tal, hätten wir nur ein Handy dabei, so ein Blödsinn, Handys im Camp zu verbieten.“

      „Das Camp ist am Ende des Tales und das Tal ist lang, sonst würden sie uns ja nicht mit dem Bus abholen. Die haben uns einfach vergessen, weil wir zu spät am Treffpunkt waren. Wir laufen jetzt weiter, wir müssen eng beieinander bleiben damit wir uns nicht verlieren, oder gar in den Fluss fallen.“

      Keiner kann darüber lachen, aber Niko findet, einer muss cool bleiben und das Kommando übernehmen.

      „Mir tun die Füße weh, barfuß laufen war doch keine gute Idee“, stöhnt Julia.

      „Hast du nicht gesagt du würdest dein Leben lang“….

      „Hört auf mit der Streiterei“, fährt Niko dazwischen, “ich glaube, ich habe ein Licht gesehen.“

      „Das Camp, das Camp“, jubeln Julia und Peter.

      „Bestimmt schlafen schon alle, in solchen Camps muss man ja immer so früh aufstehen“, lästert Peter, schon wieder oben auf. Die Angst ist verflogen, sogar die kalten, müden Füße sind vergessen.

      „Jetzt ist es wieder verschwunden“, ruft Niko enttäuscht.

      „Ich kann es sehen, ich kann es sehen, dort drüben, wir müssen hier abbiegen.“ Julia ist ganz aufgeregt.

      Der schmale Weg ist gerade noch zu erkennen, doch sie können das Licht zwischen den Baumstämmen tanzen sehen.

      Aufgeregt, bemüht, das Licht nicht aus den Augen zu verlieren, laufen sie den holprigen Weg entlang, der durch einen lichten Wald führt, bis sie plötzlich vor einem großen schmiedeeisernen Tor stehen.

      „Das ist nicht das Camp.“ Enttäuscht umfasst Peter die geschwungenen Eisenstäbe des einen Torflügels, der mit einem hässlichen Quietschen einen Spaltbreit nachgibt.

      „Ich kann zwei beleuchtete Fenster sehen, auf alle Fälle wohnt hier jemand, den wir fragen können.“ Julia zwängt sich durch den engen Spalt zwischen den beiden Torflügeln. Niko folgt Julia, Peter bleibt mit seinem Trolley zwischen den Torflügeln hängen, flucht leise vor sich hin, bis er ihn endlich hochkant durchziehen kann und das schwere Tor sich mit einem Ächzen schließt.

      Eine vollkommene Stille umgibt sie, nicht einmal das Rauschen des Flusses ist noch zu hören, nur das Rascheln von modrigem Laub aus vielen Herbsten unter ihren nackten Füssen erscheint den Kindern unnatürlich laut, als sie sich auf die beleuchteten Fenster zu bewegen. Der schwache Lichtschein aus den beiden Fenstern lässt kurz die schwarze Oberfläche eines mit Seerosenblättern bedeckten Wasserbeckens aufblinken, darüber schwebt eine graue Gestalt. Wie eine übergroße Fledermaus starrt sie auf die Eindringlinge herab.

      „Lasst uns umkehren“, raunt Julia ängstlich.

      „Nichts wie raus hier“, flüstert Niko.

      „Ich glaube, das geht jetzt nicht mehr, irgendetwas verfolgt uns“, meldet sich Peter mit zittriger Stimme. Die drei fassen sich an den Händen, rücken näher zusammen und drehen sich langsam um.

      Aus der Dunkelheit kommt ein schwarzer Schatten auf sie zu. Sein glänzendes Auge verfolgt jede ihrer Bewegungen. Ein tief rollendes Knurren lässt die Kinder zu Salzsäulen erstarren.

      „Was ist denn das für eine Bestie“, stößt Niko schlotternd hervor. Peters Zähne klappern hörbar aufeinander. Julia ist ganz ruhig, sie spürt, dass dieses Knurren, so furchterregend es auch klingt, mehr eine Warnung als eine Drohung ist.

      „Hey, du Monstrum, bist du hier der Wächter“, ruft sie leise aber mit fester Stimme in Richtung des Schattens, der nun auch stehen geblieben ist.

      In diesem Augenblick reißt ein heftiger Windstoß die Wolken auseinander, ein fahler Mondstrahl fällt durch die Bäume und taucht den Park in ein blau-silbernes, unwirkliches Licht.

      Die riesige Fledermaus, die so bedrohlich auf sie zu zu schweben schien, steht als silberner Engel auf einem Sockel zwischen grauen Grabsteinen nahe am Wasserbassin.

      Das glänzende Auge starrt sie immer noch unverhohlen feindselig an. Der mächtige Kopf, aus dem dieses eine Auge funkelt, gehört einem zotteligen Ungetüm von Hund.

      „Wir gehen ganz langsam rückwärts, in Richtung Haus, nur nicht rennen“, flüstert Niko.

      Julia blickt auf den großen, schwarzen Hund, der nun auch durch das Mondlicht besser erkennbar ist. Neben dem schwarzen Auge verdecken die strubbeligen Haare einen kleinen milchweißen Fleck.

      „Der Arme ist ja auf einem Auge blind und ur-uralt. Ich glaube, du bist gar nicht so böse wie du ausschaust.“ Langsam streckt Julia ihre kleine Hand zur kalten Nase des Wachhundes. Der schnuppert kurz daran, humpelt an den Kindern vorbei und wendet seinen Kopf, als wolle er sie auffordern, mitzukommen.

      „Kommt “, wendet sich Julia an die beiden Jungen, die sich mit einer Mischung aus Furcht und neuer Bewunderung über Julias Mut, langsam aus ihrer Erstarrung lösen. „Er führt uns zum Haus“.

      Sie folgen zaghaft dem Hund auf dem nun breiter werdenden Weg.

      Die Bäume am Wegrand werden weniger, bis sie auf einem mit Kies und Laub bedeckten Vorplatz, mit einem kleinen ausgetrockneten Springbrunnen in der Mitte, ankommen.

      Sie stehen vor der dunklen Silhouette eines Hauses. Aus zwei großen Fenstern fällt gelbes sanftes Licht auf den Vorplatz. Die Kinder schauen zu den beleuchteten Fenstern hinauf. Nichts rührt sich, kein Laut ist zu hören. Als sie wieder auf den Vorplatz schauen, um den Eingang zu suchen, ist der schwarze Wachhund lautlos verschwunden.

      Unruhig blicken sie sich um. „Wo ist denn dein Freund“, fragt Niko immer noch mit Bewunderung in der Stimme.

      „Ich glaube, er sollte uns nur hierher führen“, raunt Julia und steigt vorsichtig die wenigen Stufen der breiten Treppe hinauf, auf die mit glitschigem Moos und feuchtem Laub bedeckte Terrasse. Ein kalter, modriger Hauch weht ihnen vom Haus entgegen.

      „Lasst uns wieder auf die Straße zurückgehen und das Camp suchen“, krächzt Peter, sein Herz klopft bis zum Hals.

      Die drei zittern vor Kälte und Angst. „Ich bekomme langsam Hunger.“ Nikos Stimme hallt über die Terrasse, lauter als er es eigentlich wollte. In diesem Augenblick sehen sie in einem der beleuchteten Fenster eine gebeugte Gestalt vorbeihumpeln. Sie wendet den Kopf, blickt zu ihnen herunter