Das Geheimnis der Schatten. Viktoria Vulpini. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Viktoria Vulpini
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742791047
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hörte, wie er aufstand und offenbar begann seine Kleidung auszuziehen.

      „Ich weiß”, sagte er leise und kletterte dann unter seine Decke. Getrennte Räume wären ihr viel lieber gewesen, doch er blieb auf Abstand und rutschte nicht wieder näher heran. „Du solltest dich entspannen, Vanessa. Ich denke es ist vorbei.”

      Sie gab ein zustimmendes Geräusch von sich und bemühte sich ihre Gedanken weg von der Tatsache zu bekommen, dass sie quasi nackt neben einem fremden Kerl in einem Bett lag. Solche Stunts machte sie nie und sie würde auch tunlichst in Zukunft darauf achten, dass so etwas nicht noch einmal vorkam.

      „Ich frage mich, ob das mit dem Teil zusammenhängt, welches du gefunden hast”, murmelte er.

      „Du hast es gefunden!”, stellte Vanessa eiligst richtig. Irgendwie, wollte sie nichts mit dem Ding zu tun haben.

      Er lachte leise, bevor er antwortete: „Wegen mir: Das wir gefunden haben.” Sie seufzte, widersprach aber kein weiteres Mal. Er konnte also offenbar ein ziemlicher Sturkopf sein. „Wir sollten es auf jeden Fall mal annehmen”, griff er die ursprüngliche Überlegung erneut auf. Das gefiel ihm offensichtlich genauso wenig wie ihr. „Sie haben nichts gesagt darüber, was es ist beziehungsweise, wieso es wichtig sein könnte, oder sollte?“

      Sie schüttelte erneut den Kopf. „Nein, nur das, was ich dir erzählt habe.” Und das war alles gewesen, was sie selbst mitbekommen hatte.

      Er brummte leise und nachdenklich. Da ihr langsam kalt wurde, legte sie sich auch wieder hin und verkroch sich bis zur Nasenspitze unter der Decke. Nun herrschte zwischen ihnen wieder einmal schweigen. Vanessa war schon wieder dabei wegzuschlummern, als Ramon plötzlich sagte: „Beim nächsten Mal versuch sie einfach mal zu fragen. Kann sicher nicht schaden.”

      Ein Eimer Wasser mit Eiswürfeln hätte keinen größeren Effekt haben können. Sie sog scharf die Luft ein. „Reden? Ich soll mit irgendwelchen Stimmen reden?!” In ihrer Stimme schwang Ungläubigkeit mit.

      Er fing an zu lachen, als habe sie etwas wahnsinnig Komisches gesagt. „Ja, natürlich. Warum solltest du das nicht probieren, es wäre ein logischer Versuch und würde das Leben vermutlich auch noch etwas vereinfachen, wenn du nachfragen könntest.”

      „Du spinnst doch!”

      Offenbar war das sein Ernst, er lachte nur gut gelaunt. Sie schüttelte den Kopf, dieser Typ war doch einfach nur unmöglich! „Du schlägst gerade nicht wirklich vor, dass ich mit Stimmen in meinem Kopf rede! Was kommt als nächstes, soll ich die Schatten zu einer Teeparty einladen?” Es klang bissiger als es gemeint war. Unwirsch schüttelte sie den Kopf. Das konnte einfach unmöglich sein Ernst sein!

      „Versuch es doch erst einmal, bevor du es ablehnst. Vielleicht würde es nicht schaden.”

      „Und vielleicht bin ich, wenn ich das mache, auch ein hoffnungsloser Fall für den nächsten Seelenklempner.”

      „Du musst dringend lernen, dir selbst mehr zu vertrauen.” Er klang geduldig und immer noch leicht amüsiert.

      Sie zog es vor, darauf nichts weiter dazu zu sagen. Natürlich hatte er irgendwo Recht, trotzdem gefiel ihr die Vorstellung so wenig, dass sie sich mit Händen und Füßen dagegen wehrte. Sie dachte über das Gehörte nach.

      „Ramon?” Er gab ein Geräusch von sich, das klar machte, dass er noch wach war. „Was hast du da unten eigentlich gesehen?”

      „Du meinst unter deiner Scheune?” erkundigte er sich sicherheitshalber.

      „Natürlich.” Bisher war er ihr nicht begriffsstutzig vorgekommen, was nun dafür sorgte, dass sich ein ganz komisches Gefühl in ihrem Bauch breit machte.

      „Nun da unten war eine Art Raum, sehr niedrig.” Er zögerte bei diesen Worten.

      „Du weichst meiner Frage aus. Also raus damit, was außer der verdammten Truhe war da?” Etwas ungeduldig wartete sie.

      Er seufzte, antwortete aber schließlich doch. „Dort unten war eine Leiche.”

      Vanessa saß kerzengerade im Bett. Das pure Entsetzen hatte sie gepackt. „Du verarschst mich oder? Du weißt, dass das nicht witzig ist?” Ihre Stimme war lauter als nötig gewesen wäre und etwas unfreundlich. Eiseskälte kroch ihr über den Rücken.

      „Ich verarsche dich nicht, Vanessa. Ich würde niemals über so etwas einen Scherz machen! Ich wollte es dir nicht sagen, weil ich den Eindruck hatte, die Nachricht hätte dich ganz aus der Bahn geworfen, deshalb solltest du mir auch nicht folgen. Ich hätte es dir noch versucht beizubringen, damit du die Leiche entsorgen lassen könntest, aber dazu sind wir nicht gekommen und seither hatten wir genug andere Dinge im Kopf.”

      Ihre Gedanken rasten. Sie konnte es nicht glauben, sie hatte eine Leiche im Keller und das im wahrsten Sinne des Wortes. Er setzte sich auch auf und legte ihr eine Hand auf die Schulter, die Berührung ließ sie leicht zusammen zucken. Seine warme Hand auf ihrer Haut machte ihr schlagartig bewusst, wie entblößt sie war. Ramon zog seine Hand sofort wieder zurück, als Vanessa reflexartig ihre Decke um sich raffte. Er wartete ruhig ab, während sie mit dem Entsetzen kämpfte, das sich bei den Worten in ihr ausgebreitet hatte.

      Sie hatte eine Weile so dagesessen und versucht diese Neuigkeit zu verarbeiten, als er erneut seine Hand auf ihre Schulter legte. Es war nur eine leichte Berührung und sie wirkte zögerlich, fast so als wisse er auch nicht genau, was er nun tun sollte. Sie atmete ein paar Mal tief durch und versuchte sich zu fangen. Wenn dort unten eine Leiche war, stellten sich diverse Fragen: Woher kam die Leiche? Wer hatte sie dort hingeschafft? Und am Wichtigsten: Wer war der oder die Tote? Im Moment würde sie darauf wohl aber keine Antwort bekommen können, also sperrte sie die Fragen tief in sich ein. Dann wandte sie sich Ramon zu, der nur als schwarzer Umriss zu erkennen war. Auch er hatte sich aufgesetzt und sah in ihre Richtung.

      „Vielleicht wäre es gut, wenn du dich noch etwas hinlegst, die Sachen laufen dir nicht weg und die Probleme werden auch nachher noch da sein, da bin ich mir ganz sicher.”

      „Spezialist, was?”

      Er lachte und legte sich wieder hin. „Langjährige Erfahrung. Alles Mögliche läuft dir weg, Zeit, Chancen, nur Probleme bleiben hartnäckig bei dir.”

      „Wieso machst du dir eigentlich die Mühe? Es wäre doch sicher viel einfacher, ohne mich weiter zu reisen und meine Probleme nicht zu deinen zu machen.”

      Er schwieg einen Moment und dachte über ihre Worte nach. „Ich kann dich wohl kaum mit den Problemen allein lassen und ehrlich gesagt, genieße ich es, mal jemanden um mich herum zu haben. Es ist selten, dass ich mit irgendwem Kontakt habe und noch seltener mit jemandem, der über mich Bescheid weiß.”

      Sie wusste was er meinte, denn es ging ihr derzeit nicht viel anders. Sie hatte auch niemanden, der über sie Bescheid wusste und sie nicht merkwürdig behandelte oder sich zurückzog. „Du bist nicht die schlechteste Gesellschaft”, sagte sie vor allem, um überhaupt etwas zu sagen. Er lachte und es war ein durchaus angenehmer Laut.

      Dann kuschelte sie sich wieder in ihre Decke. Sie würde seinem Rat folgen und versuchen noch etwas schlafen. „Schlaf gut, Ramon. Lassen wir die Probleme bis morgen einfach warten, vielleicht verschwinden sie ja doch von ganz selbst?” Er stimmte ihr zu. Doch keiner von beiden glaubte wirklich daran. So etwas wäre zu schön um wahr zu sein.

      Es roch nach Kaffee. Der Raum war, dank des kleinen Spalts, den die Vorhänge nicht verschlossen, schon hell. Ramon war nicht zu sehen und so zögerte Vanessa auch nicht lange, schwang die Beine aus dem Bett und zog sich eilig an. Seine Klamotten waren fort, aber das Bett war noch nicht gemacht.

      Sie verließ das Zimmer und folgte dem Geruch nach frischen Kaffee in die Küche. Ramon stellte schon eine zweite Tasse auf den Tisch und wedelte grinsend mit einem Teebeutel. „Die Teeauswahl ist nicht so wahnsinnig groß, Kamille, oder Hüttentee, was darf es sein?” Im Hintergrund begann auch schon ein Wasserkocher zu rauschen.

      Ein kurzes Grinsen breitete sich auf Vanessas Gesicht aus, gefolgt von einem leichten Kopfschütteln, bevor sie sich für den