Das Geheimnis der Schatten. Viktoria Vulpini. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Viktoria Vulpini
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742791047
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schwere Vorhänge vor den Fenstern, die bis auf einen kleinen Spalt zugezogen waren.

      Das Bett war mit einer Tagesdecke abgedeckt, aber die Wäsche darunter war nicht bezogen. Einen Moment lang zögerte sie, dann warf sie einen Blick in den Kleiderschrank und wurde tatsächlich fündig. Abgepackt in Tüten lag dort saubere Bettwäsche. Sie nahm sie heraus und machte sich daran, das Bett zu beziehen, wohl wissend, dass Ramon sie die ganze Zeit beobachtete.

      „Du kannst gerne helfen, statt einfach nur Löcher in die Luft zu glotzen.”

      Er lachte, packte dann aber ohne zu widersprechen mit an und so war das Bett schnell frisch bezogen. So würde man leben können, auch wenn Vanessa die Vorstellung immer noch nicht sonderlich gefiel. Ramon hingegen ließ sich auf eine Seite fallen und streckte sich darauf aus.

      „Man könnte meinen, du fühlst dich hier pudelwohl.”

      „Tja, also… Was soll ich da sagen? Es ist trocken, es ist gemütlich und wir sind hier angekommen ohne Zwischenfälle, also wieso sollte ich nicht?”

      Sie schüttelte den Kopf, ersparte es sich aber, die für sie doch ziemlich offensichtlichen Punkte nun alle aufzuzählen.

      Sie ging noch einmal durch das dunkle Haus, es gab noch ein Badezimmer mit Dusche und Badewanne. Die Küche war gut ausgestattet, nur Essbares war, wie zu erwarten, nicht im Haus.

      Schließlich kehrte sie in das Schlafzimmer zurück, wo Ramon schon eingeschlafen war. Sie schüttelte grinsend den Kopf, der Kerl war ihr manchmal ein Rätsel. Wie konnte der jetzt nur schlafen?

      Sie setzte sich auf die andere Seite und dachte ein wenig über die Alternativen nach, doch die Couch versprach unruhige Schlafphasen und vor allem Rückenschmerzen. Sie fragte sich wieso jemand sich so eine Couch kaufte. Schließlich gab sie es genervt auf, ihre Gedanken drehten sich fröhlich mal wieder im Kreis, also zog sie ihre Hose und ihre Bluse aus und schlüpfte unter die Decke. Sie müsste morgen dringend neue Klamotten besorgen, dachte sie und blickte noch einmal zu ihrem Begleiter hinüber, der immer noch auf der Decke lag - in vollen Klamotten. Er sah ganz friedlich aus, wie er so schlief, kaum zu glauben, dass er gerade eben in ein Haus eingebrochen war, sich auf der Flucht befand und eigentlich auch noch ziemlich verletzt war.

      Erstaunlich, wie schnell er sich erholt hatte. Sie erinnerte sich noch sehr lebhaft an ihre erste Begegnung vor ja gerade einmal ein paar Tagen. Er war mehr tot, als lebendig gewesen. Hatte hohes Fieber gehabt und konnte sich kaum auf den Beinen halten.

      Sie war sich sicher, kein normaler Mensch wäre so schnell wieder so fit geworden, das war nahezu unmöglich, von der Seite aus betrachtet konnte er eigentlich nur die Wahrheit gesagt haben. Sie fragte sich, wieso sie immer noch zweifelte. Vielleicht, weil die Sache so verwirrend war, dass man sie nicht so einfach glauben konnte?

      Sie drehte sich um und blickte zur Wand. Es war sicher das Beste, wenn sie sich auch noch etwas ausruhte, wer wusste welche Überraschungen der nächste Tag mit sich bringen würde.

      „Sie dürfen es nicht finden”, wisperte eine leise Stimme.

      „Niemals dürfen sie es in die Hände bekommen”, wisperte eine andere.

      „Tod und Verderben, Verderben und Tod.” Das klang wieder nach der ersten Stimme.

      „Der Untergang, ein langer, qualvoller Tod im Feuer, dass vom Himmel regnet.” Dann folgte ein markerschütternder Schrei, gefolgt von einem weiteren, der aus ihrem eigenen Munde stammte.

      Sie fühlte sich an der Schulter gepackt und auf eine weiche Unterlage gedrückt. Eine Hand hatte sich über ihren Mund gelegt. Panisch riss Vanessa die Augen auf und begann sich zu wehren. Wild strampelte sie mit den Beinen und schlug mit den Händen um sich. Sie blinzelte und versuchte etwas zu erkennen. Die Welt um sie herum wirkte verzerrt und irgendwie falsch, die Töne hallten nach wie Echos und sie Begriff nicht was sie hörte. Über ihr war eine dunkle Gestalt, die sie festhielt. Der Raum war fremd. Wie kam sie hier her? Wer hatte geschrien? Wer hatte gesprochen? Wo war sie? Sie versuchte sich zu befreien, doch die Gestalt war stärker und hielt sie weiter fest.

      Es schien ihr, als würde sie aus großer Tiefe auf die Wasseroberfläche zutauchen, alles wurde realer und fassbarer, dabei wuchs ihre Furcht und ihre Desorientierung aber noch. Dann erkannte sie Ramon. Sie zwang sich, sich zu beruhigen und nicht mehr sinnlos um sich zu schlagen. Einen Moment noch hielt er sie fest, beobachtete sie und dann, ganz langsam, verringerte er sowohl den Druck auf ihre Schulter, als auch auf ihren Mund.

      „Alles okay, beruhige dich!” Seine Stimme klang ganz ruhig, dann spürte sie sanfte Finger auf ihrer Wange, die aber schnell wieder verschwanden. Diese kurze Berührung wischte auch noch die letzten Reste dieser seltsamen, verrückten Wahrnehmung bei Seite.

      „Was war das für ein Schrei?” Ihre Stimmer zitterte bei jedem Wort.

      „Du hast geschrien.”

      Sie schüttelte den Kopf. „Da waren zwei Stimmen. Männer und dann schrie einer von ihnen.”

      „Es war nur dein Schrei zu hören, du hast geträumt, Vanessa. Oder vielleicht war es auch deine Gabe.”

      Nachdem sie nun offensichtlich wieder ruhiger wurde, zog er sich etwas zurück. Erleichtert atmete sie auf, das wurde langsam zu einer wirklich lästigen Angewohnheit. Sie richtete sich auf, so dass sie saß und schaute sich in dem Zimmer um. Es war das Ferienhaus. Natürlich! Sie zog etwas verspätet ihre Decke ein wenig höher. Vielleicht war es keine so glorreiche Idee gewesen sich auszuziehen zum Schlafen, aber das konnte sie jetzt gerade nicht mehr ändern.

      „Hast du wirklich nichts gehört?” Er musste es doch gehört haben, die Stimmen waren laut und deutlich gewesen.

      „Nein, nur du hast plötzlich geschrien.”

      Ihrer Kehle entfuhr ein leises Stöhnen. Das wurde einfach nicht besser. Ganz und gar nicht. Im Gegenteil, es wurde schlimmer, vielleicht hatte sie einen Fehler gemacht, sie hätte sich nicht auf seine Experimente einlassen dürfen.

      „Alles okay, Nessi?”

      Sie zuckte die Schultern. Was sollte sie dazu auch sagen? Irgendwie schien ihr sowohl ja als auch nein falsch.

      Erst nach einer Ewigkeit antwortete sie: „Nein, es ist nicht okay!” Sie musste sich ziemlich beherrschen, um nicht einfach in Tränen auszubrechen. Wieder spürte sie, wie ihre Hand genommen wurde und er sie massierte. Die Berührung war ihr unangenehm. Allgemein kamen sie sich viel zu oft viel zu nah für Vanessas Geschmack. „Was tust du da?”

      „Gerade bei den geistigen Gaben, scheint es wahre Wunder zu wirken, den Betroffenen körperlichen Reizen auszusetzen. Ich kenne jemanden, der das immer bei sich selbst macht, wenn er wieder mit der aktiven Gabe zu tun hat, er holt sich so selbst wieder in die Realität zurück und wenn du mich fragst, scheint das auch zu funktionieren.”

      Mit der Antwort ließ sie sich Zeit, nickte dann aber schließlich. „Ja, es ist recht hilfreich.” Ihr war die Berührung nun doch unangenehm und so entzog sie ihm die Hand wieder. „Aber ich denke ich bin wieder ganz da”, fügte sie etwas unsicher hinzu.

      Obwohl sie es nicht sehen konnte, meinte sie doch, dass Ramon schon wieder breit grinste, doch er sagte nichts weiter dazu. Schweigend saßen sie einen Moment still da, dann sagte er: „Du hast von zwei Stimmen erzählt, was haben sie gesagt?”

      „Vielleicht habe ich nur geträumt.”

      „Ja, vielleicht. Vielleicht aber auch nicht.”

      Sie stöhnte auf, wie sie solche Aussagen hasste. Sie war sich unsicher, ob sie ihm wirklich davon erzählen sollte, aber eigentlich war es eh schon zu spät um es zu verschweigen. Sie zögerte und Ramon ließ ihr Zeit. Doch sie wusste, dass er wieder nachfragen würde. Schließlich seufzte sie noch einmal leise und berichtete dann was sie meinte gehört zu haben und aus ihrer Sicht eben passiert, war inklusive seines Überfalls auf sie.

      „Tut mir Leid. Du hast mich aus dem Schlaf gerissen und ich musste die Situation unter Kontrolle bringen. Ich wollte dir weder weh tun noch dich erschrecken.” Er meinte seine