Exlux. Arno von Rosen. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Arno von Rosen
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738004007
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dem kleinen Friedhof in Hubbelrath gewesen, der direkt an der Hauptsrasse am Ortseingang lag. Er ging schnellen Schrittes auf den Eingang zu, als in der Ferne wieder die Glocken anfingen zu läuten.

      Mit einem schnellen Blick auf seine Uhr, stellte er fest, dass es schon 11 Uhr war. Der Gottesdienst am Ostersonntag war jetzt bald beendet, und für eine kurze Zeit würden sich die Strassen wieder füllen, bis die Kirchgänger wieder in ihren behaglichen Behausungen angekommen waren, um mit ihren Familien gemeinsam zu feiern.

      Er hatte schon am Morgen seinen Sohn Philipp besucht, und das Geschenk seiner Exfrau übergeben. Am Abend wollte Birgit, mit ihrem neuen Mann, und seinem Sohn, für eine Woche zum Skifahren nach Reit im Winkl fahren. Danach würde Philipp ein paar Tage bei ihm verbringen.

      Der Kommissar war hier, im Oktober letzten Jahres, bei der Beerdigung von Karl Koenig gewesen. Er hatte die Mutter von Sarah so gut unterstützt wie er konnte. Trotzdem fühlte er sich immer noch schuldig, dass er damals nicht den Schützen aufgehalten hatte.

      Carola Koenig hatte darauf bestanden, bei der Zeremonie im familiären Kreis zu bleiben, was vielen Politikern, und langjährigen Geschäftspartner missfallen hatte. Er hatte dafür gesorgt, dass die Trauerfeier ohne Fotografen und Promiauflauf statt fand, indem er den Bereich von Polizeikräften abschirmen lies. Eine der letzten Amtshandlungen vom damaligen Polizeipräsidenten Manfred Stoll. Carola hatte ihm damals gesagt, dass sie lange genug ihren Mann mit der Öffentlichkeit geteilt hätte, und nun wenigstens bei der Beerdigung einen letzten Augenblick mit ihrem Mann alleine sein wollte. Das konnte Frank nachvollziehen.

      Er verlangsamte seine Schritte, die immer noch keine Spuren auf den gepflegten Wegen hinterließen, und suchte nach dem Grabstein der Familie Koenig, in einer der letzten Reihen auf der rechten Seite. Als er die Grabstätte erreichte, sah er, dass schon jemand an der Einfriedung stand, so wie er es gehofft hatte. Frank stellte sich dazu, steckte die Hände in die Manteltaschen, und schwieg. Die junge Frau mit engelsblondem Haar sah ihn kurz an, aber ihr Gesicht blieb unbewegt.

      „Wer hat es dir gesagt?“

      Der Kripobeamte kniff die Augen zusammen, als ob er dann die Möglichkeit hätte Gedanken lesen zu können.

      „Freddie war so freundlich.“

      Tatsächlich hatte er sich, mit dem Personenschützer der Familie Koenig, fast angefreundet, da er regelmäßig seine Besuche bei Carola gemacht hatte. Freddie hatte sich schwere Vorwürfe gemacht, dass er nicht da war, um die Familie zu beschützen. Auch Versuche, ihm die Schuldgefühle auszureden, halfen nichts. Der Bodyguard hatte lediglich geantwortet, „es

      spielt keine Rolle, ob ich frei hatte, Herr Kremer, es war meine Aufgabe da zu sein, wenn es brenzlig wird. Ich hätte wissen müssen, dass eine Gefahr auf meinen Boss zukommt. Das war mein Job. Meine Routine hat die Katastrophe ausgelöst, aber das wird nie wieder passieren.“

      Weitere Gespräche über diesen Tag hatten sie nicht geführt, aber Freddie war dankbar, dass er ab und zu vorbei kam, da die üblichen Freunde ausgeblieben waren, und sich auch keiner der ungebetenen Speichellecker, in die Nähe des Anwesens sehen lies.

      Frank sah zu Sarah hinüber. Keine Träne floss über ihr Gesicht, und ihr Blick war starr auf den Grabstein ihres Vaters gerichtet. Sie musste schon eine Weile hier stehen, da sich um ihre Füße schon ein leichter Schneerand gebildet hatte.

      „Die Meteorologen sagen, dass es das kälteste Osterfest ist, seit es Wetteraufzeichnungen in Deutschland gibt. Manche Experten glauben, dass es sich dabei schon um Auswirkungen des Klimawandels handeln könnte. Verrückt, nicht?“

      Die Blondine sah ihn nicht an.

      „Ich hätte nie gedacht, dass du soviel Fernsehen guckst. Es muss langweilig im Büro sein.“

      Frank hatte nur versucht, das eisige Schweigen zu brechen. Er hatte Sarah jetzt Monate nicht gesehen, solange sie in der Schweiz in der Reha war, um ihren rechten Arm wieder voll funktionsfähig zu machen. Er hatte eine viele Fragen an seine Partnerin, aber er entschied sich, erst einmal bei den Fakten zu bleiben. Sie standen eine Weile still, und betrachteten den Granitblock, in den der Name des Milliardärs mit goldenen Lettern eingraviert war, und er suchte nach einem erneuten Gesprächsbeginn, war sich aber nicht mehr sicher, ob Sarah mit ihm sprechen wollte.

      „Ich habe meinen Vater nicht wirklich gekannt, dass wird mir jetzt klar. Alles war nur eine Fassade für das Unternehmen. Seine Geschäftspartner wussten mehr über ihn, als ich. Wie konnte ich nur so naiv sein?“

      Frank war dankbar, dass sie den Anfang gemacht hatte, und er den Versuch unternehmen konnte, ihr zu helfen.

      „Ich glaube, dass dein Vater dich schützen wollte, zumindest in den letzten Jahren. Hätte er dem Killer nicht in die Beine getreten, wären wir sehr wahrscheinlich jetzt beide nicht mehr hier.“

      Sarah blickte ihrem Partner fest in die Augen, und nickte fast unmerklich mit dem Kopf.

      „Erzähl mir, was in den letzten Monaten geschehen ist. Fang bitte mit dem Krankenhaus an.“

      Frank hatte vor der Einlieferung von Sarah, in die Klinik, keine greifbare Erinnerung. Alles war verschwommen in seinem Gedächtnis, aber er hatte in den Wochen danach alles rekonstruiert, so gut er konnte, und soweit es seine Behörde zugelassen hatte.

      „Du hattest bei deiner Einlieferung in die Klinik fast die Hälfte deines Blutes verloren, und du warst fast sechs Minuten lang klinisch tot, aber das weißt du sicher schon.

      Dein Vater kam in dieselbe Klinik, und die Ärzte haben alles versucht, aber er hat sein Bewusstsein nicht wieder erlangt. Freddie und ich haben euch abwechselnd bewacht, bis dein Vater in der Nacht verstorben ist. Danach haben wir uns darum gekümmert, dass du so schnell wie möglich stabil wirst, um dich außer Landes zu bringen. Freddie hat deinen Flug in die Schweiz begleitet, und ich habe hier die Polizistin Maria K. sterben lassen.“

      Er machte eine Pause, damit Sarah die ersten Informationen verarbeiten konnte.

      „Warum hast du das getan Frank, und wie zur Hölle hast du das hinbekommen? Man kann doch nicht einfach jemanden verschwinden lassen!“

      Der Kriminologe überlegte kurz, und entschied sich dann, alles zu erzählen. Sie hatte ein Recht darauf, die Wahrheit zu erfahren.

      „Alles was ich dir jetzt erzähle, ist inoffiziell, und es wissen mit dir nur vier Personen davon.“ „Ich verstehe“, hauchte sie in die kalte Luft hinein.

      „Nachdem du transportfähig warst, bin ich bei deiner Mutter gewesen, die sich von deinem Vater verabschiedet hat, bevor die Ärzte die Maschinen abgestellt haben. Nach allem Anschein nach, ist er höchstwahrscheinlich vergiftet worden. Wir haben eine leere Spritze in seinem Büro gefunden, aber niemand im Labor konnte feststellen, um was für eine Art Gift es sich gehandelt hatte. Von der Flüssigkeit selbst, war auch nicht mehr genug vorhanden, für eine Untersuchung, und auch bei der Analyse der Blutproben deines Vaters konnte keine Substanz gefunden werden, die Organversagen und Hirntot auslöst. Der Pathologe steht noch vor einem Rätsel.

      Wie du weißt, ist dein Vater offiziell an Herzversagen gestorben, bei einem Überfall in seinem Haus. Dabei ist eine Polizistin erschossen worden, die auf eigene Faust in einem Fall ermittelt, und ihrerseits bei dem Schusswechsel den Einbrecher getötet hat. Ich war nicht im Dienst, sondern befand mich schon im Urlaub. Manfred Stoll hat mich gedeckt, allerdings nicht ganz freiwillig. Ich hatte ihm gedroht, seine Verbindung zu deinem Vater öffentlich zu machen. Einem Untersuchungsausschuss wollte er sich nicht stellen, der ihm zum Schluss die Pension gekostet hätte. Stoll hat sich sehr schnell entschieden, seinen Ruf zu retten, zumindest was davon übrig war, um anschließend aufgrund der fehlerhaften Untersuchung bei der „Soko Caravan“ zurückzutreten.

      Wie er das mit dem Ministerpräsidenten geregelt hat, wollte ich dann nicht mehr wissen. Nachdem die Story stand, wollte ich mich um den Killer kümmern, aber der war schon, durch einen Fehler in den Unterlagen, zur Einäscherung freigegeben. Angeblich eine Personenverwechslung. Sein Fahrzeug ist ebenfalls vom Polizeigelände verschwunden, ohne jede Spur. Da war Freddie mit dir schon auf dem Weg in die Schweiz, mit dem Privatjet deines Vaters.