Please stay with me. Lora Flynn. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Lora Flynn
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753140179
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nach dem Türknauf griff. Noch bevor ich darüber nachdenken konnte, was ich als nächstes sagte, hatten die Worte bereits meine Lippen verlassen.

      »Mom hätte niemals so mit mir gesprochen«, mit diesen Worten wandte ich mich eilig zum Gehen. Tränen brannten in meinen Augen und mein Puls raste. Ich riss die Tür des Arbeitszimmers auf und verließ fluchtartig den Raum, um seinen verletzten Gesichtsausdruck nicht ertragen zu müssen - denn ich wusste genau, dass meine letzten Worte ihn zutiefst trafen.

      Er hielt mich nicht zurück, was mich nur noch mehr darin bestätigte, wie sehr ich mit meiner Aussage ins Schwarze getroffen hatte - und fast bereute ich es sogar.

      Natürlich verstand ich Dads Beweggründe und es tat mir furchtbar leid, dass unser Gespräch in solch eine falsche Bahn geraten war. Ich konnte nachvollziehen, dass er sich große Sorgen um mich und meine Zukunft machte. Aber was ich nicht verstehen konnte, war die Tatsache, dass er mich nicht einmal angehört hatte, dass er nicht einmal versucht hatte, mich und meine Gefühle zu verstehen. Und das war es, was mich verletzte.

      Dies war wieder einmal einer dieser Momente, in welchen ich meine Mom schmerzlichst vermisste. Ich wünschte mir nichts sehnlicher, als dass sie noch hier wäre. Sie hätte genau gewusst, was zu tun war. Vor allem aber hätte sie mir zugehört und versucht, einen Weg zu finden. Sie war noch nie die Art Mensch gewesen, die andere vorschnell verurteilten. Sie war der genaue Gegenpol zu meinem Dad gewesen.

      Langsam aber sicher bahnten die Tränen sich nun einen Weg über meine Wangen und erschöpft ließ ich mich gegen die Wand neben Dads Arbeitszimmer sinken. Ich hatte das Gefühl, als würde mein Leben wieder völlig aus den Fugen geraten. Gerade als ich geglaubt hatte, dass es endlich besser werden würde, stellte sich mir das Schicksal erneut auf üble Weise in den Weg, als wäre mir das Glück nicht vergönnt.

      Meine Gedanken überschlugen sich, während ich aufgewühlt darüber nachdachte, wie es nun weitergehen sollte. Allerdings wusste ich auch ohne große Überlegungen, was als nächstes zu tun war. Denn egal, was mein Dad soeben gesagt oder womit er mir gedroht hatte, ich musste ganz dringend mit Logan reden...

      Lustlos spielte ich mit dem Bleistift in meiner Hand und starrte gedankenverloren auf das weiße Blatt vor mir. Nicht ein einziges Wort hatte ich zu Papier gebracht - und das, obwohl ich morgen einen Aufsatz mit mindestens tausend Wörtern abgeben musste, wie Poppy mir mitgeteilt hatte. Trotz der Tatsache, dass dieses Essay von Jane Austen handelte, herrschte in meinem Kopf völlige Leere.

      Ich seufzte und stützte mein Kinn auf der Hand ab.

      Natürlich wusste ich genau, woher diese fiese Schreibblockade in meinem Kopf herrührte. Nämlich von niemand Geringerem, als derjenige, für den ich diese Arbeit schrieb.

      Logan Black.

      Allein an seinen Namen zu denken, tat so furchtbar weh, dass mein Herz sich anfühlte, als könnte es wie Glas in tausend Splitter zerbrechen. Ohne es verhindern zu können, wanderte mein Blick in Richtung meines Handys, das vor mir auf dem Schreibtisch lag. Zum gefühlt hundertsten Mal an diesem Tag. Und obgleich mir klar war, dass der Bildschirm sicherlich keine neue Nachricht anzeigen würde, da ich vor genau einer Minute schon einmal drauf geschaut hatte, musste ich dennoch einen erneuten Blick wagen.

      Nichts.

      Wieder seufzte ich enttäuscht und donnerte den Bleistift auf den Schreibtisch zurück. Seit dem Vorfall im Krankenhaus letzte Woche, hatte ich nichts mehr von Logan gehört, was mich allerdings nicht weiter verwunderte, denn sicherlich war sein Gespräch mit meinem Dad ebenso unangenehm ausgefallen, wie meines.

      Resigniert ließ ich mich tiefer in den Stuhl sinken und dachte an den morgigen Tag. Endlich würde ich wieder die Schule besuchen können. Eigentlich hatte der Arzt mich die letzte Woche vor Weihnachten noch krankschreiben wollen, allerdings hatte ich mich vehement dagegen gesträubt. Ich wollte so schnell wie nur möglich wieder zu meinem Alltag zurückkehren. Denn die letzten paar Tage hatte ich damit verbracht, von einem Beratungsgespräch zum nächsten zu hetzen.

      Wie sich herausstellte, war Diabetes mellitus doch nicht solch eine harmlose Krankheit, wie ich zunächst angenommen hatte. Es nervte, mir sechs Mal am Tag eine Spritze in den Bauch jagen zu müssen, um meine Blutzuckerwerte zu stabilisieren. Einfach nur lästig.

      Wie aufs Stichwort ertönte ein Klopfen an meiner Zimmertür und einen Augenblick später streckte Dad den Kopf herein.

      »Wir müssen deinen Zucker messen«, hörte ich ihn sagen.

      »Ich weiß«, entgegnete ich frostig und vermied es dabei, ihm ins Gesicht zu blicken. Seit unserem Gespräch vor einigen Tagen herrschte Eiszeit zwischen uns. Unser Verhältnis war so sehr unterkühlt, dass wir nur das Nötigste miteinander sprachen, was sich meistens auf meine Krankheit begrenzte.

      Also ließ ich die Prozedur schweigend über mich ergehen, versuchte mir alles detailliert einzuprägen mit dem Ziel, bald so viel Übung darin zu haben, dass ich meinen Dad zur Verabreichung des Insulins nicht mehr brauchte. Mein Arzt hatte mir sogar von anderen Therapieformen erzählt, einer Insulinpumpe oder auch einem Insulinsensor, der am Körper angebracht wurde und den Insulinspiegel über den Tag hinweg von selbst regulierte. Allerdings waren diese Therapieformen, wie der Arzt mir mitgeteilt hatte, sehr kostenintensiv und für mich als Neuling auf diesem Gebiet noch nicht zu empfehlen. Ich sollte zuerst einmal lernen, mit dieser Krankheit zurecht zu kommen und das Spritzen mit einem Insulinpen verinnerlichen, ehe ich auf eine dieser Optionen zurückkommen konnte.

      »Okay, das war’s«, räumte Dad ein, nachdem ich mir das Insulin gespritzt hatte und den Pen wieder absetzte. Zum Glück waren die Nadeln so hauchdünn, dass man den Stich kaum spürte.

      Dad machte sich auch sogleich wieder auf den Weg zur Zimmertür. Im Augenwinkel erkannte ich, wie er kurz innehielt, als hätte er die Intention noch etwas sagen zu wollen. Einen Wimpernschlag später war er jedoch schon zur Tür hinaus verschwunden.

      Langsam hob ich das Gesicht und starrte auf die Stelle, an der er eben noch gestanden hatte. Auch wenn ich meinem Dad derart distanziert begegnete, so belastete mich diese Funkstille doch. Auf gewisse Art und Weise verstand ich meinen Dad ja sogar. Ich konnte seine Ängste und Befürchtungen bezüglich Logan vollkommen nachvollziehen. Wer wollte schon, dass die Tochter eine heimliche Beziehung zu ihrem Lehrer führte? Richtig, keine Eltern auf dieser Welt.

      Doch ungeachtet dieser Tatsache enttäuschte es mich, dass er mich nicht einmal angehört hatte. Er hatte ja nicht einmal wissen wollen, wie es überhaupt erst zu dieser Beziehung mit Logan gekommen war! Denn ich war mir absolut sicher, dass mein Dad es dann möglicherweise ein klein wenig besser hätte verstehen können. Aber es war nun einmal so, dass er nicht die ganze Geschichte und Umstände kannte, die Logan und mich zueinander geführt hatten. Und er gab mir nicht einmal die Chance, es ihm zu erklären.

      So lange mein Dad nicht bereit dazu war, sich offen und ehrlich und ohne jegliche Vorurteile mit mir darüber zu unterhalten, war ich ebenso wenig bereit, wieder normal mit ihm umzugehen. Denn ob es meinem Dad nun in den Kram passte oder nicht, Logan gehörte mittlerweile zu einem der wichtigsten Menschen in meinem Leben. Diese Erkenntnis war mit der Tatsache einhergegangen, dass ich ihn liebte.

      Ehrlich und aufrichtig.

      Während des Gesprächs mit meinem Dad war mir das bewusst geworden. Es war diese eine Liebe, über die man so oft in Liebesromanen las und die man im Kino ganz groß auf der Leinwand sah. Wie Shakespeares Romeo und Julia oder Jane Austens Mr Darcy und Elizabeth. Diese eine Liebe, für die man einfach keine Worte mehr fand. Eine Liebe zwischen zwei Menschen, die so groß war wie ein Ozean, sodass man sich nahezu wünschte, unwiderruflich darin zu ertrinken.

      Und ich war mir absolut sicher, dass Logan genauso fühlen musste. Weshalb sonst sollte er meinem Dad gestanden haben, in mich verliebt zu sein? Genau aus diesem Grund musste ich dringend mit Logan sprechen. Da er allerdings wieder einmal auf keinen meiner Kontaktversuche reagierte, hatte ich mir vorgenommen, ihn morgen in der Schule anzusprechen - entgegen der Drohung meines Dads.

      Die einzige Angst, die wie