Dich habe ich mir nicht gewünscht. Tara McKay. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Tara McKay
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753189543
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du nicht, dass du gestern im Pub diesen Nicholas Lyle getroffen hast? Er leitet die Bank. Vielleicht solltest du ihm einen Besuch abstatten und um ein Darlehen bitten.“

      „Nick?“ Ich bin nicht eben begeistert. Nick und ich haben uns gestern sehr gut verstanden, aber er trennt bekanntlich Privates und Geschäftliches penibel.

      „Du könntest ihm das Haus als Sicherheit anbieten.“

      „Das Cottage? Niemals!“

      „Nein, nicht das Cottage. Dieses Haus mit dem Restaurant und der Wohnung.“

      „Aber es ist dein Haus, Dad. Ich kann ihm unmöglich etwas anbieten, was mir nicht gehört.“

      Dad sieht mich an. Er sieht so aus, als würde er etwas aushecken. Diesen schelmischen Blick kenne ich bei ihm schon.

      „Ich schenke es dir. Dann kannst du damit machen, was du willst. Es war ohnehin das, was deine Mutter wollte. Vielleicht möchte dieser Mr. Lyle dir die Wohnung im ersten Stock auch abkaufen, zumindest hat er sein Interesse bei mir schon bekundet.“

      „Und was soll aus der armen Familie McIntyre werden?“, frage ich entsetzt. Plötzlich ist mir der Name wie von selbst wieder eingefallen. Eine sehr laute und kinderreiche Familie, wie ich mich erinnere. Dafür ist es ziemlich leise, fällt mir gerade auf, denn normalerweise trampelten uns die McIntyres immer auf dem Kopf herum.

      „Die jüngste Tochter ist im vergangenen Jahr nach Edinburgh gezogen und Muriel und George sind mitgegangen und haben sich eine Wohnung in einer Anlage für betreutes Wohnen gekauft“, informiert mich Dad, dann lacht er. „Du glaubst doch nicht, dass bei uns die Menschen nicht altern, nur weil die Zeit ein wenig langsamer zu laufen scheint, als anderswo?“

      Ups! Ja, auch in Sheemore verändern sich die Dinge und wenn ich es mir recht überlege, scheint es nur logisch, dass auch die kleine Zoe McIntyre, der letzte Spross und einer von zwei Nachzüglern, bereits Mitte Zwanzig sein müsste und Muriel und George das Rentenalter mittlerweile erreicht haben dürften.

      „Steht die Wohnung jetzt leer? Und warum hat Nick bei dir gefragt, ob er sie kaufen kann?“

      „Er wohnt darin“, sagt Dad wie selbstverständlich. „Ich werde gleich am Montag einen Notartermin in Kirkcaldy vereinbaren und dir das Haus überschreiben lassen. Was du letztendlich damit machst, ist deine Sache. Und jetzt fahre ich mit Nathan nach Hause, sehe, ob das Gewitterwölkchen über Emma sich bereits verzogen hat und dann gehe ich mit den Kindern zum Feenhügel. Die Sonne blitzt schließlich wieder hervor und nichts geht über einen kleinen Spaziergang.“

      Es ist eine sehr lange Ansage für einen wortkargen Mann wie meinen Dad. Ich muss erstmal die Information verdauen, dass Nick Lyle über meinem Restaurant wohnt.

      Meinem Restaurant! Noch sieht es aus wie Mums, aber sollte Nick mir tatsächlich ein Darlehen geben… Ich wage kaum davon zu träumen, als Dad mir den Schlüsselbund in die Hand drückt und sich mit Nathan trollt, während er ihm die Geschichten über den Feenhügel erzählt, die mir mein Großvater in dem Alter schon beibrachte.

      Und dann stürme ich plötzlich ohne groß nachzudenken in den Hausgang hinaus, nehme immer zwei Stufen der knarzenden Holztreppe ins Obergeschoss hinauf und finde mich unversehens vor der Wohnungstür wieder, auf der ein ordentliches Messingschild angebracht ist, auf der in schlichter Schrift ‚Lyle‘ eingraviert ist. Ich klingele, noch ehe ich mir darüber klar werden kann, was ich da gerade mache.

      Als Nick mir öffnet, sieht er nicht viel besser aus, als ich mich heute Morgen gefühlt habe. Ein wenig blass um die Nase, die sonst so strahlend blauen Augen wirken farbloser, als hätte ihnen jemand das Glitzern genommen. Vielleicht war es das letzte Glas Ale. Die Einzige, die heute gut drauf sein dürfte, ist Jo, denn die hat die meiste Zeit nur Mineralwasser getrunken, da sie am frühen Morgen schon wieder in der Backstube stehen muss.

      „Hi“, begrüßt mich Nick mit einem Stirnrunzeln, das mir sofort klar macht, wie seltsam es sein muss, dass ich einfach vor seiner Wohnungstür stehe. Irgendwie ist mir meine spontane Aktion jetzt doch peinlich.

      „Ich wollte mich nur als deine neue Vermieterin vorstellen“, sage ich, jetzt doch leicht verlegen.

      „Ach.“ Nick zerstrubbelt seinen blonden Haarschopf noch ein wenig mehr, steht in seinem Türrahmen und zupft sein weißes T-Shirt zurecht.

      „Es tut mir leid, ich hätte dich nicht einfach überfallen sollen. Es ist nur so, mein Vater hat mir eröffnet, dass er mir dieses Haus überschreibt und ich war so überwältigt…“

      Ich stocke, lecke mir über die Lippen und unterdrücke den Drang umzudrehen und davonzulaufen. Das käme nämlich garantiert noch blöder.

      „Schon gut“, bringt er schließlich doch noch mehr als ein Wort heraus, öffnet die Wohnungstür weiter und tritt einen Schritt zurück. „Komm doch herein.“

      Ich habe die Wohnung von innen schon seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen, wir waren auch bei den Vormietern nur selten, aber ich erinnere mich, dass es bei Muriel und George McIntyre ziemlich vollgestellt war und sie altmodische, muffige Teppiche mit Rosenmuster hatten und Tapeten in einem ähnlichen Stil.

      Jetzt ist es, als würde ich in eine Designerwohnung treten. Bewundernd bleibe ich in dem langgezogenen Flur stehen, von dem alle Zimmer abgehen. Der Boden ist mit einem geschmackvollen grauen Laminat ausgelegt, die Wände sind weiß gestrichen und lassen alles etwas größer wirken, als die erdrückenden Schnörkel und riesengroßen Rosen. Alles ist sehr minimalistisch möbliert, was ich gut finde. Ich mag es nicht, wenn es zu überladen ist. Das macht mich im Fairy Cottage schon ganz verrückt.

      „Schick“, sage ich und deute auf den Flur.

      „Nicht mein Verdienst“, antwortet Nick, dann geht er mir voraus ins Wohnzimmer. „Komm, ich zeige dir den Rest. Das ist es doch, was dich als neue Vermieterin interessiert.“

      „Eigentlich…“

      Ich beiße mir auf die Zunge. Es wäre schön blöd ihm zu erzählen, dass ich wegen eines Kredites da bin. An einem Samstag. In seiner Privatwohnung. Wo er gestern bei Jo noch betont hat, dass er Privates und Geschäftliches penibel trennt – mehrmals. Was mache ich hier eigentlich? Das frage ich mich ganz ehrlich.

      „Ja?“ Er bleibt im Wohnzimmer stehen und hebt fragend die Augenbrauen.

      „Eigentlich wollte ich nur vorbeischauen und dir sagen, wie nett ich den gestrigen Abend fand“, improvisiere ich ohne rot zu werden.

      Hat er an der Tür schon überrascht ausgesehen, als er mich sah, kann er das sogar noch steigern. Seine Stirn legt sich in Falten und ich muss zugeben, dass ich das bei Männern ziemlich attraktiv finde.

      Matteo ist der Meister der Dackelfalten, was jetzt nicht so toll klingt, wie es aussieht. Aber ich fand ihn dann immer zum Anbeißen. Stirnfalten geben Männern etwas Verletzliches und wirken trotzdem sehr männlich. Wenn ich nicht gerade eine Trennung hinter mir hätte, wäre Nick garantiert mein Beuteschema.

      „Ich fand ihn auch nicht schlecht, auch wenn ich immer noch denke, dass deine Freundin Jo mich nicht leiden kann.“

      „Jo ist ziemlich direkt, aber ein herzensguter Mensch.“

      „Das bezweifle ich nicht, allerdings schließt ihre Herzensgüte mich nicht ein.“

      „Dafür hat es doch ganz gut mit unserem Quizteam geklappt.“

      „Wir sind Dritte geworden, das ist nicht allzu schlecht“, gibt er zu, dann deutet er auf eine weiße Couchgarnitur, die so makellos strahlt, dass ich mir nicht mal vorstellen möchte, was mit ihr passieren würde, wenn Nathan in ihre Nähe käme. „Möchtest du dich nicht setzen?“

      „Oh, nein“, sage ich abwehrend und komme mir noch ein bisschen blöder vor, weil ich einfach bei ihm geklingelt habe.

      „Du siehst munterer aus, als ich gedacht hätte.“ Nick grinst schief. „Ich fühle mich, als wäre ein Lastwagen über mich gebrettert.“

      „Oh,