Mo Morris und die Anti-CO2-Maschine. Benedict Dana. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Benedict Dana
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753190730
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um die Erde über Jahrzehnte, ja über Jahrhunderte gründlich wieder aufzuforsten. So formuliert Ronan Donovan das geistige und praktische Erbe, das er an die Welt weiter geben will.

      Alles, was Ziel unserer Forschung war, haben wir mittlerweile fast erreicht. Unsere Pilotanlage auf Gamma 2 konnte der Atmosphäre innerhalb der letzten 6 Monate annähernd 13 Tonnen CO2 entziehen, was ungefähr der CO2-Speicherfähigkeit von einem Hektar durchschnittlichen europäischen Waldes innerhalb eines Jahres entspricht. Dabei gelang es uns, die entstehende Energie in Form eines elementaren Kohlenstoffs zu gewinnen und durch eine Kohlenstoff-Brennstoffzelle in elektrische Energie umzuwandeln. Das bei der Verbrennung entstehende CO2 liegt natürlich ganz erheblich unter der Menge, die zuvor gebunden worden war.“

      „Das hört sich so an, als wäre Ihnen tatsächlich eine bahnbrechende und Welt verändernde Erfindung gelungen!“, zeigte sich Mo aufrichtig beeindruckt. „Ist das alles bereits so ausgereift, um in näherer Zukunft größere Anlagen bauen und in Betrieb nehmen zu können?“

      „Im Grunde schon. Unsere Testreihen befanden sich im Endstadium und die Anmeldung des Patents war bereits in greifbare Nähe gerückt. Sobald wir das Patent in der Tasche haben, werden wir erheblich leichter einen Geldgeber finden, der bereit ist, sein Kapital in den Bau einer ersten, großen Künstliche-Fotosynthese-Anlage zu investieren. Es existieren bereits Pläne, sie an der Küste Norwegens zu bauen. Sie wissen ja, die Norweger sind in der Anwendung und Entwicklung von innovativen Energiegewinnungs- und Umwelttechnologien anderen europäischen Ländern oft einen Schritt voraus.“

      Joshua hielt inne, weil er Stimmen und Schritte an Deck hörte, die von der wiederkehrenden Mannschaft stammten. Mary nahm die Unterbrechung zum Anlass, um schnell einzuwerfen:

      „Diejenigen, die Gamma 2 kaperten, passten dafür offenbar den Zeitpunkt genau ab. Es sieht so aus, als wären sie über den Stand der Entwicklung genau im Bild gewesen. Sie brauchten sich nur noch die fertig gebaute Erfindung in die Tasche zu stecken. Wieso behaupten eigentlich so viele, Gamma 2 wäre versenkt worden? Es ist doch erheblich wahrscheinlicher, dass man die Plattform gestohlen hat.“

      „Beides ist wahr, Esther. Die Plattform wurde sicher versenkt, weil sie zu groß war, um sie verschwinden zu lassen. Schließlich wurde sie in den Tagen und Wochen nach dem Diebstahl weder auf See noch an einer Küste gesichtet. Das technische Herz der Anlage wurde wahrscheinlich zuvor ausgebaut und an Bord irgendeines Schiffes geschafft.

      Und nun entschuldigen Sie mich bitte. Ich muss an Deck und die Mannschaft instruieren. Sobald alle zurückgekehrt sind, stechen wir in See.“

      Als Joshua daraufhin bereits seinen großen, kräftigen Körper durch die schmale Kajütentür zwängen wollte, hielt Mo ihn noch für einen Moment zurück.

      „Sie müssten doch momentan mit Hochdruck daran arbeiten, das Patent so schnell wie möglich anzumelden. Es ist ja jetzt so etwas wie ein Wettlauf darum mit den Dieben von Gamma 2 entstanden, nicht wahr?“

      „Natürlich, ja. Zwar würden sich diejenigen verraten, die in nächster Zeit unsere Erfindung anmelden, aber ein Diebstahl wäre schwer nachzuweisen, wenn die Erfindung über anonyme Dritte erworben wurde. Leider sind wir gezwungen die Anlage schnell wieder aufzubauen, weil zur endgültigen Anmeldung des Patents noch einige Testreihen und Verfeinerungen nötig sind. Da unsere Werft Bloom & Blacksmith sobald keinen Ersatz für Gamma 2 liefern kann, haben wir diese Arbeit am Festland in einer Industriehalle in den Docklands von London begonnen, bis wir Platz auf einer der anderen Forschungsplattformen geschaffen haben. Es schreitet alles gut voran, aber es ist natürlich trotzdem unglaublich ärgerlich, kostspielig und nervenaufreibend für uns.

      Und nun wünsche ich Ihnen schon einmal eine angenehme Überfahrt. Seien Sie froh, dass ich das Schiff auf dem Rückweg führen werde. Mit Susan am Steuerrad würde es sehr ungemütlich werden. Sie ist ein richtiger kleiner Dämon zur See, der selbst einen alten Seebären wie mich mit Leichtigkeit in die Tasche stecken kann!“

      -

      Die kleine Segeljacht wurde während der Überfahrt von einem so starken Wellengang geschüttelt, dass Mo und Mary es vorzogen, bei Susan in der Kajüte zu bleiben und sie weiter über Aqua City zu befragen. Die erfahrene Seglerin stellte dabei eine aufreizende Ruhe zur Schau, obwohl immer wieder Bestandteile der Inneneinrichtung laut scheppernd zu Boden fielen und der Holzrumpf der betagten Segeljacht so heftig gegen die Wellen knallte, als ob er jederzeit zu zerbrechen drohte.

      Als sie kurz vor dem Erreichen des Zieles von einem Mitglied der Crew zu Joshua auf Deck gebeten wurden, folgten sie der Aufforderung nur widerwillig. Beim Öffnen der Abdeckung des Niedergangs klatschte ihnen ein Schwall kaltes Nordseewasser auf die Haare und als sie sich zu dem Kapitän in den engen, das Steuerrad überdachenden Decksaufbau zwängten, war ihre Kleidung schon halb durchnässt. Er machte wegen des jaulenden Winds keine großen Worte und deutete bloß nach vorne, wo sich mittlerweile in nicht viel mehr als einer Meile Entfernung die breite Silhouette ihres Zieles abzeichnete.

      Sie hatten den Grundriss von Aqua City in den USA genau studiert und wussten daher, dass der Durchmesser der bewohnten Hauptinsel 50 Meter und ihre Fläche somit knapp 2000 Quadratmeter betrug. Sie wurde von einem versetzt zueinander liegenden inneren und äußeren Kreis – dem so genannten „Beta- und Gamma-Ring“ - aus je 8 kleineren Forschungsinseln umgeben, die mit ihren 25 Metern Durchmessern genau einem Viertel der Grundfläche der Hauptinsel entsprachen. Einschließlich der stegartigen Verbindungen ergab sich daraus eine Gesamtspannweite von über 160 Metern, die in der horizontalen Perspektive auf See nicht weniger eindrucksvoll als in der Satellitenansicht wirkte.

      Sie näherten sich ihrem Ziel kreuzend gegen den Wind und bemerkten bald auf der Seeseite ein an großen Hochseebojen befestigtes, über 200 Meter langes Stahlgitter, das als Wellenbrecher für Aqua City diente. Die hohen Kunststoffkuppeln der kleineren Inseln mit ihren fünf Meter in den Himmel ragenden, der Ansaugung von Luft dienenden Schloten hoben sich deutlich gegen den Horizont ab, während von dem kreisrunden, dreistöckigen Aufbau der Hauptinsel aus dieser Distanz lediglich die Spitze des mit Solarpaneelen bedeckten Daches zu sehen war. An den Außenseiten der acht äußeren Inseln war jeweils ein Ausleger befestigt, an dessen Ende Windräder zur Stromgewinnung aufragten. Aus der Ferne wirkte die Anlage wie die Fantasiekulisse eines grandiosen Science-Fiction-Films; ihre ganze Gestalt schien ein bildhafter Ausdruck des Willens zu sein, die menschliche Zivilisation durch intelligente Technologie auf hoher See neu zu erfinden, nachdem sie an Land in eine bedrohliche Sackgasse geraten war.

      Als sie sich ihr schon sehr weit genähert hatten, drehten sie nach backbord ab, so dass sie bald das sich breit in die Küste schneidende Maul der Themsemündung in etwa 15 Meilen Entfernung direkt vor Augen hatten. Die Miss Mary Blue zog eine weite 180-Grad-Schleife und lief dann auf den landwärts zeigenden, zu dem kleinen Hafen von Aqua City führenden Einfahrtskanal zu, dessen Öffnung sich durch das Fehlen einer der verbindenden Stege zwischen den Modulen Beta 5 und Gamma 5 ergab. Der sichtbar über der Wasserlinie liegende Teil der Inseln, die im Beta- und Gamma-Ring lagen, hatte die exakte Form einer Halbkugel und entsprach in seiner Höhe dem Radius seines 25 Meter langen Grunddurchmessers. An jeder Insel zog sich eine breite Lichtöffnung in einem durchgehenden Streifen um die gesamte Kuppel und wurde durch schmale Edelstrahlstreben ästhetisch in wechselnde Dreiecksformen unterteilt; analog dazu wurde das weiße Kunststoffmaterial der Außenhülle überall durch kleine, plane, dreieckige Flächen optisch strukturiert. Was aus der Ferne zunächst Ähnlichkeit mit schwimmenden, pilzförmigen Zeltkuppeln gehabt hatte, wirkte aus der Nähe so raffiniert, erhaben und futuristisch, als hätte man bewusst eine Ähnlichkeit zu einem ultramodernen Forschungsmodul einer imaginären Raumfahrtmission hergestellt.

      Der Seegang hatte durch den großen Wellenbrecher nachgelassen, so dass sie bald mit langsamer Maschinenfahrt und gestrichenen Segeln den Hafen anlaufen konnten. Mo und Mary wurden von dem Anblick des dreistöckigen Aufbaus der Hauptinsel gefesselt, der mit seinen großflächigen Fenstern, seiner in verschiedenen Mustern variierenden Verkleidung aus Holz- und Edelstahllamellen und seinem kuppelförmigen, vollständig mit Solarpaneelen bedeckten Dach so durchdacht wie ein postmodernes Architekturexperiment wirkte. Alles, was sie bis hierher staunend in sich aufgenommen hatten, lief immer wieder auf eine absolut nahe liegende