Ziegel - Phantastische Kurzgeschichten. B. Hank Hoefellner. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: B. Hank Hoefellner
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754178713
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nicht, Madam!“

      „Was machen wir jetzt?“

      Sie reichte ihm das Foto.

      Das war er also.

      Der ominöse Tatort dieses im höchsten Maße ungehörigen Verbrechens. Er musste allerdings widerstrebend zugeben, dass der verschwundene Ziegel ein zutiefst ungewöhnliches Loch hinterlassen hatte.

      Der Stein schien tatsächlich nicht mit Gewalt aus der Mauer gestemmt, sondern einfach herausgeschoben worden zu sein. Als wäre er auf dem Mörtel – herausgeglitten.

      Was natürlich ungewöhnlich, aber nicht unvorstellbar war.

      „Was unternehmen Sie jetzt?“

      Er musste den Tatort in Augenschein nehmen.

      „Ich werde den Tatort in Augenschein nehmen müssen!“

      Er setzte sich seine Mütze auf, verließ die sichere Position hinter dem leicht erhöhten Tresen und bat Edna Bloom ihm zu folgen. Er bugsierte sich und Edna vorsichtig um den noch immer krakeelenden Junkie herum, touchierte dabei, nicht völlig unbeabsichtigt, die Brüste der Prostituierten und verließ forschen Schrittes die Wache.

      „Zu Fuß?“, fragte Miss Bloom.

      „Natürlich, Madam. Die Islington Road ist nur wenige Schritte entfernt. Ein Spaziergang wird mir guttun.“

      „Ihnen vielleicht. Aber wer denkt an mich?“

      PC Foster sicher nicht. Er hatte schon mehrere Schritte Vorsprung und wollte diesen nicht aus purer missverstandener Höflichkeit aufgeben.

      „Sie legen ein ganz schönes Tempo vor, Officer!“

      Das tat er.

      „Das tue ich tatsächlich, Madam. Zeit ist ungeheuer wichtig, um Erfolge in der Aufklärung von Verbrechen zu erzielen.“

      „Dann denken Sie, Sie finden ihn?“

      „Den Ziegel?“

      „Den Dieb natürlich! Der Ziegel ist mir doch egal.“

      Ach?

      Sie erreichten ohne Zwischenfälle und weitere absurde Dialoge, die Islington Road 63 b.

      PC Foster schritt langsam, den Notizblock in der Linken, einen Stift in der Rechten, die niedrige Gartenmauer ab, bis er auf das geometrisch exakte Loch stieß.

      „Sehen Sie.“

      Das tat er und vermerkte die Beobachtung in seinem Block.

      „Hier fehlt ein Stein.“

      „Ja.“

      „Und? Haben Sie jemanden im Verdacht?“

      „Jemanden der einen Ziegel stiehlt?“

      „Schließlich vermissen sie einen.“

      „Wie oft denn noch: Ich vermisse den Ziegel nicht.“

      „Aber?“

      „Ich will wissen, wie ich dieses Loch wieder zu bekomme.“

      „Nun, ich bin zwar nicht vom Fach, aber ich würde sagen: Mit einem Ziegel?“

      „Eben nicht, Officer!“

      Ach nein?

      „Ich glaube, ich verstehe nicht.“

      „Nun, würden Sie bitte einen Blick durch das Loch werfen?“

      Er tat, worum man ihn gebeten hatte. Er bückte sich und warf einen Blick durch die Öffnung in das Innere des Gartens.

      „Nun? Was sehen Sie?“

      „Einen beneidenswert schön blühenden Garten! Sind das Hortensien?“

      „Veilchen! Und genau das ist das Problem!“

      „Die Veilchen sind ein Problem?“

      „Der Garten, Officer! Der blühende Garten!“

      „Ihr blühender Garten ist das Problem?“

      „Würden Sie bitte über die Mauer blicken?“

      Auch dieser Bitte leistete er Folge.

      Ha!

      Etwas stimmte nicht.

      „Verstehen Sie jetzt, was ich meine?“

      Er begriff.

      „In Ihrem Garten blüht nichts.“

      „Das tut es in dieser Jahreszeit in ganz England nicht.“

      „Aber in Ihrem Loch blüht es.“

      „Worauf Sie einen lassen können!“

      „Ich muss doch sehr bitten!“

      „Worauf Sie einen lassen können, Officer!“

      „Wir haben hier also ein Loch, verursacht durch einen mysteriösen Ziegelklau, das uns augenscheinlich einen anderen Garten zu einer anderen Zeit oder einem anderen Ort zeigt?“

      „Sie haben meine gesamten Beobachtungen damit sehr gut zusammengefasst. Officer!“

      „Danke“

      „Was jetzt?“

      Das war eine gute Frage. Also tat er das, was gute Polizisten immer tun, wenn sie nicht weiter wissen. Er erteilte Anordnungen oder wartete auf welche.

      Da gerade keine an ihn weisungsbefugte Person anwesend war, setzte er einen Funkspruch nach Verstärkung ab und erteilte nun Anordnungen an die Zivilbevölkerung. In diesem Fall repräsentiert von Miss Edna Bloom.

      „Bitte gehen Sie weiter, es gibt hier nichts zu sehen.“

      „Was reden Sie denn da?“

      „Bitte verlassen Sie den ... Tatort umgehend, bis die KT und die SpuSi da sind!“

      „Wer?“

      „Die Fachleute von den Abteilungen der Kriminaltechnik und der Spurensicherung. Bis dahin muss eine weitere Kontamination des Tatortes unbedingt vermieden werden. Sie könnten die Angelegenheit für mich ungemein vereinfachen, wenn Sie zurück in ihr Heim gehen.“

      Derartig brüsk verscheucht, verabschiedete sich Miss Bloom und betrat umgehend ihr Haus, um sich bei Tee und Gebäck während eines Telefonats mit ihren Freundinnen über die schlechten Manieren der heutigen Polizei zu beschweren. Sie entschied, dass sie PC Foster weder Tee noch Kekse anbieten würde. Das hatte er nun davon!

      So entging ihr, was inzwischen auf der Straße geschah. PC Eugene Foster kontrollierte erneut die Öffnung. Er nahm ein Maßband und notierte die äußeren Abmessungen der Öffnung. Dann machte er Fotos aus verschiedenen Perspektiven, konnte aber die unterschiedlichen Gärten nicht auf ein gemeinsames Foto bannen. Schließlich hatte er die Idee, wie er den Garten jenseits der Öffnung untersuchen könnte. Vielleicht würde er anhand von Fotos Landmarken in diesem seltsamen Garten festhalten können, die eine Bestimmung der tatsächlichen, lokalisierbaren Lage des Gartens ermöglichten.

      Also stellte er seine Digitalkamera auf Selbstauslöser mit 3 Sekunden Verzögerung und Serienaufnahme. Dann ging er vor dem Loch auf die Knie und schob vorsichtig seinen rechten Arm mit der Kamera in die Öffnung. Das war in Anbetracht der niedrigen Lage des fehlenden Ziegels nicht ganz so einfach, so dass er sich fast auf den Boden legen musste, um seinen Arm ganz durch die Öffnung zu stecken.

      Er hörte, wie die Kamera anfing, Fotos im 3 Sekunden Takt zu schießen und versuchte so viele Blickwinkel wie möglich zu erfassen, indem er seinen Arm so weit als möglich verrenkte.

      Schließlich hörte die Kamera auf, Fotos zu machen. PC Foster atmete erleichtert auf, konnte er sich doch endlich aus der unbequemen Haltung befreien. Er wollte gerade seinen Arm herausziehen, als er bemerkte, dass jemand (oder etwas?) an seinem Arm zog. Erst sanft und vorsichtig und dann energisch und kräftig. PC Foster konnte nicht sagen, was oder wer ihn festhielt, er wusste