Ziegel - Phantastische Kurzgeschichten. B. Hank Hoefellner. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: B. Hank Hoefellner
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754178713
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aus.

      „Bitte?“

      „Ich sagte: Du Schwein!“

      „Ich hab dich schon verstanden, Angus. Ich dachte nur nicht, dass Du es wagen würdest, Dich zu wiederholen.“

      „Du widerliches kleines Schwein hast meine Tochter…“

      „Ich hab sie umgebracht, ja. So ist es nun mal. Ich kann nichts dafür und trotzdem“, McGrath erhob sich und machte einen Schritt auf Angus zu, „trotzdem bin ich bereit, Dich für den Verlust großzügig zu entschädigen.“

      Damit griff er in seine Westentasche und holte drei glänzende Silbermünzen daraus hervor, hielt sie Angus dicht vors Gesicht.

      „Ich habe lange über ihren Wert nachgedacht, aber, nun, ich denke, das sollte reichen.“

      Angus hob seinen Kopf und starrte McGrath direkt in die Augen. Er nahm die erste Münze, hielt sie ihm vors Gesicht. Sagte:

      „Die ist dafür, dass Du sie vergewaltigt hast.“

      Damit warf er sie, so weit er konnte, durch die Halle. Dann griff er die Zweite.

      „Die dafür, dass Du sie geschlagen hast.“

      Wieder flog die Münze und verschwand im Lärm der Fabrik. Die dritte Münze hielt Angus jetzt ganz dicht vor McGrath’ Augen:

      „Und diese, die ist dafür, dass Du sie getötet hast.“

      Angus’ zweite Hand packte McGrath’ Hinterkopf und hielt ihn fest wie ein Schraubstock, während die Andere die Münze in seinen Mund stopfte. McGrath zappelte und schrie.

      Das war ein Fehler. Denn kaum hatte er den Mund geöffnet, drückte Angus die Münze tiefer in seinen Schlund und presste ihm die Hand davor. Ein paar der Männer sahen, was geschah, und ließen an Ort und Stelle ihre Werkzeuge fallen.

      „Schluck sie runter, Du Sau. Los, schluck sie runter und erstick daran! Ich bring’ dich um!“

      McGrath fiel zu Boden und Angus war sofort über ihm. Er landete zwei, drei Treffer in seinem Gesicht, wurde dann aber von ein paar Arbeitern gepackt und von seinem Opfer gezerrt. Angus schrie. Spucke flog von seinen schaumigen Lippen. Er warf sich herum, versuchte sich, aus dem Griff der Arbeiter zu lösen, aber es war vergebens. Fünf kräftige Männer hielten ihn fest und Frank stand daneben und sah zu. Frank. Angus und er waren sich so nah, wie es Freunde in dieser Fabrik nur sein konnten. Und jetzt stand er einfach nur da. Und gaffte.

      Inzwischen hatte sich McGrath aufgerappelt. Er tupfte mit seinem staubigen Taschentuch Blut aus dem Gesicht. Ein Arbeiter schickte sich an, ihm den Staub aus den Kleidern zu klopfen, aber McGrath beförderte ihn mit einem Tritt zu Boden.

      „Verschwinde!“

      Der Arbeiter kroch, so schnell er konnte, außer Reichweite der Tritte seines Chefs. Dieser baute sich vor dem hilflos zappelnden Angus auf.

      „Das, Angus, war ein Fehler! Ich wollte die Angelegenheit gütlich bereinigen. Ihr alle seid Zeugen, wie er mich grundlos angegriffen hat!“

      Die Männer murmelten und nickten eifrig, als McGrath' Blick auf sie fiel.

      „Frank!“

      „Sir?“

      „In den Ofen mit ihm.“

      „Sir?“

      „Hast du was mit den Ohren? Ich sagte: In den Ofen mit ihm.“

      „Sir, ich kann ihn doch nicht…“

      McGrath packte Frank am Kragen, schob ihn quer durch die Halle bis zum Förderband und drückte ihn mit dem Gesicht so weit nach unten, bis die Ziegelformen knapp an ihm vorbeischrammten.

      „Du kannst nicht? Was kannst du nicht, Frank? Du kannst alles, was ich dir sage, klar? Wie ich das sehe, Frank, hast du zwei Möglichkeiten: Erstens, Du sorgst dafür, dass Angus im Ofen verschwindet, kassierst die Silbermünze, sobald sie aus meinem Arsch gekrochen kommt, oder aber du landest selbst im Ofen und irgendein anderer Scheißer hier, mit weniger Hemmungen kassiert die Münze und auch Deinen jämmerlichen Job. Also, wie lautet Deine Entscheidung?“

      McGrath ließ Frank los. Der stand zögerlich auf, sah McGrath ins Gesicht, dann zu Angus. Schließlich ging er zu Angus, der immer noch fest im Griff der Arbeiter war, sah ihm in die Augen und sagte:

      „Es tut mir leid, Kumpel, aber ich hab’ auch eine Familie.“

      Damit nickte er den Arbeitern zu. Frank packte mit an und sie zogen Angus, der sich heftig wehrte, zum immer noch laufenden Förderband.

      „Das könnt ihr nicht machen! Er ist das Schwein! Hört ihr? Er ist das Schwein! Er hat sie umgebracht, ohne mit der Wimper zu zucken!“

      Einer der Arbeiter band ihm ein Tuch vor den Mund und McGrath klatschte begeistert. Ein breites Grinsen erschien in seinem ramponierten Gesicht.

      „Das wird ja immer schöner! Weiter so, Jungens, weiter so!“

      Mittlerweile hatten die Arbeiter Angus vor das Förderband gezerrt. Frank zögerte, nur einen Moment, aber McGrath bemerkte es sofort.

      „Frank?“

      „Sir, ich denke, er hat genug ...“

      „Du sollst nicht denken, Frank, das bereitet dir nur Schmerzen.“

      „Sir, ich mein ja nur, dass Angus seine Lektion gelernt hat. Er ist ... er wird sich beruhigen, wenn er erst einmal eine Nacht darüber geschlafen hat!“

      Die Männer warteten und sahen abwechselnd zu Frank, Angus und McGrath. Dieser schien zu überlegen, dann:

      „Worauf wartet ihr noch? Rauf mit ihm. Ich will ihn brennen sehen!“

      Daraufhin packten je ein Mann Angus an Armen und Beinen. Frank, der ein paar Seile besorgt hatte, band diese um die Fuß- und Handgelenke. Dann warfen sie ihn auf das Band. Er landete mit dem Rücken auf den gefüllten Formen. Auf jeder Seite griffen Arbeiter nach den Seilen und fixierten so den noch immer zappelnden Angus, der sich nun liegend und in den Seilen windend der Öffnung des Brennofens näherte.

      McGrath hatte wieder Platz genommen.

      „Wusstest, du Angus, dass Ziegel bei ungefähr eintausend Grad Celsius gebrannt werden?“

      Es waren nur noch wenige Meter, die Angus’ Kopf von der Öffnung trennten. Die Hitze war hier bereits deutlich zu spüren. Das Fauchen der Flammen machte es ihm schwer noch etwas zu verstehen. Er schrie, so laut er konnte, riss mit aller Kraft an den Seilen, aber er hatte keine Chance. Es waren starke Männer und durch McGrath' Anwesenheit waren sie hoch motiviert.

      McGrath starrte mit weit aufgerissenen Augen und offenem Mund auf das Schauspiel, das sich im bot. Bei jedem Schrei von Angus antwortete er mit einem lauteren Schrei und heulte wie ein Wahnsinniger.

      Die Arbeiter, die die Seile mit den Armen hielten, gaben Seil unter Spannung nach und entfernten sich so Schritt für Schritt von der Glut des Ofens während Angus in seiner Position auf dem Förderband fixiert blieb. Kurz vor Erreichen der Öffnung fing Angus Haar Feuer. Erst stieg Rauch auf, die Haare kräuselten sich, nur um dann lichterloh in Flammen zu stehen. Trotz seines Knebels hörte man die Schreie. Angus warf sich in den gespannten Seilen, die seine Extremitäten fixierten, hin und her und es mussten weitere Arbeiter an die Seile um ihn an Ort und Stelle zu halten. Wieder klatschte McGrath vor Vergnügen und ging näher, um das Schauspiel besser sehen zu können. Der Kopf verschwand nun im Ofen, die Schultern folgen. Angus Leib zuckte noch ein paar Augenblicke, dann wurde jeder Muskel schlaff. Die Männer ließen schweigend die Seile los, welche mit dem Körper im Ofen verschwanden.

      Alle starrten auf die Öffnung des Brennofens. McGrath wirkte enttäuscht.

      „Frank?“

      „Sir?“

      „Hol die Leiche des Mädchens und lasst sie ebenfalls im Ofen verschwinden. Die Knochen mahlt ihr fein und backt sie dann in die nächsten Ziegel. Verstanden?“