Kein Himmel ohne dich. Kerstin Teschnigg. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Kerstin Teschnigg
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783752913699
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meine Augen. Warum konnte nicht einfach alles ein schlimmer Traum sein.

      „Ich nehme sie jetzt mit, sie kann auch zu Hause schlafen“, entgegnet Tyler in seiner zielstrebigen und bestimmenden Art.

      Ich stehe auf und tapse zum Flur, ich habe einen schrecklichen Kater und immer noch tut mir alles weh.

      „Ist schon gut Amy, ich bin wach“, lächle ich sie an.

      Sie nickt seufzend und geht in die Küche. Tyler sieht mich geschockt an.

      „Was willst du denn?“, frage ich ihn und verschränke meine Arme vor der Brust.

      Er kommt ein paar Schritte auf mich zu.

      „Mein Gott…Was ist denn passiert?“

      Er will mein Gesicht berühren, aber ich weiche sofort zurück. Ach ja... Die Verletzungen, das hätte ich fast vergessen.

      „Das ist nichts…“, stammle ich.

      „Was heißt nichts? Du hast doch überall blaue Flecken und dein Gesicht?“

      „Das geht dich nichts mehr an.“

      „Natürlich geht mich das etwas an! Erzählst du mir bitte was dir passiert ist?“

      Ich drehe mich um und gehe zurück ins Wohnzimmer. Ganz sicher werde ich ihm nicht erzählen was passiert ist. Keinesfalls. Nervös suche ich meine Sachen zusammen.

      „Holly!“ Er kommt mir hinterher und hält mich am Arm fest.

      „Gar nichts ist passiert, ich war besoffen und bin gestolpert!“, schreie ich ihn an. „Ich habe mich so richtig volllaufen lassen, weil du nichts Besseres zu tun hast als…“

      Ich kann es nicht aussprechen und sofort habe ich wieder das Bild von ihm und dieser blöden Blondine vor Augen. Tränen vor Wut und unendlicher Traurigkeit darüber bauen sich in mir auf. Er sieht mich zögerlich an, doch dann zieht er mich an meinem Arm in seine Arme und drückt mich so fest, dass es mir nicht möglich ist mich zu lösen, auch wenn ich das versuche. Ein paarmal schlage ich mit meinen Fäusten an seine Brust, doch er hält mich weiterhin fest. Ich will es nicht und trotzdem fühlt es sich gut an. Zwar schmerzlich gut, es ist als würde ich ihn lieben und hassen zugleich.

      „Nein…Nein…Nein…Das geht einfach nicht...“, weine ich in seine Brust.

      „Shhhh….Holly…Shhhh….Beruhige dich bitte“, murmelt er seine Lippen an meine Stirn gepresst.

      „Warum? Warum hast du das getan?“, weine ich unaufhörlich.

      „Ich verspreche dir, es ist aus, es war alles ein Scheißfehler, das musst du mir glauben. Du bist es doch, du bist die Frau die ich liebe...“, wiederholt er unzählige Male.

      Nach einiger Zeit kann ich mit dem Weinen aufhören. Er streicht immer noch beruhigend durch meine Haare.

      „Fahren wir jetzt nach Hause?“, fragt er kleinlaut.

      Ich nicke wortlos und löse mich von ihm. Dann gehe ich zu Amy in die Küche.

      „Und?“, fragt sie mich leise.

      Ich zucke mit den Schultern. „Keine Ahnung. Darf ich dir deine Sachen die nächsten Tage mal zurückbringen?“

      „Klar, das hat keine Eile. Ruf mich an.“

      Sie drückt mich zum Abschied fest und streicht liebevoll über meinen Rücken.

      „Danke für alles und dass du mich abgeholt hast…“

      Sie unterbricht mich und lächelt mich dabei an.

      „Schon gut. Lass die Tabletten Holly. Bitte“, flüstert sie, sodass es Tyler nicht hören kann.

      „Ich verspreche es dir“, flüstere ich ebenso leise und drücke ihr noch einen Kuss auf die Wange.

      Während der Autofahrt sprechen wir nicht. Ich will und kann nichts sagen. Mir ist fürchterlich kalt und ich bin immer noch müde. Meine Kopfschmerzen sind fast unerträglich und nur zu gerne würde ich eine Schmerztablette nehmen. Doch das darf ich nicht. Ich muss stark bleiben.

      „Soll ich uns etwas zu Essen machen?“, fragt mich Tyler und die schließt die Wohnungstür hinter uns.

      „Ich habe keinen Appetit.“

      Er nickt wortlos und bleibt vor mir stehen. Schnell wende ich mich von ihm ab, weil ich es nicht ertrage ihn anzusehen. Immer wieder muss ich an die Bilder von gestern Abend denken.

      „Ich geh Duschen“, sage ich schnell und verschwinde im Bad, wo ich eine gefühlte Ewigkeit am Rand der Badewanne sitze. Dann stehe ich mindestens ebenso lange unter Dusche. Schließlich trockne und glätte ich meine Haare noch. Mein Spiegelbild macht mich immer noch nicht zufrieden. Vielleicht sollte ich Tyler erzählen was vergangene Nacht war, aber wozu? Es ist alles schon schlimm genug und ich war nicht ich selbst. Ich war unter Drogen. Ich war wütend und enttäuscht. Ich bin es immer noch. Ein leises Klopfen an der Tür reißt mich aus meinen Gedanken.

      „Alles in Ordnung da drinnen?“ Tylers Stimme klingt müde und besorgt.

      „Ja, ich komme schon“, entgegne ich und ziehe meinen Bademantel etwas fester zu.

      Langsam öffne ich die Badezimmertür, er lehnt an der Wand gegenüber und sieht mich wortlos an. Es riecht gut. Er hat also doch etwas gekocht.

      „Kommst du dann in die Küche?“, fragt er kleinlaut.

      „Ich zieh mir nur schnell etwas an“, nicke ich und gehe an ihm vorbei ins Schlafzimmer.

      Während ich mich anziehe sehe ich auf unser Ehebett. Keine Ahnung ob ich hier neben ihm schlafen will und kann. Ich würde es gerne, aber innerlich lehnt sich irgendetwas beim Gedanken daran in mir auf. Seine Umarmung vorhin hat mir gut getan, oder auch nicht. Es ist für mich unvorstellbar jemals wieder intim mit ihm zu sein, vor allem nicht, wenn ich daran denke wie er es mit Carolin getan hat. Ich gehe in die Küche und bleibe vor dem hübsch gedeckten Tisch stehen, dass er sich so viele Mühe gibt macht die Sache noch schlimmer. Ich hasse es, wenn er mit solchen Gesten sein schlechtes Gewissen beruhigen will. Das macht er immer, nach jedem Streit und jetzt nach einem beschissenen Seitensprung. Ich setze mich hin ohne ihn anzusehen und nehme einen großen Schluck vom Wasser das schon dort steht.

      „Ich habe Nudeln gekocht, mit dem Pesto vom kleinen italienischen Laden den du so gerne magst.“

      Das sagt er so, als wäre es das Normalste auf der Welt. Ein Ehepaar das gemeinsam Nudeln mit Pesto isst. Es bringt mich augenblicklich innerlich zum Kochen, aber ich versuche ruhig zu bleiben.

      „Ich wollte doch nichts essen“, sage ich darum bockig.

      Er stellt mir den Teller vor die Nase und setzt sich neben mich.

      „Verlässt du mich jetzt?“, fragt er so leise, dass ich es kaum höre.

      „Wäre vermutlich das einzig Richtige“, meine ich ohne ihn anzusehen.

      Er schüttelt den Kopf und sagt nichts. Ich nehme die Gabel und steche eine Nudel auf, natürlich schmeckt es gut und ich habe auch Hunger, aber es fühlt sich wie eine Niederlage an.

      „Ich war so beschäftigt mit dem Spot und du so kraftlos und müde, ich weiß auch nicht wie es passiert ist…“, stammelt er nach den richtigen Worten suchend.

      Ich unterbreche ihn. „Ich kann dir sagen wie es passiert ist.“ Ich lege meine Gabel auf den Teller und lehne mich mit verschränkten Armen zurück. „Sie ist hübsch, blond und schlank. Sie hat dich angemacht, oder du sie. Auf jeden Fall hast du es mit ihr getrieben, und das nicht nur einmal, während ich nächtelang auf dich gewartet habe und mir überlegte wie ich es endlich schaffe wieder einmal Sex mit dir zu haben. Dann hast du dich neben mich gelegt, manchmal deine Arme um mich gelegt, aber auf jeden Fall dabei versucht mich nicht zu wecken, obwohl ich sowieso wach war. Jetzt verstehe ich auch warum.“

      Er schließt bei meinen Vorwürfen seine Augen und reibt sich die Stirn, dann sieht er mich an