Kein Himmel ohne dich. Kerstin Teschnigg. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Kerstin Teschnigg
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783752913699
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steht immer noch da. Jetzt muss ich schmunzeln. Es ist lange her und ich über meinen ersten Kuss mit einem Lord lange hinweg, auch wenn es vorhin eine eigenartige Situation war. Je näher ich dem Haus komme, desto besser riecht es. Der Duft aus der Küche zieht sich durch den Garten und ich kann das Knurren meines Magens nur noch schwer unterdrücken. Ich gehe durch den Hintereingang und auf dem Teppich im Vorraum zur Küche liegen zwei Hunde. Ich erschrecke mich kurz als sie aufspringen, das hatte ich komplett vergessen, natürlich gibt es hier auf einem Gut auch Jagdhunde. Etwas unsicher bleibe ich stehen als die Hunde auf mich zukommen und beginnen mich ab zu schnuppern. Einer ist ganz schwarz, der andere schwarz und braun. Sie sehen zwar freundlich aus, aber ich weiß, dass das für Fremde nicht immer gilt. Darum rufe ich vorsichtig nach Eliza und hoffe sie hört mich durch die geschlossene Küchentüre. Die Hunde sehen mich dabei schwanzwedelnd an.

      „Wenn ihr mir nichts tut, tue ich euch auch nichts…“, murmle ich sie nicht aus den Augen lassend, als sich die Küchentür öffnet und Eliza herausschaut.

      „Ach so die Hunde…Die habe ich ganz vergessen. Argon, Arek! Los auf euren Platz! Los, los, los!“

      Eliza scheucht die zwei in ihre Körbchen, was sie auch relativ brav befolgen, mich aber immer noch nicht aus den Augen lassen.

      „Die zwei sind freundlich aber passen auch gut auf“, erklärt sie mir. „Bist du ausgeschlafen? Komm mit in die Küche.“

      Ich folge ihr, es duftet herrlich. Im Ofen brät ein Stück Fleisch und auch am Herd stehen zahlreiche Töpfe mit bestimmt unglaublich leckerem Inhalt. Ich bin am Verhungern.

      „Kann ich dir helfen?“, frage ich während mir schon das Wasser im Mund zusammenläuft und ich hoffe, dass hier alles noch wie früher ist und auch das Personal mitisst.

      „Das Essen ist fast fertig, ich muss nur noch die vegane Nachspeise für Lady Kendra fertig machen, aber du kannst gerne den Tisch fürs Personal decken.“

      Vegane Nachspeise. Ich bin ehrlich gespannt diese Lady Kendra kennen zu lernen. Ich frage noch nach für wie viele Personen ich decken soll, dann starte ich auch gleich los. Gerade als ich Wasser in die Gläser gieße höre ich Peters Stimme. Es lässt sich nicht verhindern, dass ich etwas nervös werde. Er tritt in die Küche, ich drehe mich schnell wieder zum Tisch und tue sehr beschäftigt. Aus dem Augenwinkel sehe ich wie er seine Jacke ablegt und die Ärmel vom Hemd hochkrempelt.

      „Isst du nicht oben mit deinem Vater und Kendra?“, fragt ihn Eliza während er sich die Hände wäscht.

      „Meine Stiefel sind schmutzig und ich muss nachher auch gleich wieder raus“, erklärt er und sieht in einen der Töpfe.

      „Was? Deine Stiefel sind schmutzig? In meiner Küche?“ Eliza verdreht ernst die Augen. Auch wenn er hier der Lord ist, für sie ist er immer noch der Junge von früher wie es scheint, auch wenn er inzwischen fünf- oder sechsunddreißig Jahre alt ist. „Das wird deiner Schwägerin nicht gefallen. Du hast dich die Woche fast täglich vor dem Essen mit deinem Vater gedrückt.“

      Peter seufzt wortlos. Ein Mädchen in adrett dunkelblauem Kleid mit sauberem Dutt nimmt das Tablett mit der Suppe und verschwindet die Stiege hinauf. Sie sieht Peter nicht an, was mich überlegen lässt was wohl der Grund dafür ist. Respekt vor der Herrschaft oder verschmähte Liebe. In dem Moment betritt auch mein Onkel die Küche, es kommen auch noch der Bursche aus dem Stall und der Gärtner wie es scheint. Eliza weist alle an sich zu setzen, meine angebotene Hilfe lehnt sie ab, ich muss auch Platz nehmen. Ich bekomme noch Denisa vorgestellt, sie kommt ursprünglich auch Rumänien und kümmert sich um den Haushalt und hält alles in Schuss. Peter hat am Tischkopf Platz genommen, also selbst im Personalbereich ein bisschen Rangordnung. Ich versuche ihn weiterhin nicht anzusehen. Zum Glück unterhält er sich mit meinem Onkel über scheinbar wichtige Dinge am Gut. Doch plötzlich unterbricht er sein Gespräch und sieht zu mir.

      „Entschuldige bitte Holly. Du bist unser Gast, ich habe dich nicht vorgestellt.“

      „Ach das macht doch nichts…“, stammle ich verlegen.

      „Also, das ist Holly, die Nichte von James und Eliza. Sie macht ein bisschen Urlaub bei uns. Wenn sie etwas braucht wünsche ich, dass ihr euch ums sie kümmert. Sie ist unser Gast und ich möchte, dass sie auch so behandelt wird.“

      Ich versinke fast unterm Tisch und traue mich kaum rundherum zu schauen. Es ist nicht nötig mir eine Sonderbehandlung anzubieten, trotzdem will ich nicht unhöflich sein.

      „Danke, aber ich möchte niemandem zur Last fallen.“

      Ich sehe auf, aber alle lächeln mich an, selbst der Stallbursche.

      „Du bist keine Last“, meint Peter, was mein Onkel nickend erwidert.

      Mir ist es jedenfalls peinlich. Ich versuche mich den Rest des Essens leise zu verhalten und bin froh, dass alle bis auf Eliza nach dem Essen die Küche auch wieder verlassen. Nur das Mädchen mit dem Dutt schießt hin und wieder mit Geschirr in die Küche. Ich sehe ihr verwundert nach.

      „Das ist Amanda“, meint Eliza während ich ihr helfe die Spülmaschine einzuräumen. „Sie ist noch nicht so lange hier, aber sehr fleißig und gewissenhaft.“

      „Aha“, entgegne ich.

      „Alle Frauen in diesem Haus sind oder waren einmal in Peter verliebt, wenn du verstehst was ich meine. Er nimmt das allerdings nichts so ernst, was nicht immer gut ankommt.“

      Ich nicke und werde vermutlich schon wieder rot.

      „Wirklich alle?“, frage ich darum ablenkend nach und schmunzle sie an.

      „Ich nicht Holly, Peter und Tavis könnten meine Söhne sein und irgendwie sind sie das auch. Nachdem Lady Cassandra das Castle verlassen hat, brauchten die Jungs auch eine Frau, einen Mutterersatz, der war ich ziemlich oft. Zumeist wenn es um brenzlige Angelegenheiten ging von denen Lord Angus nichts erfahren durfte. Peter, man glaubt es kaum, hat sich oft bei mir ausgeweint. Er ist zwar lässig, aber im Inneren hat er einen weichen Kern.“

      Das kann ich mir gut vorstellen. Ich nicke. „Und Tavis?“, frage ich nach.

      „Der war schon immer still und verschlossen. An ihn kommt man nicht ran. Er ist meist höflich und bedacht aber auch kühl und unnahbar, ich glaube er hat sehr darunter gelitten, dass seine Mutter das Haus hier verlassen hat.“

      Ich bin wirklich gespannt ihn wiederzusehen. Mir fällt einfach nichts von früher zu ihm ein, vermutlich weil er eben genau so still und verschlossen ist, war er also schon früher.

      „Aber er hat ja seine Frau“, entgegne ich und reiche ihr den letzten Teller.

      Sie nickt und sagt nichts darauf.

      „Und Lady Cassandra, hört man von der noch etwas?“

      „Sie war vor gut einem Jahr einmal für ein paar Wochen hier. Ich bin mir nicht sicher, ob sie es nicht noch immer bereut das alles hier zurück gelassen zu haben. Glücklich scheint sie mir nicht und sie war sehr besorgt über den Gesundheitszustand ihres Ex Mannes.“ Eliza beugt sich zu mir und beginnt zu flüstern. „Wenn Lord Angus nicht so ein sturer Bock wäre, wäre sie immer noch hier. Ganz bestimmt. Leider haben seine Söhne diesen Sturkopf geerbt, muss wohl ein adeliges Gen sein.“ Sie schüttelt den Kopf.

      Diese ganzen spannenden Geschichten hier lassen mich meine eigenen Probleme vergessen. Das ist gut. Ich helfe meiner Tante noch den Kuchen der später zum Tee serviert wird vorzubereiten. Danach bin ich wieder so müde, dass ich falls ich mich nicht sofort hinlege, im Stehen einschlafe. Darum gehe ich zurück zum Haus und lege mich etwas hin. Kurz spiele ich mit dem Gedanken Tyler anzurufen, doch ich lasse es. Seine Stimme zu hören bringt mich bestimmt wieder durcheinander. Darum schließe ich meine Augen und beschließe mich etwas auszuruhen.

      Als ich sie wieder öffne, ist es schon kurz vor sechs. Den Tee habe ich also verpasst. Egal, den Kuchen auszulassen ist kein Fehler. Außerdem gibt es um sieben Dinner, wenn ich mich richtig erinnere. Zuvor beschließe ich noch ein bisschen frische Luft zu tanken. Warm eingepackt, denn es hängen dicke Wolken am Himmel und ich befürchte es wird bald regnen,