Karibien. Xaver Engelhard. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Xaver Engelhard
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754179611
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was du draufhast?”

      Rodney warf ihr einen bösen Blick zu und kehrte, ohne sie einer Antwort zu würdigen, in die Küche zurück.

      „Du wirst uns noch auf den elektrischen Stuhl bringen mit deinen Schweinereien“, raunte er Schmiss zu, der es sich mit einem Teller und zwei Scheiben Toast, auf dem braune, schwarz verkrustete Häufchen lagen, am Küchentisch bequem gemacht hatte.

      Schmiss stellte Messer und Gabel auf und blickte begriffsstutzig zu seinem Boss hoch.

      „Tierquälerei!“, erläuterte dieser. „Das ist das Schlimmste, was es gibt”.

      „Aber das sin’ nur Fische! Schmecken nich’ mal besonders gut. Willste mal probieren?”

      Rodney schüttelte unwillig den Kopf.

      „Wir haben jedenfalls definitiv ein Problem. Sie hat uns gesehen. Und sie kennt deinen Namen.”

      „Sie kennt meinen Namen?”

      Rodney nickte kurz.

      „Sie ist raffiniert.”

      „Willst du sie etwa ...” Schmiss machte große, erschrockene Augen und fuhr sich mit dem fettigen Messer über den Hals.

      „Ich weiß nicht.“ Rodney stöhnte gereizt. „Keine Ahnung, was wir tun sollen!”

      Schmiss schaute ihn noch eine Weile an und runzelte dabei die Stirn, denn er wusste, dies tat man angesichts von Problemen. Als dies zu keiner Lösung führte, wandte er sich wieder seinem Toast zu, sägte ein großes Stück ab und schob es sich in den Mund. Rodney sah schweigend zu, wie sein Freund die Mahlzeit beendete.

      „Und du frisst die Dinger wirklich? Ich hätt’ gewettet, die Hälfte von denen is’ giftig, so wie die ausgesehen haben.”

      Schmiss und Rodney zuckten zusammen und blickten schuldbewusst zur Küchentür. Die Dicke trug jetzt einen türkisen Hosenanzug. Eine brennende Zigarette steckte zwischen ihren Lippen.

      „Wie wär ‘s mit ‘nem richtigen Frühstück?”

      „Jetzt?”

      „Klar! Der Geruch ist zwar widerlich, aber ich hab’ Hunger davon gekriegt.”

      Bevor Rodney etwas einwenden konnte, hatte Schmiss bereits akzeptiert.

      „Na, das is’ mir mal ‘n ganzer Kerl.” Sie betrachtete Schmiss anerkennend. „Dacht’ ich mir schon, dass diese Glitzerdinger bei dir nich’ lang’ vorhalten. Wir wär ‘s stattdessen mit ‘ner Runde Eier und Speck für alle?”

      Schmiss nickte freudig; und Rodney stimmte zögerlich mit ein, als er erkannte, dass seine Weigerung nichts ändern würde.

      „Na also! Wer sagt ‘s denn! Vielleicht wird aus deinem Kumpel ja doch noch was.” Sie blinzelte Schmiss zu und öffnete den turmhohen Kühlschrank, den Schmiss für den Abtransport bereits einen halben Meter weit nach vorne gerückt hatte. „Wie heißt ihr überhaupt?”

      Schmiss nannte ihr stolz seinen Namen. Rodney überlegte kurz, ob er sich einen Alias zulegen sollte, ahnte aber, dass dieser nicht lange Bestand haben würde und als Beweis mangelnden Vertrauens gegen ihn verwendet werden könnte, und blieb auch bei der Wahrheit.

      „Und ich bin Sylvie!” Sie hielt eine Schachtel Eier und eine Reihe in Plastikfolie eingeschweißter Speckscheiben in der Hand. „Nett, euch kennen zu lernen, Jungs!”

      „Ganz meinerseits!“ Schmiss strahlte zufrieden und griff nach dem Glas Milch, das er sich eingeschenkt hatte.

      Sylvie wischte die Pfanne, die Schmiss auf dem Herd hatte stehen lassen, mit einer Handvoll Küchenpapier sauber, legte sechs Streifen Speck hinein und starrte diese an, als wollte sie sie mittels telepathischer Energie braten. „Ich habe nachgedacht“, verkündete sie schließlich.

      Rodney und Schmiss, die es damit auch gerade versucht hatten, allerdings erfolglos, sahen interessiert zu ihr hinüber.

      „Ich kann hier nicht mehr bleiben. Außer ich ruf’ bei Officer Mitchell an, aber das würdet ihr ja sicher nicht wollen, oder?”

      Rodney und Schmiss schüttelten synchron die Köpfe.

      „Dacht’ ich ‘s mir doch! Aber keine Sorge! Ich hab’ ‘nen Plan.” Sylvie schaltete die Herdplatte ein und beobachtete, wie die Speckstreifen zu bruzzeln begannen. „Ich meine, ich kann meinem Vater schlecht erzählen, ich hätt’ geschlafen, während irgendwelche Wilden das Haus geplündert und die Fische frittiert haben“, stellte sie wie für sich fest. „Und dass ich weg war, glaubt er mir nie und nimmer. Dazu kennt er mich zu gut!” Sie griff nach den Eiern, schlug sie auf, ließ jeweils eines auf jeden Speckstreifen gleiten und betrachtete zufrieden, wie sich ihr Werk der Vollendung näherte. Sie bereitete die Kaffeemaschine vor, nahm drei Becher und stellte sie auf den Küchentisch. Sie holte drei Teller aus einem Oberschrank, tat auf jeden zwei Eier und zwei Speckstreifen und trug sie ebenfalls zum Küchentisch. „Und sag bloß nicht, diese Urwaldkreaturen waren dir lieber!“, warnte sie Schmiss mit spielerisch erhobenem Zeigefinger.

      Schmiss schüttelte den Kopf.

      „Die wa ‘n ‘n Fehler“, gestand er offen. „Kann ich noch ‘n bisschen Toast haben, um den fiesen Geschmack loszuwerden?”

      „Sollst du haben.“ Sylvie bestückte den Toaster, holte die Kaffeekanne und setzte sich zu den beiden Einbrechern. „Wie wär ‘s mit ‘nem richtigen Verbrechen, wenn ihr schon mal dabei seid?”

      Rodney ließ vor Schreck beinahe das Salz fallen.

      „Verbrechen?” Schmiss sah Sylvie verdutzt an.

      „Genau! Und ihr müsst dafür nicht mal was anstellen! Nur mich mitnehmen! Wozu ihr jetzt eh verpflichtet seid, nachdem ihr mich in so ‘ne schwierige Lage gebracht habt! Den Rest erledige ich.”

      Schmiss zuckte mit den Achseln und wandte sich wieder seinem Frühstück zu. Da von ihm offenbar nichts verlangt wurde, war ihm die Sache egal.

      „Was hast du vor?” Für Rodney stand bereits fest, dass er mit Sylvies Plan nichts zu tun haben wollte.

      Sie lächelte ihn überlegen an, schob sich aber erst noch ein großes Stück Speck in den Mund.

      „Ihr entführt mich“, murmelte sie mit vollem Mund und schenkte allen Kaffee ein. „Ganz einfach!” Sie schluckte runter und fuhr verständlicher fort: „Ich komm’ mit euch mit, versteck’ mich bei euch, schick’ meinem Vater ‘nen Brief und verlang’ Lösegeld. Vielleicht komm’ ich so doch noch zu meiner Kreuzfahrt.” Sie zwinkerte Rodney zu.

      „Und was, wenn er zur Polizei geht?”

      „Ja was wohl?”, fragte sie höhnisch zurück. „Wenn ‘s keine Täter gibt, kann man auch keine finden.”

      „Ich weiß nicht ...” Rodney nahm ein Stück Toast und zerkrümelte es über seinem Teller.

      „Du weißt nicht ... nun, das kann ich mir denken. Erstens scheint ihr beide mir eh ‘n bisschen unterbelichtet zu sein, zweitens ist euch völlig schnurz, in was für ‘ne beschissene Lage ihr mich gebracht habt.”

      Rodney warf Schmiss, der sich nicht vom Essen ablenken ließ, mit gebeugtem Kopf einen vorsichtigen Blick zu.

      „Was hältst du davon?”

      Schmiss wischte sich mit dem Handrücken über den Mund und zuckte mit den Schultern.

      „Von mir aus! Du hast in deinem Trailer ja eigentlich genug Platz.”

      „Nun, du wirst es nicht bereuen, Kleiner“, rief Sylvie erleichtert und knuffte Rodney gegen die Schulter. Dieser lächelte tapfer und fragte sich längst, wie er in das alles hineingeschlittert war.

      Sylvie

      „Und das ist es?” Sylvie sah sich im ersten Licht der Dämmerung ungläubig um und ließ die Reisetasche,