Fürstin des Lichts. Daniela Zörner. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Daniela Zörner
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750229327
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ehemals lebenslustige, talentierte Frau von gerade einmal 30 Jahren ihr Leben mit Vollgas gegen die Betonwand.

      „Ist euch klar, dass Elben bei mir herumturnen und ich so gut wie nie daheim bin? Wie um alles in der Welt stellt ihr euch das vor?“, wetterte ich nur noch halbsäuerlich.

      „Sarah wird dir für die Stille unendlich dankbar sein“, schmeichelten die Sternelben.

      Eine echt schwache Leistung.

      „Ist die Stalker-Verschnüraktion von Amelie und John glatt gelaufen?“

      „Ja. Aber du kannst Sarahs Zimmer erst heute früh räumen.“

      „Wenn ich das schon höre, ‚heute früh‘!“

      Mit nur mehr halb offenen Augen parkte ich den Wagen direkt vor meinem Hauseingang.

      Nachdem mein Gast irgendwie ins Bett verfrachtet war, flöteten sie: „Danke, Lilia!“

      „Ja, ja! Wie wäre es stattdessen mit einem netten Schlaflied für meine verbleibenden zwei Stunden?“

      Ihr sphärisches Schlaflied musste ultrakurz ausgefallen sein. Ein veritabler Albtraum nutzte seine Chance:

      Schwarze Monster umzingeln mich, ich kämpfe um mein Leben. Die Lichtenergie versiegt schneller, als ich sie zu töten vermag. Ein schattenhafter Mann erscheint wie aus dem Nichts, er wütet unter den brüllenden Dämonen. Als er mich hochhebt, wache ich auf.

      Merkwürdigerweise saß ich aufrecht im Bett, das Nachthemd klebte nass an meinem zitternden Körper. Fiese Stiche jagten durch mein Herz. Dass ich den Traumkampf mit wilden Schreien begleitet hatte, wusste ich in dem Moment nicht.

      Die aber hatten Elin alarmiert. „Geh schnell duschen, Lilia.“ Der angestrengte Versuch, ihren tief besorgten Blick zu verbergen, war zwecklos.

      Unter der dampfend heißen Brause fragte ich mich, ob der Traum nur Nonsens oder eine Vorahnung bedeutete. „Schattenhafter Mann, woran erinnert mich das? ‚Alexis redet nicht mit uns‘. Genau, der schottische Lord!“

      Nach dem Frühstück quetschte ich Leya aus, kaum dass die Elbe erschienen war.

      „Das haben die Sternschwestern gesagt?“

      „Wörtlich.“

      „Und jetzt soll ich mal nachforschen, was es mit dem Lord of Lightninghouse auf sich hat?“

      Ich bettelte mit klimpernden Wimpern.

      „Du sehnst dich nach deinesgleichen“, stellte sie fest.

      „Manchmal ja“, gab ich zu.

      „Kein Wunder“, kommentierte die Elbe, „aber an dein Wohlergehen verschwenden unsere Lichtschwestern keinen Gedanken.“

      Die frühmorgendliche Arbeitsliste für Katja endete mit einem kleinen Knaller: „Heute dürft ihr ohne mich schuften, habe anderweitige Aufgaben!!!“

      Danach rief ich Sarahs vier Koffer, die Amelie netterweise gepackt hatte, in die Gästewohnung. Sie schlief noch tief, mit einem Lächeln auf ihren Lippen. Möglicherweise erwies sich die Schauspielerin in nüchternem Zustand doch als genießbar.

      In der Tat tauchte zwei Stunden später ein schüchternes Gesicht um die Küchenecke auf.

      Frisch geduscht, in Jeans und Bluse, stieg ihr Sympathiewert um ein Scheibchen. „Hallo, ich habe leider deinen Namen vergessen.“

      „Ich bin Lilia. Komm, setz dich, dein Frühstück wartet.“

      „Ich weiß gar nicht, wie ich dir danken soll.“

      „Schon gut, jetzt wohnst du zunächst einmal bei mir.“

      Sie machte große Augen. „Einfach so?“

      „Ja, weil du da oben mächtige Fürsprecherinnen hast“, dachte ich angenervt, versicherte aber laut: „Kein Problem, fühl dich wie zuhause.“

      Ihrer Seele entströmte ein stinkender Fluss. Bühnenreife Intrigen, Missgunst unter Kollegen, hinterhältige Pseudo-Freunde und vor allem der Stalker trieben sie aus dem Leben.

      Ich beschloss, meine Widerspenstigkeit aufzugeben. „Sag deine Termine für die nächsten Tage ab. Die Story von dem versuchten Überfall und der Festnahme des Stalkers rast wie ein Lauffeuer durch die Stadt. Niemand wird dir Vorwürfe machen.“

      „Sie haben ihn erwischt?“

      „Allerdings, und er wird für Jahre hinter Gittern schmoren.“

      Tränen der Erleichterung flossen unter langen Wimpern hervor, dankbar drückte Sarah meine Hand.

      Zufällig trafen Leya und ich am frühen Abend erneut aufeinander. Sie wollte Elin zur allnächtlichen Jagd abholen.

      Süffisant bemerkte die Elbe: „Tja, wie es aussieht, gebärdet sich dein schottisches Gegenstück noch dickköpfiger als du.“

      Ich bekam Elefantenohren. „Und weiter?“

      Genüsslich erzählte Leya die Geschichte: „Alexis entstammt einer langen Mischlinie. Seit annähernd tausend Jahren wacht seine Familie in dem Land – oder sollte das tun. Deshalb halten sich dort keine Elben auf.“

      „Hat der es gut“, seufzte ich dazwischen.

      „Sei still. Jedenfalls ignoriert Mylord das Oberkommando unserer Sternschwestern. Er betrachtet sie als bloße Bittstellerinnen. Selbst an die Menschen in seinem Land verschwendet er längst keinen Gedanken mehr. Dahinter verbirgt sich ein tragisches Ereignis. Er verlor seine große Liebe. Das Leben seiner jungen Gattin auf dem Kindbett zu retten, war die einzige Bitte, die er jemals an die Sternelben richtete. Aber sie konnten der Menschenfrau selbstredend nicht helfen. Seitdem wüten Zorn und Verbitterung in seiner Seele, die Verbindung ist gekappt.“

      „Und seit wann läuft das so?“, wollte ich wissen.

      „Das Drama liegt rund 150 Jahre zurück.“

      Ich musste mich verhört haben! „Du meinst sicher 15 Jahre.“

      „Nein, Lilia, der Lord geht auf die 200 zu.“

      „Ab – ab – aber …“

      „Kleines, nicht nur in Elbenaugen bist du noch ein Baby.“ Mit diesem Hammer verduftete Leya.

      Endlich glitten ein paar Puzzleteile ineinander.

      Höchst zufrieden kümmerte ich mich um das Abendessen und lockte Sarah aus ihrer Gästehöhle, in die sie sich regelrecht verliebt hatte.

      Nach unserer gemeinsamen Mahlzeit bot sie sogar an, die Küche aufzuräumen. Energisch lotste ich meinen Gast stattdessen ins Wohnzimmer vor den Kamin. Auf gar keinen Fall durfte Sarah auch nur den Schimmer einer Ahnung von magischen Umtrieben à la Waschen, Putzen, Einkaufen bekommen. „Du kannst dir nehmen und im Haus tun, wonach dir der Kopf steht. Ab morgen früh werde ich ohnehin meistens unterwegs sein.“

      Sarah schlich sich binnen weniger Tage tief in mein Herz. Allen Ernstes bot sie mir eine beträchtliche Summe für meine Gastfreundschaft an. Schamlos lenkte ich solch seltene Großzügigkeit zu der ewig klammen Musikschule um.

      Schwieriger gestaltete sich die Aufgabe, ihr frischen Mut für die Außenwelt einzuflößen. Die Sternelben suchten für Sarah derweil einen Gefährten. Er sollte möglichst Geborgenheit, Sinn für die Schauspielerei und ein breites Rückgrat aufbieten.

      Mit viel Überredungskunst lockte ich die Schauspielerin auf höhere Anweisung nach gut einer Woche aus ihrem Kokon. Gemeinsam besuchten wir eine Lesung des Bestsellerautors Michael Wert im Haus der Kulturen. Hinterher folgte ein vielversprechend dreisamer Abend in der angesagten Bar des Maritim. Zum gelungenen Schluss strahlte Sarah