Fürstin des Lichts. Daniela Zörner. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Daniela Zörner
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750229327
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anschließenden, tiefnächtlichen Tankbesuch in Santa Christiana.

      „Nein, Lilia, du wirst zu einem dringenden Fall gerufen.“

      „Aber ihr seid ja überhaupt nicht durchtrieben.“

      Die Sternelben amüsierten sich prächtig, nur um im nächsten Augenblick reichlich widerwärtige Polizeiarbeit in meinem Kopf abzukippen.

      Kurz darauf schloss ich die Kirche ab und atmete tief die pralle Frühlingsluft ein. „Die erste laue Nacht des Jahres. Wie kann die irgendein Mensch mit Grausamkeiten verbringen?“

      Das menschliche Böse tobte sich im faden Kunstlicht eines muffigen Bürogebäudes im Wedding aus.

      Die bullige Vorarbeiterin, Marke ‚behaarte Zähne‘, der nächtlichen Putzkolonne drangsalierte ihre persönlichen Arbeitssklaven vorzugsweise mit einem abgebrochenen Besenstil. „Los, ihr Penner, das geht schneller! Und du da, geh verdammt noch mal sparsam mit dem Reiniger um. Oder glaubst du etwa, ich will hinterher noch Geld in den Eimer schmeißen?“ Wutschnaubend versetzte sie der Neuen einen Schlag auf den Arm.

      Meine herbei gerufenen Streifenkollegen beobachteten live an den Bildschirmen in der Pförtnerloge die widerwärtige Szene. Sie beschlagnahmten die Aufzeichnungen sämtlicher Überwachungskameras und stürmten los.

      Ich raste zum nächsten Brandherd, müde die Morgendämmerung herbeisehnend.

      Am folgenden Abend läutete der Herr Schriftsteller, treffsicher beladen mit Lilien für mich und Rosen für Sarah, pünktlichst zum Rendezvous.

      Den Wintergarten hatte ich zuvor liebevoll umgestaltet. Ein ovaler Tisch, wunderschön dekoriert, lud bei romantischem Kerzenschein, schweren Blütendüften und eiskaltem Champagner zu einer langen Nacht.

      So deplatziert ich mich fühlte und ungeduldig auf das Vibrieren meines Handys wartete, so gründlich ignorierten mich die zwei Turteltauben.

      Nach der Vorspeise genossen sie das opulente französische Dîner endlich ohne meine Wenigkeit. Sarah wünschte ich von Herzen alles Glück dieser Erde.

      Draußen verlief die Nacht, wen überraschte es noch, weit weniger harmonisch. Hinterher servierte die kurze Bettzeit den gnadenlosen Overkill:

      „Alexis, lass mich gehen“, flüstere ich mit letzter Kraft.

      „Bleib bei mir. Bitte, Lilia!“

      Schwärze. Licht. Schwärze. Licht. Schwärze.

      „Aus welch süßen Träumen tauchst du denn auf? Du bist ja kaum wach zu kriegen“, scherzte Leya frühmorgens.

      Benommen legte ich eine Hand auf mein stichelndes Herz und murmelte: „Gerade wollte ich unbedingt sterben.“

      Wortlos schloss die Elbe mich in ihre Arme, geschwind ihre Besorgnis verhüllend.

      Träume hin oder her, unerbittlich stand unser Training im Park an.

      Als ich die Haustür öffnete, erwartete uns davor eine dicke, dunkelgraue Nebelsuppe. Ohne hirnreiche Vorwarnung klebten meine nackten Füße auf den Flurfliesen fest.

      „Mach voran“, drängelte die Elbe hinter mir.

      Doch ich wich zurück, schlug die Tür zu und rang schwer atmend nach Luft. „Leya, hüte dich vor dem Nebel! Er richtet über Leben und Tod.“

      So verwirrt wie vergeblich schaute sie mir in die Augen.

      Oft ist in der klassischen Literatur von blinden Sehern zu lesen. Einem Sinnbild für wahre Erkenntnis mit den inneren, ewig wachsamen Augen.

      Verbissen befahlen wir schließlich die zähen Schwaden in die Höhe. Unsere Unterrichtsstunde geriet zu keinem Glanzstück, jede von uns kämpfte hauptsächlich mit ihren eigenen Gedanken.

      „Okay Leute, ab heute sind wir wieder vollzählig. Begrüßt bitte Raul in unserem Klub“, eröffnete Katja total erleichtert die morgendliche Teambesprechung.

      Das beifällige Tische klopfen fiel länger als üblich aus.

      „Genehmigst du uns mehr Urlaub?“, bohrte John nach.

      „Worauf du dich verlassen kannst. Leider erwartet uns vorher noch ein dicker Hammer.“ Katja blickte dramatisch in die Runde. „Ein Praktikant vom Bundeskriminalamt – für eine volle Woche.“

      Das Stöhnen und Maulen in der Runde nahm kein Ende.

      „Gleiches Prozedere wie bei unserem letzten Gast“, merkte sie an, womit die Stimmung leicht nach oben drehte.

      Zwar hatte ich leider die Schote wegen Sarah verpasst, kannte mittlerweile jedoch etliche Versionen über das Besuchsfiasko eines restlos verwirrten Kollegen aus dem Brandenburgischen.

      „Und wann beglückt uns dieser Praktikant?“, fragte Amelie.

      „Montag. Und nun zum Tagesbuffet à la Lilia.“ Mit dieser kuriosen Bezeichnung landete Katja einen echten Brüller.

      Übrigens war Raul ein alter Bekannter von Katja und zwei oder drei anderen des Teams. Dadurch erschien mein Crashkurs überflüssig. Dennoch beäugte er mich zwischendurch neugierig.

      Nach der Besprechung kürzte ich seine distanzierte Umkreisung ab. „Möchtest du Fragen loswerden?“

      „Theoretisch bin ich ja über dich im Bilde.“ Raul zögerte leicht verlegen. „Aber Katja wollte oder konnte nicht mit der Sprache herausrücken, warum und wie genau du anders bist.“

      „Ah, ein gründelnder Mensch, beste Voraussetzung.“ Laut gab ich zurück: „Dann lass uns zuerst eine kleine Spritztour unternehmen.“ Unbedacht erwartete ich ein lockeres Heimspiel, ähnlich dem bei Rachel.

      Seine Kollegen erfuhren niemals, was in Santa Christiana geschah.

      Bereits unterwegs hatte ich hartnäckig die Einstellung meines neuen Kollegen zu „übernatürlichen“ Phänomenen herausgekitzelt. Scheinbar gab er sich locker. Ziemlich dilettantisch, veranlassten mich weder Rauls angespannte Körpersignale noch sein ausströmendes Unbehagen zu angemessener Behutsamkeit. Stattdessen bekam Raul in Santa Christiana eine eiskalte Lichtdusche verpasst, die ihn in Ohnmacht fallen ließ. Die Sternelben brummten mir dafür einen Supertadel ins Denkorgan. Nebenbei verklickerten sie mir auch noch, dass es sich bei dem avisierten „Praktikanten“ für das Kommissariat in Wahrheit um einen gestandenen BKA-Mitarbeiter handeln würde. Er sollte gründliche Aufklärung über meine Machenschaften betreiben.

      „Der Praktikant will unseren ‚oberfaulen Hokuspokus‘ entlarven“, berichtete ich meiner Kommissariatsbossin mittags in der Kantine zwischen zwei Gabeln voll Salat.

      Das veränderte die Lage, wie Katja schnell einsah, erheblich. „Der hat es also auf dich abgesehen! Willst du untertauchen?“

      „Nö, den Spaß lasse ich mir nicht durch die Lappen gehen. Aber zieh deinen Kopf ein, das gibt einen heißen Tanz!“

      Ungläubig versetzte sie: „Donnerwetter, knackige Ansage.“

      „Tja.“

      So seltsam es erschien, Sarahs menschliche Nähe, gepaart mit dem lehrenden Elbenduo, transferierte mich bockigen, halbelbischen Teenager quasi über Nacht in eine forsche Rebellin. Mit elbischer Klarheit, doch menschlichem Begreifen durchleuchtete ich jetzt zumindest das irdische Treiben.

      Die unwahrscheinliche Gefahr aufkommender Langeweile bannte ein völlig anderes Kaliber von Gegenspieler.

      Der Dämonfürst begann, meine kurzen Nächte mit seiner speziellen, tintenfinsteren Note zu garnieren. Wobei er mich selbst, im menschlichen Sinn, ignorierte:

      „Ist das alles, was du gegen mich noch aufbieten kannst, Joerdis? Zwei elbische Weiber?“, verhöhnt das Monster meine fürstliche Zwillingsseele.

      Am