Fürstin des Lichts. Daniela Zörner. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Daniela Zörner
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750229327
Скачать книгу
die Tischplatte sacken. „Frauen sind echt anstrengend“, mokierte er sich.

      Soweit emotional abgekühlt, verringerte sich die Gefahr, gleich am ersten Tag bei Rachel blamabel aufzuschlagen. Den Rest musste der Kerl schon selbst managen.

      Hintendrein knöpfte ich mir Katja in ihrem Büro vor. Sie lebte zwar seit Kurzem vereint mit ihrem Liebsten Konny, vernachlässigte darüber aber uncool ihren Chefjob. Drastisch formuliert, folgte auf das stampfende Arbeitspferd eine außersphärische Schwebekür der Glückseligen.

      Katja saß verträumt hinter ihrem Schreibtisch. Eine Hand stand mitsamt Kaffeetasse reglos in der Luft.

      „Darf ich dich auf Wolke 7 kurz stören?“

      „Aber nicht so laut, bitte.“

      „Funkspruch von Lilia an die Chefermittlerin: SOS im Teambereich.“

      Erschreckt knallte sie ihre Tasse auf den Tisch. „Was jetzt?“

      „Genau, beam dich schleunigst hinunter in die Wirren des Alltags. Erstens: Wo bleibt der Ersatz für Axel?“

      „Der fängt erst morgen an, muss wohl wegen vergessener Übergabe nachsitzen.“

      „Zweitens, genehmige Jan und Thomas schnellstmöglich Urlaub.“

      „Stopp mal, das ist momentan wirklich total ausgeschlossen.“

      Mit dem Arm wedelte ich ihren Einwand weg. „Das Team muss ohnehin neu aufgeteilt werden, Rachel kommt zu mir und Amelie zu John.“

      „Du hast doch alles schön im Griff, also lass mich noch ein paar Minuten weiterträumen.“

      Mit ausgestrecktem Zeigefinger wild vor ihrer Nase herumfuchtelnd, polterte ich: „Das Team erhält übermorgen ungebetenen Besuch, genehmigt von ganz oben. Wir reden beim Abendessen darüber.“

      „Schei…!“

      „Erfasst!“

      Im Laufe der Monate wanderten die Erfolgsstories des Teams bis hinauf in die Politik. Begleitet von schmetternden Brusttönen, verbreiteten imaginäre Lorbeerkränze sowohl den Radius der Krönungsbalz, als auch den des Neidfunks. Böse Zungen unterstellten dem Berliner Innensenator geschönte Statistiken. Gewitztere Naturen versuchten Spione ins Kommissariat einzuschleusen. Die Sternelben warnten mich vor letzteren frühzeitig. Allein, mit dem versetzten Schock hoffte ich Katja wieder in die Spur eigener Denkvorgänge zu befördern. Denn ihre bequeme Abhängigkeit von mir barg immense Gefahren.

      Etliches wäre denkbar gewesen, nur nicht, dass Rachel mir gegenüber Schüchternheit an den Tag legte. Nach der morgendlichen Teambesprechung mit ihr allein im Sitzungsraum, beabsichtigte ich einen Crashkurs.

      „Rachel, welche Schlüsse hast du aus deinem Besuch bei uns im Dezember gezogen?“

      „Alles hier hängt an dir, sonst wäre an dem Team kaum etwas Besonderes. Aber was du bist, darauf fand ich keine Antwort.“

      „Hast du darüber spekuliert?“

      „Na ja, schon.“ Es war ihr peinlich zu sagen, vielleicht sei ich eine Hellseherin, zumal sie selbst dies für die falsche Lösung hielt. Rachel rang sich durch und schoss ihre Alternativlösung ab: „Also ehrlich, die Geschichten vom Racheengel klingen eher weniger menschlich.“

      „Ein Hoch auf kluge Köpfe!“ Laut verkündete ich: „Ausgezeichnet, dann werde ich dir mal meine Ahnengalerie zeigen.“

      Mit bis zum Pony hochgezogenen Augenbrauen folgte mir die junge Kommissarin stumm durch das Gebäude und auf den Parkplatz.

      Wir fuhren nach Santa Christiana, der lichtmagischen Kirche. Dort verhielt sich Rachel angesichts meiner phantastischen Geschichte beeindruckend tapfer. Gleichzeitig wurde mir bei dem Gedanken an Axels Nachfolger ganz anders. Der würde am nächsten Tag ahnungslos wie ein Neugeborenes seinen Dienst antreten.

      Doch vorerst verbrachten Rachel und ich den restlichen Tag mit Innendienst, so dass sie mich ausgiebig löchern konnte.

      „Darf Konny mitkommen?“, wollte Katja wissen, als wir abends im Kommissariat aufbrachen.

      „Nein, wir zwei Hübschen haben äußerst Wichtiges vor.“

      Sie zog einen Flunsch.

      „Deinen Süßen wird schon eine Pommesbude vor dem Hungertod bewahren“, frotzelte ich auf dem Weg zum Auto.

      „Bist du sauer auf mich?“

      Den Kopf schüttelnd stellte ich meiner Freundin eine Denkaufgabe. „Was würde geschehen, wenn ich, sagen wir mal, für eine Woche verschwände?“

      Ihre hin und her flitzenden Augen glichen denen eines gejagten Tieres, ihre Atmung beschleunigte sich. „Ich wäre aufgeschmissen!“

      Schweigend fuhren wir vor das Gartenhaus.

      In der Küche stocherte jede von uns lustlos in ihrer Gemüse-Lasagne herum.

      „Lil, du machst mir Angst.“

      „Angst taugt nie als Ratgeber und sie ist auch nicht Sinn der Übung. Katja, momentan stürzt eine Unmenge fieser Probleme auf uns zu, die ich allein weder bewältigen kann noch will.“

      Zerknirscht kippte sie ihren restlichen Wein herunter und streckte mir das Glas zur magischen Befüllung hin.

      Während wir uns beratschlagten, entfachte langsam ihr altes Feuer. „Kannst du mir verzeihen? Ich hatte die eMail mit der obskuren Besucherankündigung glatt ungelesen in den Papierkorb befördert.“

      „Klar. Aber was stellen wir mit dem Mann an?“

      „Ins Klo sperren? Die Morgenrunde vorverlegen? Schlafpulver in seinen Kaffee schütten?“

      Kurz bevor Katjas graue Zellen ihren Siedepunkt erreichten, stand der genial simple Schlachtplan. Der Mann würde ins magische Messer laufen. Wir nannten das kichernd zauberhafte Experimentalphysik.

      Später in der Nacht schleppte ich mich in die Kirche.

      „Mir wächst die Arbeit über den Kopf“, stellte ich nüchtern fest. „Mein menschliches Gehirn kapituliert langsam, aber sicher vor euren Anforderungen. Mörder und Verrückte laufen auch ohne Dämonenstänkerei genug herum. Das Fass ist unmöglich zu deckeln.“

      „Lilia, halte durch“, baten die himmlischen Gesangsschwestern.

      Zur Antwort schlief ich ein.

      Die Sternelben würden mich gnadenlos vor sich her jagen, bis ihr erstes Ziel erreicht war.

      „Guten Morgen und ein herzliches Willkommen an Bert“, eröffnete Katja am Dienstag die Morgenrunde.

      Lahmes Klopfen und einige skeptische Blicke in meine Richtung.

      „Thomas übernimmt bis zu seinem Urlaub deine Einarbeitung, Bert.“ Dabei wies ihr Arm auf den Genannten.

      Thomas verzog das Gesicht und verschränkte demonstrativ seine Arme vor der Brust.

      „Ausgerechnet Thomas?“, dachte ich kopfschüttelnd.

      Mittlerweile kam Katja auf unseren avisierten Besucher zu sprechen: „Noch ein wichtiger Hinweis an euch: Der Potsdamer Innenminister schickt uns für den morgigen Tag einen Überraschungsgast von den Brandenburger Kollegen. Alles läuft dann wie gehabt.“

      Erstaunte Kommentare tuschelten durch die Reihen.

      Jan fragte entgeistert: „Heißt das, der kriegt alles mit?“

      „Korrekt. Weiter mit der Aufgabenverteilung …“

      Neuling Bert verstand, wen wundert es, nur Bahnhof.

      Aber ich musste, nachdem frische Hinweise der Sternelben im Workpad lagerten, dringend zu Konny, Dezernat Wirtschaftskriminalität.