Renaissance 2.0. Christian Jesch. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Christian Jesch
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754127643
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Junge, sagen Sie?" Vecal schien nicht sonderlich überzeugt zu sein.

      "Ein besonderer Junge. Das werden Sie noch sehen", hoffte Jikav.

      "Nun, wenn er auch nicht das Rätsel lösen kann, sollte sich der Junge keine Vorwürfe machen. Wir sind schon seit Monaten dran. Unsere Ingenieure haben den Bauplan mit hunderten ähnlicher Blaupausen verglichen. Sie haben aufgrund der Kombination der verbauten Teile versucht herauszufinden, in welche Richtung die Technik gehen sollte und warum sie nicht funktioniert. Alles ohne auch nur einem Anflug von Erfolg oder Erklärung." Vecal schüttelte verzweifelt den Kopf.

      "Vielleicht ist der Plan auch nur ein Ablenkungsmanöver von Jachwey gewesen. Er hat Pumar diese Unterlage stehlen lassen, weil er wusste, dass die Konstruktion nicht funktioniert und keinen Sinn ergibt", sagte Siglas, der gerade mit Thevog den Raum betrat und wohl die letzten Worte des Kommandanten gehört hatte.

      "Das wäre dem Gottkaiser zuzutrauen", kommentierte Tandra, bevor sie sich dann an den Jungen wendete. Sie legte ihm den Arm um die Schultern und führte Thevog in den Nebenraum, wo noch alles so verblieben war, wie sie es hinterlassen hatten. Lediglich ein Platine war hinzugekommen. Das war der angefertigte Nachbau.

      "Du kannst dir alles anschauen, mein Junge", forderte Vecal ihn auf. "Und lass dir ruhig Zeit. Wie ich eben schon sagte, wir haben Monate darauf verbracht, die Lösung zu finden."

      "Ist das eigentlich alles, was durch Pumars Zusammenarbeit mit Ihnen herausgekommen ist?", fragte Jikav nach. "Ich meine, gibt es noch Aufzeichnungen aus der Zeit, als es hier war?"

      "Es?" Tandra sah Jikav erstaunt und fragend zugleich an.

      "Ja. Es. Wir können Pumar auch als MWD bezeichnen, wenn dir das lieber ist", konterte ihr Freund.

      "MWD?" Erneut war die junge Renegatin ratlos. "Was soll das denn bedeuten?"

      "Männlich, weiblich, diverses", erklärte er. "Wir wissen schließlich nicht, wer oder was Pumar ist."

      "Natürlich hatten wir noch einige andere Aufzeichnungen. Auch, wenn uns Pumar nicht in die Ergebnisse der Mission eingeweiht hat, so haben wir doch diverse Aufgabe erledigt."

      "Was waren das für Aufgaben?", fragte Siglas sichtlich interessiert.

      "Gehört der Renegat zu Ihnen?", erkundigte sich Kommandant Vecal bei Tandra und Jikav, bevor er die Frage beantwortete.

      "Sozusagen", erläuterte Jikav die Anwesenheit.

      "Sicher?", fragte Vecal noch einmal nach.

      "Ziemlich sicher", war die vage Antwort Tandras. Dies signalisierte dem Kommandanten, nicht alles zu sagen, was er zu berichten hatte.

      "Wir haben für Pumar Leute überprüft, deren Verbindungen zu anderen oder zu bestimmten Organisationen. Dann haben wir Pläne organisiert, die Pumar für die nächtlichen Einzelmissionen benötigte. Schließlich haben wir noch einige Personen befragt", endete der Kommandant.

      "Und wo sind diese Aufzeichnungen jetzt?", setzte Siglas nach.

      "Pumar hat sie vor dem Verschwinden abgeholt und wahrscheinlich mitgenommen."

      "Dann war der Abbruch der Mission geplant", vermutete Tandra.

      "Sieht so aus."

      "Haben Sie eventuell noch Kopien in Ihrem System? Ich gehe doch mal davon aus, dass sie die Ergebnisse nicht mit der Hand niedergeschrieben haben", wollte Jikav jetzt wissen.

      "Pumar bestand darauf, dass es keine Unterlagen in den Computern gab. Es wäre zu leicht gewesen von Außen in das System einzudringen."

      "Richtig", erinnerte sich Jikav an seine Ausbildung zum Spezialagenten der Renegaten. Hinterlasse nie Spuren deiner Anwesenheit.

      "Sie sagten vorhin, Pumar hätte Pläne von Ihnen gewollt, für die nächtlichen Missionen. Was für Pläne waren das?" Der Kommandant antwortete nicht sofort. Stattdessen machte er eine leichte Kopfbewegung zu Siglas und zuckte dabei unmerklich mit der rechten Augenbraue in dieselbe Richtung. Tandra verstand nicht sofort. Aber nach zwei bis drei Sekunden begriff sie.

      "Baupläne", sagte der Kommandant wortkarg.

      "Welche Gebäude?", hakte Siglas nach.

      "Fabriken hauptsächlich", log Vecal.

      "Dann sollten wir uns diese ebenfalls mal ansehen", forderte er die Gruppe auf.

      "Einen Moment", bremste Tandra den Renegaten aus. "Submajor Jikav hat hier das Kommando über die Mission. Danach komme ich, als ehemalige rechte Hand von Pumar. Sie stehen ganz weit unten in der Befehlskette." Siglas schaute die junge Renegatin grimmig an. "Sie machen es sich gerade schwer, dass man Ihnen vertrauen möchte. Ich denke, Sie lassen uns jetzt besser allein. Und nehmen Sie ihre Abhöranlage gleich mit." Wutentbrannt rannte der Mann aus dem Raum.

      "Wo ist die Abhöranlage?" wollte Vecal aufgeregt wissen, nachdem Siglas verschwunden war.

      "Keine Ahnung. War nur so ein Bluff. Aber schauen Sie vielleicht trotzdem mal nach, ob Sie was finden können."

      "Was ist passiert?", fragte Dahos, als Siglas aus dem Stützpunkt stürmte. Der erklärte in kurzen Worten, was vorgefallen war, während er vor Wut schäumte.

      "Du bist vielleicht ein Idiot! Was mischst du dich auch ein? Wir haben ihnen gesagt, dass wir sie vor dem Kommandanten beschützen und über seine Aktionen gegen sie informieren werden. Wir sind deren Personenschutz. Was hast du eigentlich vor? Willst du auf eigenen Faust ermitteln?" Dahos schlug dem Mann mit der flachen Hand an den Hinterkopf, was dem überhaupt nicht gefiel.

      "Ich versuche doch nur zu helfen", verteidigte sich der. "Und du führst dich gefälligst nicht so auf, mir gegenüber. Ist das klar?"

      "Immerhin bin ich der ranghöchste von uns dreien. Schon vergessen? Abgesehen davon, was hat dir deine Hilfe gebracht? Sie haben dich rausgeworfen. Vermutlich vertrauen sie dir auch nicht mehr. Jetzt können wir beide…", dabei deutete sie auf Qari und sich, "…zusehen, das wieder hinzubiegen. Mit dir zusammenzuarbeiten gleicht einem Selbstmordkommando, weil du einfach nicht nachdenkst", ereiferte sich Dahos. Wütend und mit schlechtem Gewissen machte Siglas auf dem Absatz kehrt und verschwand die Straße herunter. "Ich wusste, dass es mit ihm Schwierigkeiten geben würde. Dass er aber schon am ersten Tag alles ruiniert, ist selbst für Siglas ein neuer Rekord. Wir müssen jetzt ganz besonders auf ihn Acht geben. Du weißt, wie er ist, wenn man ihn kritisiert." Qari nickt wissend und schaute dem Renegaten nach, der jetzt in der Menge zwischen den dreckigen Backsteinhäusern verschwand.

      "Also gut", begann Vecal, nachdem Siglas den Raum lange genug verlassen hatte und somit außer Hörweite sein musste. "In erster Linie wollte Pumar die Baupläne des Schlosses haben. Scheinbar für die nächtlichen Unternehmungen. Vermute ich jetzt mal."

      "Ich nehme mal nicht an, dass Pumar diese Pläne mit Ihnen besprochen hat", überlegte Jikav.

      "In gewisser Weise schon", wusste der Kommandant zu überraschen. "In den Bauplänen befinden sich natürlich nicht die Sicherheitskameras. Darüber hat sich Pumar von den Wachhabenden und der Schlosswache, alles Renegaten, informieren lassen."

      "Welche Bereiche waren von besonderem Interesse?", erkundigte sich Tandra.

      "Interessanterweise ein Bereich, im unteren Drittel des Schlosses liegt und scheinbar gar nicht genutzt wird."

      "Für das Areal hätte ich mich vermutlich auch als Erstes interessiert", kommentierte Jikav wissentlich. "In den meisten Fällen findet man in den ungenutzten Regionen mehr, als man erwartet hat."

      "Dann wollen sie auch dort hin?", fragte der Kommandant zögerlich.

      "Das wäre ein Anfang", bestätigte ihm Tandra seine Vermutung. "Warum verziehen Sie das Gesicht so, Vecal?"

      "Ich halte das nun mal für keine gute Idee. Ehrlich. Das Schloss wird besser bewacht als das Regierungsviertel in Ͼapitis. Selbst, wenn sie da reinkommen, befürchte ich, dass sie da nicht mehr herauskommen werden."

      "Sie sagten, die Renegaten stellen die Schlosswache", konterte Tandra.