Das veranlasste Murmels Teilhaber einzugreifen, denn mein Ex war mal wieder nicht anwesend. ´Kalle` legte die Wasserwaage auf, um das Spielgerät neu zu justieren. Anschließend wusch er den Kessel mit Alkohol aus, polierte den Stahl, aus dem das Spielgerät bestand, sorgfältig sauber. Machte drei Testwürfe, dann ging das Spiel weiter. Die >Macke< war weg.
Auch ich machte mal erst nur ein paar Testspiele mit wenig Jetons. Ich verlor. Mario war völlig im Spielrausch, aber pleite. Er lieh sich 200 Mark von mir, hatte das Glück, zwei Mal seine geliebte 17 zu treffen und kam schnell aus dem Verlust heraus. Ich verlor weiter, war schon wieder bei meinem eigenen Geld angelangt, als eine SMS kam. Sady fragte wie viel ich denn schon gewonnen habe. Ich antwortete mit der Gegenfrage, wann er Geburtstag habe, da ich nicht mehr wusste, welche Zahlen ich spielen sollte. Mein Gewinn war wieder verspielt und von meinem eigenen Geld nur noch ein kläglicher Rest von 80 Mark, in Jetons, übrig. Als seine Antwort kam, am 18. 8. 74, waren es nur noch 40. Also verteilte ich den Rest auf die 8 und die 18. Es gewann die 8. Nun ging es munter weiter, im Wechsel, 7-8, 17-18, immer wieder der gleiche Bereich. Eine neue >Macke< war deutlich sichtbar. Als der Kessel erneut neu eingestellt wurde, tauschten wir unsere Gewinne in Bargeld um. `Kalle´ knurrte was Unfreundliches bei Vorzählen der Geldscheine. Immerhin hatte ich 1200 und Mario 400 Mark gewonnen. Wir fuhren freudig gestimmt Richtung Heimat. Unterwegs schrieb ich meinem Glücksbringer die Erfolgsmeldung, er antwortete, dass ich ihm eine Videokamera dafür kaufen solle. Als ich Mario die SMS übersetzte, erklärte der mich für verrückt, wenn ich meinen Gewinn für Sady ausgäbe. Ich ignorierte seine Bemerkung, schließlich brauchte ich weder einen Vermögensberater noch einen Reservevater. Und grade Mario, der noch nie hatte mit Geld umgehen können, schon mal gar nicht.
Als mein Barkeeper für Mitte Mai vierzehn Tage Urlaub anmeldete, war ich ein wenig sauer, weil ich selbst über Pfingsten nach Hurghada wollte. Und diesmal auch für zwei Wochen. Mario hatte die rettende Idee. Er schlug vor, gemeinsam zu fahren und Helge als Vertretung einzusetzen, der werde das bestimmt gerne machen. Als früherer Stammgast, mit seinem Faible für käufliche Frauen, war er inzwischen ein gern gesehener Freund, der uns fast täglich besuchte. Dabei auch, so ganz nebenbei, für seine Neigung, reichlich Federn ließ. Als gelernter Steuerberater war er für fachliche Auskünfte, aber auch andere Gefälligkeiten immer ansprechbar. Mein Lokal liebte Helge über alles und als begeisterter Musikfreund freute er sich, wenn er am Wochenende schon mal als DJ einspringen durfte. So fand ich Marios Vorschlag nicht schlecht, obwohl ich insgeheim ein wenig daran zweifelte, dass das weibliche Personal Helges Autorität anerkennen würde. Schließlich war er bisher nur ein spendabler Freier für die Mädels. Aber für ein paar Tage würde das sicher möglich sein, außerdem wäre Rabea am Wochenende auch im Einsatz und an den Wochentagen zumindest greifbar.
Helge sagte begeistert zu. Dies wäre also geklärt. Rabea maulte, konnte sie doch nicht mit. Schule ging vor. Nachdem Mario seine Reise gebucht hatte, wunderte ich mich, wie er sich das erlauben könne. Er sagte, dass er bei seinen Freunden wohnen werde, deshalb nur Flug und Taschengeld bräuchte. Geld benötige er nicht viel, aber dringend Abstand von den nörgelnden Weibern. Das konnte ich gut verstehen.
So ging auch ich am nächsten Tag in die Stadt um meine Reise zu buchen, und bei der Gelegenheit nach einer Videokamera zu sehen. Auch ich brauchte lediglich das Flugticket. Der nette junge Mann im Reisebüro gab sich alle Mühe den günstigsten Preis zu erzielen. ´Ein bisschen zu warm, aber sehr zuvorkommend` dachte ich, und war mit dem Ergebnis seiner Bemühungen sehr zufrieden. Denn ich hatte die Bestätigung mit den Flugzeiten und sendete umgehend die Daten an meinen Lover. Von Sady kam als Antwort der Hinweis, dass er dann das Geld für die Anmietung der Wohnung benötige, ich müsse es bald mit Western Union Express senden. Wenn er was Schönes fände, müsse er gleich bezahlen. Also rannte ich schnellstens zu meiner Bank. Die Bankleute kannten sich nicht aus, es war nicht so einfach wie ich gedacht hatte. Es fand sich dann doch jemand, der den Weg kannte, und so überwies ich eintausend Mark, musste zusätzlich sehr hohe Gebühren zahlen und eine Codenummer per SMS an Sady schicken, damit er das Geld in Empfang nehmen konnte. Gut gelaunt ging ich noch in ein großes Fachgeschäft, sah mir die beachtliche Auswahl der Kameras an. Nach langer Überlegung und fachlicher Beratung, entschied ich mich dann für ein Modell, das in dem Preisrahmen meines Roulette Gewinnes lag. Inklusive Zubehör wie Filme und Tragetasche. Als ich Richtung Ausgang durch die Musikabteilung kam, die Stereoanlagen sah, fiel mir Sadys vorsintflutlicher Minirecorder ein. Die Preise der Getto - Bluster empfand ich als erstaunlich niedrig, also erstand ich auch noch ein solches Musikgerät, als kleine Sonderüberraschung für meinen Liebsten.
Ich war glücklich, freute mich auf die gemeinsame Wohnung, endlich mal mehr Zeit mit meinem Lover zusammen zu sein, nicht nur ein kurzes Stündchen in seinem Arbeitsraum. Neben ihm einzuschlafen und morgens neben ihm aufzuwachen. Oh Schreck, neben ihm aufwachen? So wie ich morgens aussah? Völlig zerrupft und zerknittert? Neben einem so jungen, schönen Bodybilder, der so viel Wert auf Äußerlichkeiten legte?
Als ich Rabea von meinen Befürchtungen erzählte, lachte sie mich aus. Meinte, vielleicht sei mein Sady auch keine Morgenschönheit. Außerdem könne sie meine plötzlichen Minderwertigkeits -Komplexe nicht verstehen, weil der Typ doch voll auf mich abfahre und ich schließlich eine attraktive Frau sei. Das ging runter wie Öl. Beschwichtigte meine selbstzweiflerischen Gedanken.
Am Abend sorgte Mario für geschäftlichen Aufschwung. Er brachte eine neue Mitarbeiterin, die hübsche blonde Sandra mit. Ein sehr erfreulicher Anblick. Sie hatte bis dato nur im Zimmerbetrieb gearbeitet, war also keine Tänzerin. Sie meinte, sie könne nicht besonders gut tanzen, war jedoch gewillt dies zu probieren.. Der Versuch war mutig, aber kläglich. Alle machten ihr Mut, nur Marina, in ihrer Eifersucht und Konkurrenzangst, konnte sich ihre dummen überheblichen Bemerkungen nicht verkneifen. Sie erzeugte damit eine deutlich spürbare Missstimmung.
In den nächsten Tagen wurde die Atmosphäre immer aufgeladener, weil Mario die Neue hin und her chauffierte. Wegen Sandras Schwierigkeiten mit ihrem Exfreund wollte Mario auf sie aufpassen, sie so bei der Stange zu halten. Nicht nur Marina fragte sich, `bei welcher?´ Auch ich konnte nicht übersehen, dass mein Barkeeper sich, mehr als normal, um die neue Kollegin kümmerte. Doch ich wollte mir nicht noch mehr Problemchen zu Eigen machen, mich lieber mit der bevorstehende Reise beschäftigen, deshalb übersah ich sein Gockelverhalten geflissentlich. Hinzu kam, dass Marios Vorschlag mich gedanklich beschäftigte, bei unserem gemeinsamen Aufenthalt in Hurghada, zusammen eine Wohnung, für zukünftige Urlaube, zu mieten. Das schien mir eine preiswerte Lösung für uns alle.
Eine Woche vor der Reise, kam die Nachricht von Sady, er habe ein Problem. Gestern habe er sich verletzt, sei im Hospital gewesen und habe achthundert Pfund für die Behandlung bezahlen müssen. Nun habe er zu wenig Geld auch eine schöne Wohnung zu mieten. Für das restliche Geld bekäme er nur Absteigen.
Obwohl ich ein unerklärliches, unangenehmes Kribbeln in der Magengegend hatte, ging ich erneut zu meiner Bank um eine Überweisung zu tätigen. Dort wurde mir erklärt, dass man letztens eine Ausnahme gemacht habe, denn Western Union sei Sache der Post, deshalb solle ich bitte von dort die Überweisung tätigen. Also nahm ich auch diesen Weg in Kauf, schickte noch einmal fünfhundert Mark nach Hurghada.
Mario startete einen Tag vor mir. Zuvor hatte es riesigen Krach mit Marina gegeben, weil sie unbedingt mitfliegen wollte und Mario das abgelehnt hatte. Mit dem Ergebnis, dass er die Beziehung beendete. Dies sei dann genau der richtige Zeitpunkt der räumlichen Distanz, er solle froh sein, so Abstand zu gewinnen, sagte ich ihm. Doch eigenartiger Weise schien er nicht ganz so glücklich