»Ach nee, – da macht sie sich doch schmutzig!«
»Was schadet denn das! Wir laufen dann rasch davon.«
»Schade um die Eier, die laß ich mir lieber kochen.«
»Mensch, sei doch nicht so dämlich! Bärbel muß gackern, und wir haben unseren Spaß dabei.«
Aber Joachim wollte nicht recht, und so beschloß Emil, den Spaß für sich allein zu haben. Er suchte Goldköpfchen und fand sie auch. Dann begann er von den kleinen Gänsen zu erzählen, die man ausbrüten könne. Wenn sie ihm eine halbe Tafel Schokolade gäbe, würde er ihr zu kleinen Gänsen verhelfen.
Aber der Plan mißglückte, denn die Köchin von Wagners wollte durchaus wissen, wozu Emil diese sechs Eier brauchte. Unglücklicherweise kam gerade Bärbel angelaufen, die erregt berichtete, daß sie brüten wolle.
»Ihr seid wohl übergeschnappt?« meinte Wanda ärgerlich, »Eier bekommt ihr nicht, das Brüten besorgt die Henne, nicht ihr!«
»Sei nicht traurig«, tröstete Goldköpfchen den enttäuschten Spielgefährten des Bruders, »ich werde mir Eier zusammensparen, und dann brüte ich doch noch die kleinen Gänschen aus.«
Schmunzelnd ging Emil davon.
Die kleine Tierfreundin
Apotheker Wagner hatte schon lange die Absicht gehabt, in seinem Garten einen kleinen Springbrunnen anbringen zu lassen und in das große gemauerte Bassin Goldfische zu setzen. Aber erst jetzt war dieser Plan zur Ausführung gekommen; Herr Wagner wollte mit der Verschönerung seines Gartens seine Frau überraschen.
Bärbel hatte natürlich alle diese Vorgänge mit grenzenloser Aufmerksamkeit verfolgt. Ein Wasser, das immerfort hochspritzte, war für sie geradezu ein Ereignis.
Aber auch bei Joachim und Emil Peiske hatte die Idee des Vaters Begeisterung hervorgerufen. Nun konnte man nach Belieben Schiffe schwimmen lassen, vor allem aber konnte man mit nackten Füßen in dem Bassin umherlaufen und die Goldfische ärgern. Von großem Vorteil war es auch, daß der Springbrunnen von den Fenstern des Laboratoriums aus nicht zu sehen war. Man brauchte daher das beobachtende Auge des Vaters nicht zu fürchten.
Die Goldfischchen waren angekommen und von Bärbel mit hellen Freudenrufen begrüßt worden. Das kleine Mädchen meinte anfänglich, daß die Tierchen im Wasser kaputt gehen würden, denn kürzlich hatte sie ihren grauen Holzesel gebadet, und der hatte darauf alle Farbe verloren. Wie schrecklich würde es sein, wenn die prächtige rotgoldene Farbe verschwand und auch nur rohes Holz zum Vorschein kam!
Da stand nun Goldköpfchen an dem Bassin und konnte sich an dem fröhlichen Treiben der Tierchen nicht sattsehen.
Aber auch Joachim und Emil waren anwesend, die dauernd kleine Steine ins Wasser warfen und die Fische dadurch beunruhigten. Es dauerte auch gar nicht lange, da schwammen in dem Bassin kleine Schiffchen, die die Knaben herbeigeholt hatten.
»Wir müssen deine Puppe baden, Goldköpfchen«, sagte Joachim, »sie hat es nötig.«
Schließlich ließ sich die Kleine überreden, das Puppenkind zu holen. Joachim entriß ihr die geliebte Olga und warf sie jubelnd mit den Kleidern ins Wasser. Bärbel schrie entsetzt auf, ließ sich aber rasch trösten, denn Joachim wußte so nett von einem ertrinkenden Kinde zu erzählen, das von Emil mit einem herbeigebrachten Feuerhaken gerettet werden sollte.
Und nun nahm das lustige Spiel kein Ende. Olga war vorwitzig, wagte sich immer wieder ins Wasser hinein, schließlich wurde sie von dem Wassermann in die Tiefe gezogen, tauchte bald wieder auf, und unter dem Jubel der Kinder durchweichte nach und nach der lederne Puppenbalg.
Man kam immer auf neue Ideen. Auch der Holzesel wurde geholt, der aber, da er schon mehrfach geleimt war, im Wasser gleich Kopf und Beine verlor.
»Er ist jetzt ersoffen«, erklärte Joachim.
Emil versuchte den Esel herauszufischen, doch diesmal gelang es nicht. Da warf er Schuhe und Strümpfe von sich und watete im Bassin umher.
Joachim fand dieses Spiel so entzückend, daß er dem Beispiel des Bruders folgte; und nun spielten die beiden Knaben Springbrunnen. Man hielt das Wasserrohr mit den Händen zu, dirigierte den Strahl auf Bärbel, die laut aufschrie, als sie über und über mit Wasser bespritzt wurde. Die beiden Knaben bespritzten sich gegenseitig, bis kein trockener Faden mehr an ihnen war.
Erst als sie zu frieren begannen, kam ihnen zum Bewußtsein, daß sie sich in dieser Aufmachung im Hause nicht sehen lassen durften.
Die Kleider wurden ausgezogen, nur das Hemd behielt man an. Alles wurde auf den Rasen in die Sonne gelegt. Bärbel fand es geradezu wundervoll, daß hier drei Hemdenmätze herumsprangen, und meinte, der Vati müsse das sehen.
Aufgeregt hielten sie die Knaben zurück.
»Wenn du klatschst, haue ich dir den Buckel voll!«
Aber man fror doch recht beträchtlich. Bärbel verzog das Mäulchen und wollte einen Mantel haben. Sie schlich sich daher von den Knaben, die mit geschlossenen Augen im Grase lagen, fort und eilte nach der Apotheke. Sie lief gerade der Großmama in die Hände.
»Bärbel friert.«
»Aber, Kind, wie siehst du denn aus? Im Hemd und ganz naß!«
»Ach, Großmama, es war zu schön, – mein Esel ist ersoffen!«
»Wo bist du denn gewesen?«
»Bei den lieben Fischen.«
»Ist Joachim nicht bei dir?«
Bärbel lachte fröhlich auf. »Ach, Großmama, der ist auch ein Hemdenmatz!«
Frau Lindberg nahm das Kind an der Hand, rief nach Lina und beauftragte das Hausmädchen, das Kind abzureiben und trocken anzuziehen. Dann eilte sie durch den Garten und erblickte die beiden Knaben, denen das feuchte Hemd an den Gliedern klebte.
»Aber, Jungens, ihr könnt euch ja den Tod holen! – Joachim!«
Faul und träge richteten sich die beiden ein wenig auf, und lässig erklärte Joachim:
»Wir trocknen uns.«
»Du kommst sofort ins Haus, und dir bringe ich eine Decke. Du gehst dann sogleich heim.«
»Ach, laß mal, Großmama!«
»Keine Widerrede, Joachim, – marsch, komm mit mir!«
Während sie den widerstrebenden Knaben an der Hand nahm, raffte Emil seine nassen Kleidungsstücke zusammen, sprang im Hemd über den Zaun, lief durch den väterlichen Garten, und ungesehen verschwand er im Hause.
Als Frau Lindberg wenige Minuten später mit einer warmen Decke erschien, war von dem Sohne des Schneidermeisters nichts mehr zu sehen.
Nun gab es eine Strafpredigt aus dem Munde der Großmama. Sie versprach sich davon freilich nur wenig Erfolg, denn Joachim erklärte der Zürnenden:
»Großmama, die Späße verstehst du nicht, – so was ist gerade was Feines. – Wenn du mit deinen alten Beinen im Wasser waten würdest, würde dir das freilich etwas schaden, – für uns aber ist das gesund. Nun habe ich doch gleich saubere Beine, denn meine sind heute nachmittag ganz schwarz gewesen.«
Bärbel wurde anders angefaßt. Die Großmutter meinte, daß die Fische furchtbare Angst hätten, wenn die Menschen in ihr Wasser kämen, und man dürfe kein Tier ängstigen.
Das sah das kleine Mädchen ein. Bärbel war eine so große Tierfreundin, daß sie jedem Tier, auch dem unscheinbarsten, nach Kräften beistand. Diese gute Charaktereigenschaft war von den Eltern bestärkt worden, und so kam es, daß das Kind nicht imstande war, irgendeine kleine Tierquälerei gelassen mit anzusehen.
»Fressen nun die Fische meinen guten Esel auf?«
»Nein, das nicht; aber der Esel muß natürlich