Schuschi, die kleine Kirmeslokomotive, findet ihr Glück. Monika Hermes. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Monika Hermes
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783738068498
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bin mit knapper Not dem Tod entronnen. Fürs erste habe ich genug an Stress gehabt. Da kann ich aus einer neuen Perspektive heraus in Ruhe schauen, was es zu sehen gibt. Ist sicher völlig anders. Die Sicht ist bestimmt herrlich.“ „Da hast du wohl recht“, kicherte Ping. „Wir können so schon weit voraus sehen und haben einen tollen Überblick.“ „Da nehme ich deine Einladung gerne an, liebe Schuschi. So kann ich auch frühzeitig sehen, wohin der Weg nach Hause führt.“

      Gemächlich wand sie sich an der Tür entlang nach oben und kroch Richtung Schornstein. Dort ließ sie sich neben Dangel nieder, während die anderen ebenfalls ihre Plätze einnahmen. Staunend um sich blickend meinte Miranda da: „Oh, das ist tatsächlich traumhaft. So weit zu sehen und so vieles, was mir von unten entgangen ist. Wie wunderschön.“ Andächtig schaute sie sich um. „Diese Blumenbüsche! So habe ich sie noch nie gesehen. Von hier wirkt alles so viel weiter. Auch wenn ich diese Blumen selber von unten intensiver erleben kann. Sehr viel hautnaher. Aber dieser Blick ist grandios. Allein dafür hat sich das Hinaufkommen schon gelohnt.“ Miranda lachte vergnügt und Schuschi und die Leuchtwichte grinsten sich an.

      „Na, dann fahr ich mal wieder los. Du kannst ja dabei von deinem Abenteuer berichten, wenn du magst. Oder möchtest du lieber erst einmal die Landschaft von dort oben betrachten?“ „Oh, ich würde gern erst einmal ein Weilchen schauen, was es hier zu sehen gibt. Irgendwo dort vorne ist ein Weiher. Da könnten wir ja Rast machen. Eine Drossel hat mir erzählt, dass sie dort wohnt und es wirklich herrlich findet. Ein wunderschönes Fleckchen Glück. – Ah, dort hinten. Da glitzert Wasser in der Sonne. Das müsste er sein.“ „Na, das klingt schön. So machen wir es. Und es ist nicht einmal so weit.“ Schuschi setzte sich in Bewegung und fuhr geschwind drauflos. Ein leichter Wind wehte ihnen um die Köpfe und Miranda genoss dieses neue Gefühl sichtlich. Sie konnte gar nicht schnell genug hin und her schauen, um alles zu sehen.

      So dauerte es nicht sehr lange und sie erreichten den Weiher. Tatsächlich. Was für eine Pracht. Die von Bäumen und Sträuchern umrandete Wasserfläche schimmerte strahlend in der Sonne. Ringsum blühten Blumen in verschwenderischer Pracht. Ganz am Ende leuchtete eine Wiese in satten Grüntönen, durchsetzt mit den knalligen Tupfen des Klatschmohns. Hingerissen schauten sie sich um. „Du hast recht, Miranda. Dieser Weiher lädt wirklich zum Verweilen ein.“ Schuschi schaute sich um und fuhr nahe ans Wasser heran. Ein hoher Baum rechts bot Schatten und Blumen, Kräuter und Gras versprachen für die Leuchtwichte eine schmackhafte Mahlzeit. Schuschi sah amüsiert zu, wie Miranda sich die Blütenblätter schmecken ließ, während die Leuchtwichte mehr Gefallen an der Kräuterauswahl fanden.

      Endlich waren alle satt und ließen sich um Schuschi nieder. Nun ging es ans Erzählen. Die Leuchtwichte und Schuschi berichteten abwechselnd von ihren Abenteuern und Erlebnissen und schilderten vor allem sehr lebhaft die Zeit in den Bergen mit dem Esel Alberto. Auch das Erlebnis auf dem Bauernhof mit Hugo, dem äußerst von sich eingenommenen Hahn, konnten sie so plastisch rüberbringen, dass Miranda eins ums andere Mal ein staunendes „Ohhh“ von sich gab. Puschel hatten es vor allem die Heukullern angetan, welche so lustig mit den kleinen Ferkeln gespielt hatten. Am Ende waren sich alle einig, dass sie nebenbei viel gelernt hatten und nun gespannt waren, was das Leben noch für Überraschungen bereit hielt.

      Miranda begann daraufhin, ihre Abenteuer mit ihren beiden Freunden Marbo und Rando zu schildern. Wie sie sich gelangweilt hätten, immer nur auf dieser zwar wunderschönen, aber doch nicht sehr spannenden Wiese zu leben. Es gab zwar auch dort immer wieder Neues, Angreifer, die sie fressen wollten und Lebewesen, mit denen sie befreundet waren, doch sie wollten etwas mehr von der Welt sehen. Und so machten die drei sich eines Tages auf.

      Doch die Bekanntschaft mit Wegen und Straßen voller Menschen und vor allem voller rasender Autos war schlimm. So wurde nach wenigen Tagen Rando von einem der schnellen Wagen erfasst und plattgefahren, da er ihn nicht hatte herankommen sehen. Miranda und Marbo konnten gerade noch zur Seite entwischen. Tieftraurig saßen sie eine Weile dort. Doch es half ja nichts mehr. Sie konnten zurückkehren oder ihren Weg fortsetzen. Umkehr kam für die beiden jedoch nicht in Frage, denn dann wäre ihr Freund ja unnütz gestorben. So wollten sie, auch in Gedanken an Rando, der Welt die Stirn bieten und sich ihrem Abenteuer stellen. Doch sie waren nun sehr vorsichtig geworden.

      Hier fiel Schuschi Miranda lebhaft ins Wort: „Das kenne ich. Als ich vom Karussell aufbrach, war ich ja noch allein und kannte mich gar nicht aus. So hatte ich ebenfalls ernsthafte Probleme in der ersten Nacht, da ich ja nicht selber leuchten kann. Ich wurde beinahe angefahren und die Menschen schimpften, wenn sie mich da überholten. So fuhr ich sehr, sehr vorsichtig ganz am Rande der Straße weiter und passte ordentlich auf. Ich war überglücklich, als ich auf meine Freunde hier traf und sich alles so gut fügte.“ „Das verstehe ich nur zu gut“, lächelte Miranda.

      Eine Weile noch berichtete sie über ihre gemeinsamen Erlebnisse mit Marbo. Von den vielen wunderschönen Dingen, die sie gesehen, Freundschaften, die sie geschlossen und spannenden Begegnungen, die ihnen neue Sichtweisen gezeigt hatten. Doch nach und nach wurde ihre Stimme immer leiser. Zuletzt standen ihr Tränen in den Augen als sie beschrieb, wie Marbo sein Ende fand. Sie waren an einem riesigen Krater angekommen. Unten wimmelte es von Menschen. Plötzlich verschwanden alle bis auf drei Personen, die hinter einem kleinen Überstand hockten. Marbo näherte sich vorwitzig dem Rand, rutschte auf winzigen Steinchen aus und fiel ein Stück weit hinunter. Miranda kroch sehr vorsichtig über ein dickeres Felsenstück an den Abgrund und starrte hinunter. Da sah sie erleichtert, dass Marbo sich gut 10 Meter unter ihr wohlauf auf einem Felsvorsprung befand. Er schlitterte auf ein Rohr zu, an dem ein Faden vor sich hin glühte und leise zischte. In diesem Augenblick ertönte ein fürchterlicher und ohrenbetäubender Knall, die Felsen erzitterten und der Vorsprung mit Marbo zerbarst in tausend winzige Einzelteile. Miranda erstarrte geschockt. Völlig benommen zog sie sich zurück, während unten ein erneuter Tumult entstand, Menschen von allen Seiten zusammenkamen und Maschinen ansprangen. Entsetzt suchte Miranda das Weite.

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      Nun flossen bei Miranda die Tränen ununterbrochen. Betroffen umringten die Wichte sie und legten ihr mitfühlend die Hände auf ihren Kopf. „Wie entsetzlich!“ „So grausam!“ „Das ist ja Unfassbar!“ „Welch ein schreckliches Geschehen!“ „Du Arme!“ „Was musstest du nur erleben!“ Ringsum ertönten Rufe des Mitgefühls und des Entsetzens. Endlich fasste Miranda sich. „Ja, es war ein Grauen. So schnell ich konnte, machte ich mich vom Acker. Ich rutschte und krabbelte über Steine, durch Geäst und kroch immer weiter und weiter. Erschöpft blieb ich irgendwann liegen und schlief ein. Danach wollte ich nur noch nach Hause. Alle Abenteuer und Erfahrungen waren mir nun egal. Ich wollte nur noch Ruhe und Frieden und meine Familie und Freunde wiederhaben.“ „Oh, das kann ich sehr gut verstehen“, flüsterte Puschel. „Nach so einem grauenvollen Erlebnis würde ich auch heimgehen wollen.“ Behutsam strich der kleine Leuchtwicht Miranda über ihre tränenfeuchte Wange.

      „Ja. Und nach langer Zeit kam ich endlich wieder hier an“, fuhr nun Miranda, ein wenig getröstet, fort. Aber vor zwei Tagen hat mich meine erneute Neugier beinahe ebenfalls das Leben gekostet. Stellt euch vor: Es war früher Morgen. Vor mir war zwischen zwei dunkelroten Blüten ein Gang in die Erde hinein. Immer tiefer gehend. Doch weit hinten schimmerte etwas irgendwie rötlich. Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. Vorsichtig lugte ich hinein. Schwärze, mit einem Hauch von Grau, dass sich zu dem rötlichen Schein hin veränderte. Sollte ich es wagen? Doch dann siegte meine Neugier und ich kroch vorsichtig den Durchgang hinunter. Es war natürlich ein sehr diffuses Licht, der Untergrund nur schwach erkennbar, doch ich fühlte ja schließlich, wo ich entlangkam. Und je tiefer es ging, umso heller wurde es eigenartigerweise. Allerdings war es eine rote und mir völlig unerklärliche Lichtart. Und eine seltsame Wärme. Nicht so, wie sie normalerweise unter der Erde vorherrscht. Plötzlich verzweigte sich der Gang in viele winzige Zwischengänge, kreuz und quer. Ich näherte mich auch schon dieser roten Helligkeit und lugte um eine Ecke.

      Da sah ich an den Decken der kleinen Gänge hunderte roter Glühwesen, die sich zu Flecken zusammen geschlossen hatten. Von dort kam auch diese Wärme her. Unter ihnen befanden sich jeweils runde Bauten voller Eier, deren bläuliche Schalen vibrierten. Riesige blaue Ameisen wuselten