Vorwort
Tag auch.
Falls Sie mich schon kennen, dürfen Sie die nächsten vier Seiten überspringen. Doch, ehrlich – vertrauen Sie mir. Blättern Sie einfach dreimal um, zum ersten Kapitel.
Für die, die keine Ahnung haben, wer ich bin, kommt hier meine allererste Mopskolumne. Immerhin gebietet es die Höflichkeit, dass man seinen Lesern erst mal erzählt, mit wem sie es zu tun haben, oder? – Na, eben.
Also: Los geht’s.
Tag auch.
Ich denke, ich stelle mich Ihnen erst mal vor. Mein Name ist Eddie. Ich hab noch ein paar andere Namen, die mit einer Menge blauem Blut und “von” und “zu” und so zu tun haben, aber ich bin da nicht pingelig: Sie können mich ruhig duzen. Macht ja sonst auch jeder.
Wie Ihnen aufgefallen ist, bin ich ein waschechter Mops und verfüge dadurch über die bisweilen ausgesprochen nützliche Fähigkeit, wildfremde Frauen allein durch meinen Anblick binnen Sekunden zu Teenagern mutieren zu lassen und ihnen verzückte “Aaaah”-, “Ooooh”- und “Bist du süüüß”-Laute zu entlocken, als wäre ich Justin Bieber oder einer der Typen von Tokio Hotel. Ich persönlich finde das meistens ganz lustig. Ganz ehrlich: Wer will es ihnen denn auch verübeln, ich bin eben einfach ein saucooler Typ.
Frauchen dagegen ist wenig begeistert davon, dass sie seit meinem Einzug keine 20 Meter mehr in der Fußgängerzone zurücklegen kann, ohne dass wildfremde Menschen vor uns in die Hocke gehen und mich überschwänglich begrüßen und herzen. Mal unter uns: Ich habe die starke Vermutung, dass sie einfach nur neidisch ist. Aber das gehört jetzt nicht hierher.
Jedenfalls kam sie neulich auf die glorreiche Idee, ich könne für mein in der Tat nicht ganz günstiges Hundefutter ruhig ein bisschen Einsatz zeigen. Tja, und hier bin ich nun. Wie gesagt: Tag auch.
Selbstverständlich schreibe ich diese Zeilen nicht selbst, aber das können Sie sich vermutlich denken. Ich habe es versucht, ehrlich, aber meine Feinmotorik ist wirklich nicht die beste, und bei meinem wilden Getapse auf der Tastatur kam nur unleserlicher Kram raus, den ich Ihnen lieber erspare. Also diktiere ich meine geistigen Ergüsse ab sofort Frauchen, die diesen kreativen Prozess selbst wohl etwas anders darstellen würde.
„Ich bin doch nicht deine Tippse”, würde sie vermutlich sagen und genervt die Augen gen Himmel verdrehen. Aber es ist nun mal, wie es ist, und ich finde ja, man muss zu seinen Lesern grundsätzlich ehrlich sein. Ich meine, wie sollen Sie denn Vertrauen zu mir aufbauen, wenn ich Ihnen gleich am Anfang eine faustdicke Lüge auftische? – Na, eben. Also: Ich diktiere, sie schreibt. Und wenn sie sich auf den Kopf stellt.
Womit wir auch schon bei einem für mich zentralen Thema wären: Die Machtverhältnisse bei uns zu Hause sind noch immer nicht völlig geklärt. Obwohl ich jetzt schon seit zwei Jahren bei ihr wohne und sie täglich vom Gegenteil überzeuge, hält Frauchen an der abwegigen Theorie fest, dass sie unter uns beiden der Chef sei. Ich gebe Ihnen mal ein Beispiel, damit Sie sich ein besseres Bild von der Lage machen können. Ich springe aufs Bett, mache es mir zwischen den Decken bequem und halte selig ein Schläfchen. Sie kommt rein, setzt eine strenge Miene auf, zeigt dann mit dem Zeigefinger auf den Boden und sagt: “Runter!” – Ich werfe ihr einen herablassenden Blick zu, der so viel heißt wie: „Pfff.“
Interessiert sie aber nicht. Sie bringt es fertig, fünf Minuten vorm Bett zu stehen und 20 Mal “Runter!” zu sagen, bis ich ihr den Gefallen tue – nur um zwei Minuten später wieder hochzuhüpfen. Ganz unter uns: Wo liegt da der Sinn? Wirklich, ich muss ihr noch beibringen, mich nicht ständig zu nerven.
Frauchen hat übrigens auch einen Mann, der bedeutend klüger ist als sie, weil er innerhalb weniger Tage nach meinem Einzug kapiert hat, dass ich von uns beiden den stärkeren Willen habe. Seither lässt er mich gewähren, was ihm immer wieder Ärger mit Frauchen einbringt. Ich rechne jeden Tag damit, dass sie ihn irgendwann zur Strafe auch vom Bett schmeißt.
Die einzige wirklich ernstzunehmende Autorität im Haus – außer mir, versteht sich – ist die Katze. Sie ist steinalt, ungefähr 200 oder so, und man sollte meinen, sie segne langsam mal das Zeitliche. Macht sie aber nicht. Stattdessen führt sie sich auf wie höchstens fünf und findet es ungeheuer spaßig, sich mindestens einmal pro Tag an mich heranzupirschen, auf mich zu springen und ihre Krallen in meinem Mops sei Dank dicken Fell zu versenken. Ich sage es Ihnen ehrlich, wie es ist: Katzen sind durch und durch bescheuert.
Mehr nächste Woche.
Mit mopsigen Grüßen,
Ihr Eddie
Anmerkung zum 4. Teil der „Mops Monologe“: Leider ist Katze „Frau Kratzbürste“ im Herbst 2014, drei Jahre nach Eddies erster Kolumne, im stolzen Alter von 23 Jahren über die Regenbogenbrücke gegangen. In „Die Mops Monologe 3“ widmete Eddie ihr einen eigenen mopsigen Nachruf.
1. Die Würstchen-Krise
Tag auch.
Wissen Sie, so als Zweibeiner denken Sie vermutlich, als Hund hätte man’s voll leicht, da könne einem quasi nichts Schlimmes passieren und man würde ein Leben in permanenter paradiesischer Entspannung führen oder so.
Aber ich sag’s Ihnen jetzt rund heraus, wie es ist: Das ist natürlich Quatsch. Auch im Leben eines Vierpfoters gibt es manchmal wirklich haarsträubende Situationen – heftige Schicksalsschläge, bei denen einem als Mops schon mal das Fell zu Berge stehen kann, und von denen man nie geglaubt hätte, dass man ihnen je ins finstere Antlitz würde blicken müssen. So zum Beispiel hier bei mir, in meinem sonst wunderprächtigen Mops-Zuhause, wo sich erst gestern Abend ein ausgewachsenes Drama abspielte.
Es fällt mir noch immer nicht leicht, darüber zu sprechen, denn ehrlich: Ein bisschen stehe ich noch unter Schock. Aber irgendwann muss es ja raus. Und zwar hatten wir hier – halten Sie sich fest – eine ausgewachsene Würstchen-Krise. Jedoch: Der Reihe nach.
Wie Sie wissen, spielen Würstchen in meinem Leben eine sehr zentrale Rolle. Die Gelegenheiten, bei denen ich in den Genuss komme, gleich ein Ganzes davon verspeisen zu dürfen, sind zwar seltenen Ausnahmen wie Geburtstagen oder Buchveröffentlichungen vorbehalten. Aber: Weil ich wegen dieser doofsinnigen Allergie sonst nicht viele Leckerchen vertrage, gibt es eben zumindest regelmäßig einen Happs Geflügel-Wiener. Viel zu wenig natürlich, wie Sie sich denken können, quasi nur eine Menge für den hohlen Zahn. Aber immerhin.
Und ich persönlich finde ja sowieso, dass Würstchen generell in ihrer breiten Wirkung von Zweibeinern völlig unterschätzt werden. Die funktionieren als Belohnung wie als Seelentröster, nach Alpträumen wie nach Tierarztbesuchen oder wenn man sich eine Kralle eingerissen hat, und sind quasi in jeder Lebenslage unersetzbar. Mir persönlich eigentlich ein Rätsel, dass Wiener Würstchen immer noch nicht offiziell als 8. Weltwunder anerkannt wurden.
Jedenfalls latsche ich also gestern Abend, rund eine Stunde nach dem Abendessen, wie gewohnt zu Frauchen, um mir meinen Happen Wienerle abzuholen. Und was passiert? Frauchen sagt doch glatt zu mir (falls Sie noch nicht sitzen, sollten Sie das jetzt nachholen), die Würstchen seien alle.
Sie werden nachvollziehen können, dass mich das erst mal in eine Art Schockstarre versetzte. Ehrlich, eigentlich wollte ich Frauchen gleich laut rüffeln, ihr ordentlich Bescheid bellen und so. Aber angesichts dieser katastrophalen Nachricht war ich so entgeistert, dass ich mich zu keinerlei Handlung imstande fühlte. Falls Sie jetzt das Bild eines ungeheuer gut aussehenden Mopses vor Augen haben, der starr vor Schreck, wie vom Blitz getroffen, mitten in der Küche steht: Das trifft es ungefähr. Also starrte ich Frauchen nur aus entsetzten Augen vorwurfsvoll an, während sich – ungehört von der Welt – in meinem Kopf mopsige Schimpf-Tiraden abspielten, die ich hier aus Gründen der Etikette nicht zitieren möchte.
Immerhin