Todesangst in der Nordeifel. Jean-Louis Glineur. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jean-Louis Glineur
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738014525
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ebenfalls in der Tasche. Eine schwarze Jeans, Socken, Unterwäsche und zudem ein paar Konservendosen.“

      „Wer ist die Frau, die heute sterben musste?“

      Welsch schnaubte wieder und blickte in sein schwarzes Notizbuch.

      „Sie war eigentlich noch ein Mädchen. Fünfzehn Jahre alt. Paola Lange aus Broich. Nach unseren ersten Ermittlungen fuhr sie mit ihrem Mofa Richtung Winzen, um eine Freundin zu besuchen. Wir vermuten, dass der Mörder sich ihr einfach in den Weg gestellt hat. Das Mofa liegt im Graben. Die Straße ist wenig befahren, aber ein Überfall hier ist trotzdem sehr dreist. Der Täter hat das Mädchen einige Meter in den Wald gezerrt. Er hat sie vergewaltigt und mit bloßen Händen erwürgt. Vorher oder nachher wissen wir noch nicht. Und jetzt habe ich die verdammte Aufgabe, den Eltern beizubringen, dass ihre Tochter nie mehr nach Hause kommen wird.“

      Welsch schälte sich aus dem Sitz und verschwand. Vorher gab er mir noch unter leichtem Protest die Adresse des Ladens in Euskirchen, wo der Unbekannte die Hemden von Masso Giotto gleich im Dutzend gekauft hatte.

      Ich drehte und fuhr zurück nach Olef, hielt kurz in Gemünd, um Am Plan eine Portion Pommes mit Bratwurst in mich hineinzustopfen. Es dauerte dreißig Minuten, bis ich in Euskirchen war und entdeckte den etwas heruntergekommen wirkenden Kleiderladen in der City. All you can wear stand auf einem vergammelten Schild. Umso ordentlicher und aufgeräumt wirkten die Regale in dem kleinen Geschäft. Hemden in allen Größen, Jeans in verschiedenen Farben und Röcke und Blusen waren hier wohl der Renner für schmale Geldbörsen.

      Als ich mich umsah, entdeckte ich einen Stapel Flanellhemden und schaute auf das Etikett im Kragen. Masso Giotto. Ich nahm drei Hemden in der Größe XL, eines in blau, eines in schwarz und das dritte in grün. Das Karomuster gefiel mir nicht, aber ich war sicher, dass jemand auffiel, der solch ein Hemd trug.

      Die Verkäuferin war rothaarig, jung und hübsch. Ihre Kleidung ließ vermuten, dass sie nicht ihre eigene Kundin war, sondern lieber im Kaufhof shoppen ging. Sie lächelte mich mit strahlend weißen Zähnen an. Ein Namensschild an ihrer Bluse verriet, dass sie Jana Kohlstock hieß. Ich werde nie verstehen, warum Bosse ihre Angestellten nicht anonym lassen. Jeder Irre, oder auch nur ein Verliebter, könnte mit ein wenig Mühe und einem Telefonbuch die Anschrift und die Telefonnummer herausfinden.

      „Frau Kohlstock, Sie können mir helfen, und ich spendiere Ihnen diesen schönen 50-Euro-Schein für ein Abendessen mit ihrem Freund oder wem auch immer. Mein Name ist Schreer, hier ist meine Visitenkarte, und erschrecken Sie bitte nicht. Ich bin Privatdetektiv und ermittle in einer heiklen Sache.“

      Ihr Lächeln verschwand einen Augenblick, aber die 50 Euro ließen es sofort wieder aufblitzen.

      „Also, ich weiß nicht. Vor ein paar Wochen war die Polizei bereits hier und fragte mich nach den Flanellhemden, wie Sie unter dem Arm tragen.“ Die Kohlstock wollte reden, wusste aber nicht, wo sie beginnen sollte.

      „Sie werden nicht nur von der Polizei, sondern auch aus den Zeitungen oder Radio Euskirchen wissen, dass hier ein Typ herumläuft und Frauen überfällt. Eine der Frauen ist eine alte Freundin, und ihr Mann hat mich beauftragt, parallel zur Polizei im dem Fall zu ermitteln. Und heute Mittag ist in der Nähe von Broich bei Schleiden ein junges Mädchen ermordet worden. Der Täter hinterließ solch ein Arbeitshemd von Masso Giotto.“

      Jana Kohlstock erschrak und ihre Augen füllten sich mit Tränen. Sie ging zum Eingang und schloss die Tür ab. Schluchzend ließ sie sich auf einen Hocker nieder. Sie brauchte einige Minuten, um sich zu beruhigen.

      „Ich habe dem Polizeibeamten alles schon erzählt. Da kam so ein Typ mit einem Dialekt aus dem Osten und hat dutzendweise diese Hemden gekauft.“

      Sie zeigte auf die drei Hemden, die ich auf die Ladentheke gelegt hatte: „Der Typ sah einfach schmierig aus und hat mich mit den Augen ausgezogen. Und der Idiot weiß offenbar nicht, was eine Fußgängerzone ist. Der fuhr einfach bis vor das Geschäft und warf die Hemden durch die Hecklappe.“

      „Haben Sie das der Polizei auch erzählt? Die wollten doch sicher wissen, was für ein Auto der Mann fuhr.“

      Sie erschrak. „Nein, das habe ich nicht. Das war ein beschissener Tag, als die Polizei hier aufkreuzte. Ich hatte Unterbauchschmerzen. Sie wissen schon... das passiert vielen Frauen einmal im Monat.“

      Jana Kohlstock überlegte. „Es war ein komisches Auto, nicht Fleisch und nicht Fisch. Ich bin mir nicht sicher, ob es ein Kombi oder ein Geländewagen war. Jedenfalls war er weiß und ziemlich heruntergekommen.“

      „Hat Ihr PC einen Internetanschluss?“ Ich deutete auf den Rechner auf der Ladentheke und wartete nicht auf eine Antwort. Ich startete den Browser und stürze mich ins Internet.

      „Wir gehen jetzt in eine Suchmaschine und schauen uns mal ein paar Wagentypen an, die auf Ihre Beschreibung passen könnten. Eher Kombi oder eher Geländewagen?“

      Jana Kohlstock schnäuzte sich und dachte einen Augenblick nach.

      „Das Auto war recht hoch und kurz. Zwei Türen, steile Heckklappe. Ich finde, er hatte mehr einen Touch von einem Geländewagen.“

      

      Google spuckte ein Foto von einem Toyota Landcruiser aus, aber die Kohlstock schüttelte energisch mit dem Kopf. „Es war keine dieser bekannten Automarken.“

      Ich ging auf die Suche nach einem DKW Munga, aber auch hier verneinte sie. Hoch, kurz und kein bekannter Name. Ich überlegte und gab den nächsten Namen in die Suchmaschine.

      „Das …das ... das ist er! Das ist er ganz sicher. Aber das Auto von dem Typ war weiß und ziemlich verrostet. Und es hatte ein Euskirchener Kennzeichen. Daran erinnere ich mich auch noch.“

      Kalter Schweiß stand auf der Stirn von Jana Kohlstock. Ich zwinkerte ihr zu und legte ihr die versprochenen 50 Euro auf den Tisch und bezahlte auch die drei Hemden von Masso Giotto.

      Ich musste telefonieren, Welsch anrufen und meine Partnerin erreichen, die heute offenbar verschlafen hatte. Anne und ich würden viel Arbeit haben. Der Hemdenkäufer fuhr einen Lada Niva.

      Kapitel 4

      Ich entschied mich anders und rief Kommissar Welsch nicht an. Seinen Tobsuchtsanfall wollte ich mir nicht entgehen lassen und fuhr zur Polizeistation Schleiden.

      „Verdammte Scheiße! Verdammte Anfänger! Wieso wissen wir nichts von dem Lada? Den Kollegen, der das verbockt hat, werde ich in der Luft zerreißen!“

      Welsch kannte keine Bremse und hämmerte wie ein Wilder auf den Schreibtisch. Bei seiner Körpermasse ging ihm die Energie bald aus und er schnaubte wie ein Nilpferd. Der Kollege, den er zusammenstauchen wollte, tat mir irgendwie Leid.

      „Es ändert nichts an der Tatsache, dass wir jetzt einen Schritt weiter sind. Der Schupo konnte doch nicht ahnen, dass so ein Typ frech mit seinem Auto in die Fußgängerzone fährt. Und wenn die Verkäuferin bei seinem Besuch auch noch ihre Tage hatte, war sie auch nicht so fit.“

      Welsch überlegte und spielte nervös mit einem Bleistift, den er immer noch wütend in der Mitte zerbrach. Er nahm den Hörer vom Telefon und schnauzte: „Ich will eine Aufstellung aller Euskirchener Autokennzeichen, die in den letzten sechs Monaten gestohlen wurden. Und das sofort!“

      Ich lehnte mich gegen die Fensterbank und roch den Schweiß von Kommissar Welsch. Wenn er sich aufregte, schwitzte er aus allen Poren. Ich schnipste ihm eine Gauloises mit zwei Fingern und Welsch steckte sie in den Mund. Der nächste