Undercover. Manuela Martini. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Manuela Martini
Издательство: Bookwire
Серия: Ein Shane O'Connor Krimi
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742759382
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Sie müssen sich irren“, sagte der Mann. Vor den Mond schob sich eine Wolke. Shane konnte das Gesicht nicht erkennen.

      Die Sache wurde brenzlig, spürte Shane. Jack hörte ihn nicht, schüttelte die Hand auf seiner Schulter ab, die ihn wegziehen wollte, und redete weiter: „Harry, natürlich...“

      „Nein!“, kam es scharf aus dem Dunkel.

      „Wenn du nicht Harry sein solltest, dann will ich erstrecht eure Papiere sehen! Wir sind zu viert, also,ihr habt keine Chance!“, sagte Jack.

      „Jack!“ Er sollte Jack jetzt einfach eine reinhauen, dachte Shane, damit er die Klappe hält, das hier lief auf nichts Gutes hinaus.

      Ein kurzer Moment des Stillstands. Der Mond schien jetzt hell. Vier Polizisten, betrunkene Heimkehrer von einer Party, auf dem Weg zum Taxistand in der nächsten Querstraße. Für den Bruchteil einer Sekunde noch wäre ein Rückzug möglich. Shane wusste, er und Hawking sollten jetzt Jack unterhaken und wegziehen, und in der nächsten Straße ein Taxi heranwinken.

      Doch der Moment verstrich. Jack machte einen Schritt auf die Männer zu, sagte:

      „Wird’s bald?“, winkelte den Arm an, um in sein Jackett zu greifen.

      In dieser Sekunde zog der links stehende Mann etwas aus seinem Gürtel. Ein Schuss explodierte, Shane zog die Pistole, Jack sackte vor ihm zusammen, Shane drückte ab, Schüsse peitschten, etwas riss ihn zu Boden, nahm ihm die Luft. Er fällt in einen schwarzen Schacht. Dann wird alles dunkel. Und still.

      Shane wachte auf. Der Mond war bleich und kalt. Evans’ Hand mit dem Revolver leuchtete fahl. Der Ehering blitzte. Der Kopf im Rinnstein in einer dunklen Lache. Hawking starrte in den Mond. Auf dem weißen Hemd dunkle Flecken. Und er, Shane, wo lag er, so weich und warm? Jacks Jacke war das, und unter der Jacke Jacks gekrümmter Rücken, auf Jacks blankem Scheitel glänzte weiß das Mondlicht. In der Ferne grelle, bunte Lichter wie große, leuchtende Weihnachtskugeln.

      Kapitel 2

      Schwitzend kämpfte sich Josh Cline mit dem röhrenden Rasenmäher durch das Gras. Mrs. Wagner hatte vergangene Woche den Termin abgesagt, so dass das Gras jetzt höher war als es sich zum Mähen eignete. Typisch, dachte er, so glauben sie zu sparen und er muss ihnen dann erklären, warum er diesmal drei statt zwei Stunden gebraucht hat. Immer dasselbe! Er wischte sich den Schweiß von der Stirn, was kaum etwas nutzte, weil man bei einer Luftfeuchtigkeit von mindestens 70 Prozent und 35 Grad im Schatten ununterbrochen schwitzte – und: er arbeitete nicht im Schatten sondern in der prallen Elf-Uhr-Sonne.

      Er ließ seinen Blick über den Garten gleiten, eine Rasenfläche von etwa zweihundert Quadratmetern, dazwischen, säuberlich von Steinkränzen umgebene Büsche und Bäume, die dabei waren, ihre Blüten zu verlieren. Ein halbe Stunde hatte er vor dem Mähen damit verbracht, sie weg zu rechen. Das ist der Nachteil hier, an der fast tropischen Sunshine-Coast: Kaum hast du eine Pflanze geschnitten, wächst sie schon wieder nach. Nie sind alle Bäume kahl, es gibt keinen wirklichen Winter. Aber das ist auch sein Glück. So geht die Arbeit nie aus. Nur so heiß sollte es nicht sein! Er wischte sich wieder übers Gesicht, der Schweiß brannte in den Augen. Zeit für eine Pause!

      Er ging zu der kleinen Steinmauer, die den oberen Teil des Gartens mit der Terrasse vom unteren Teil, abgrenzte. Unter den breiten Blättern des Gummibaums gab es wenigstens ein wenig Schatten. Schnaufend ließ er sich neben seine Proviantbox auf die Mauer nieder. In der Hitze konnte er kaum etwas essen, doch er wusste, dass es ihm nicht bekam, wenn er den ganzen Tag nur Wasser trank und erst am Abend etwas aß. Er schraubte die Drei-Liter-Wasser-Thermoskanne auf, die er während eines Arbeitstages drei- bis viermal auffüllte. Wie lange konnte man so eine Arbeit aushalten? Er hielt sie seit anderthalb Jahren aus, inzwischen war er dreiundzwanzig. Er kannte Gärtner, die waren doppelt so alt und seit zehn oder mehr Jahren in dem Job. Man gewöhnte sich wohl genauso an die harte, körperliche Arbeit unter diesen klimatischen Bedingungen, wie man sich an so vieles gewöhnte.

      Josh zwang sich, langsam zu trinken, um nicht sofort alles wieder herauszuschwitzen. Ihm blieb noch eine Stunde für den Rest des Rasens und das Schneiden der Ränder, das hatte er mit Erica Wagner vereinbart. Sie war um diese Zeit nie zu Hause, sondern in ihrem Laden für Segelzubehör, unten in Maroochydore.

      Er setzte die Kanne ab und klappte die blaue Box mit dem grauen Deckel auf und nahm eines seiner Sandwichs heraus, wickelte es auf und biss hinein. Ich darf nicht vergessen, morgen einkaufen zu gehen. Nachher, um eins, geht’s schon weiter zum nächsten Kunden. Nur vier Straßen weiter.

      Glücklicherweise – denn das ersparte ihm lange Anfahrtswege - wohnten die meisten seiner Kunden hier oben in Buderim, nur wenige Kilometer vom Meer entfernt, in den bewaldeten, kühleren Hügeln. Hier blieb man von den Touristen verschont, die sich weiter unten in Mooloolaba und den anderen Strandorten gerade zu Weihnachten drängten. Er steckte den Rest des Sandwichs in den Mund, spülte Wasser nach und packte das zweite Sandwich aus. Käse. Er nahm einen großen Bissen. Mit seiner Arbeit konnte er zufrieden sein. Vor einem Jahr, als er zum ersten Mal gekommen war, bestand der Garten nur aus einem lieblos behandelten Stück Rasen. Erica Wagner hatte ihn angesehen und seufzend gesagt: „Bitte, Josh, machen Sie was draus. Ich bin eine miserable Gärtnerin.“ Inzwischen hatte er Hibiskus-, Oleander-, und Rhododendrenbüsche angepflanzt und einen Weg angelegt. Erica Wagner war glücklich. Und sie hatte ihn ihren Freunden und Bekannten weiterempfohlen.

      Hier oben in Buderim waren die Kunden anspruchsvoll. Sie beschäftigten nicht jeden x-beliebigen Gärtner, und es gab genug Konkurrenz. Dass er zuverlässig und sorgfältig war, hatte sich sehr schnell in der Gegend herumgesprochen, nachdem er das Geschäft, das heißt den Rasenmäher, den Anhänger für die Gartenabfälle, ein paar Kleingeräte und natürlich die Kundenkartei seinem Vorgänger abgekauft hatte. Seit ein paar Monaten überlegte er manchmal, einen Gehilfen anzustellen, aber er zog es vor, allein zu arbeiten. Da konnte er tun und lassen, was er wollte, musste nichts erklären und konnte sich nur auf sich selbst verlassen.

      So, er wischte sich die Hände an seiner kurzen grünen Arbeitshose ab, das zweite Sandwich hatte er auch gegessen.

      Für einen letzten großen Schluck setzte er die Thermoskanne an die Lippen, legte den Kopf in den Nacken.

      Als sein Blick in Richtung Haus fiel, bemerkte er hinter der Scheibe auf der linken Seite des Hauses eine Bewegung. Er sah genauer hin und erkannte schemenhaft einen Mann, der an einem Sessel stand. Er stand da nicht allein, an der Sessellehne lehnte ein nackter Körper, ein Frauenkörper. Die rhythmischen Bewegungen des Mannes, der bekleidet war, waren eindeutig. Das da oben musste Ericas Tochter sein, hieß sie nicht Chrissy?

      Der Mann hörte auf, drehte die Frau mit dem Rücken zu sich. Josh wollte jetzt wegsehen, doch er konnte nicht. Etwas zwang ihn, bis zuletzt zuzusehen. Der Mann, so sah es aus, kam zum Höhepunkt, Josh glaubte sogar sein Stöhnen zu hören. Kannte er ihn nicht? Dann verschwand er in der Tiefe des Raumes. Im selben Moment drehte sich das Gesicht der Frau zur Scheibe. Josh hörte auf zu atmen. Es musste Chrissy sein. Er wollte unsichtbar werden. Doch selbst die Blätter des Gummibaums gaben ihm nicht genügend Deckung.

      Sie ging auf die Fensterscheibe zu. Kein Zweifel. Es war Chrissy und sie hatte ihn gesehen. Sein Herz klopfte, er schwitzte noch mehr. Warum drehte er sich nicht einfach weg und ging? Verdammt, warum nicht? Er war unfähig, sich zu bewegen. Das einzige, wozu er in der Lage war, war dort hinauf zu starren.

      Eine Weile stand sie einfach so da, nackt, und sah auf ihn herunter. Ein weißer, feingliedriger Körper – das kupferfarbene Haar fiel ihr über die Schulter. Josh hatte sie nur ein einziges Mal von weitem mit ihrer Mutter gesehen. Doch schon da war ihm ihre seltsame Schönheit aufgefallen. Ihre Haut war weiß und sommersprossig. Sie hatte dichtes, lockiges Haar. Niemals hätte er gewagt, sie anzustarren oder gar mit ihr ein Wort zu wechseln. Er war sicher, sie hätte ihm nicht geantwortet, weil sie seine Stimme gar nicht wahrgenommen hätte. Und jetzt? Jetzt sah sie ihn an. Sie hatte ihn zum Mitwisser gemacht.

      Auf einmal wandte sie sich um und verschwand im Zimmer.

      Hinter der Scheibe konnte