Rolf hatte sich von Frankfurt aus bis nach Paris durchgeschlagen. Dort meldete er sich im Rekrutierungsbüro der Fremdenlegion. Er wurde in Indochina eingesetzt. Das war gut, denn er wollte so weit wie möglich weg sein. Doch war er bis dahin immer ein besonnener Kämpfer gewesen, so handelte Rolf nun unkonzentriert, fahrig und leichtsinnig. Ein halbes Jahr später wurde er während eines Kampfes im unwegsamen Dschungel schwer verletzt. Ein Soldat, mit dem er sich angefreundet hatte und den er schon von seiner Legionärszeit in Algerien kannte, kniete vor dem schwer Verletzten und sprach leise Worte. Rolf konnte nicht mehr sprechen, war jedoch bei Bewusstsein. Ein anderer Legionär kam hinzu.
„Kann man noch etwas für ihn tun?“ fragte er. Der Angesprochene zuckte mit den Schultern. Die Schwere der Verletzungen, das war nicht zu übersehen, könnten in den nächsten Stunden den Tod herbeiführen. Andererseits war er weder Arzt noch Sanitäter und konnte die Verwundung nicht beurteilen. Rolf wurde so schnell wie möglich in das nächst liegende Militärkrankenhaus geflogen. Dort verlor sich seine Spur.
Anfang März des Jahres 1953 fiel Jansen die Akte der Erika Hinrichs durch Zufall noch einmal in die Hände. Eigentlich hatte er nach einem anderen Fall gesucht.
Als er kurz hineinblickte, fiel ihm Idas Geburtsdatum auf. Das Mädchen sollte am 15. März ihren neunten Geburtstag feiern. Spontan beschloss er, Ida an ihrem Geburtstag im Kinderheim aufzusuchen und mit einem kleinen Geschenk zu überraschen. Vielleicht war sie ja jetzt gesprächiger und konnte ihm erzählen, was sich im August des letzten Jahres tatsächlich zugetragen hatte.
Er erschrak innerlich, als er Ida gegenüber stand. Blass und schmal war sie geworden. Der Leiter des kirchlichen Kinderheimes, Herr Böttcher, berichtete ihm, dass Ida seit dem unglückseligen Verhängnis nicht mehr sprach. Ida war sprachlos geworden. Auch Kommissar Jansen konnte kein Wörtchen aus ihr herausbringen. Insgeheim hatte er gehofft, ihr doch noch etwas entlocken zu können, und sei es nur der kleinste Hinweis.
Jansen verließ des Kinderheim mit zwiespältigen Gefühlen. Das Beste wäre es, so redete er sich selber zu, den ganzen Fall endgültig zu vergessen. Und das tat er schließlich.
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