»Und was ist mit mir?«, fragt Valerie, die Sachbuchautorin.
Bei dir, liebe Valerie, fällt das Urteil eindeutiger aus. Ein Sachbuch, und mehr noch ein Ratgeber oder ein Fachbuch, braucht Struktur sogar dringender als ein Roman. Das Drauflosschreiben ohne Plan führt hier garantiert in den Abgrund. Das Exposé hilft, die Gedanken zu strukturieren. Dem Verlag zeigt es, dass der Autor zu dieser Ordnung fähig ist. Der Leser wird sie zu schätzen wissen. Bei Verlagsautoren genau wie bei Selfpublishern.
Linktipps:
Einen guten Einstieg ins Schreiben eines Exposés gibt André Hille von der Textmanufaktur in dem Artikel »Wie schreibe ich ein Exposé?«. Hille arbeitet übrigens auch als Literaturagent – er sollte es also wissen :-)
Bei der Textmanufaktur findet sich auch ein Interview mit dem Lektor Olaf Petersen, damals Kiepenheuer & Witsch, mit dem bezeichnenden Titel »Pitching is selling not telling the story«:
Über »10 Fehler, die man bei einem Exposé vermeiden sollte« informiert Marcus Johanus:
Als Beispiel für ein Exposé nebst Anschreiben finden Sie auf der Bonusseite zu »KLÜGER PUBLIZIEREN« das Exposé meines Romans »Die kleine Göttin der Fruchtbarkeit« (als Paul Mesa). Mit dem Exposé konnte ich einen Literaturagenten überzeugen, der kurz darauf den Roman an das Rowohlt-Imprint Kindler verkaufte, wo das Buch als Spitzentitel erschien:
Buchtipps:
Wie Sie das Exposé für Ihren Roman schreiben, erklärt Hans-Peter Röntgen in seinem Ratgeber »Drei Seiten für ein Exposé«.
Weitere Beispielexposés finden Sie im »Handbuch für Autorinnen und Autoren« aus dem Uschtrin-Verlag:
http://www.handbuch-fuer-autoren.de
Falls Sie Ihr Exposé und insbesondere den Plot Ihres Romans von einem Profi begutachten lassen möchten, bevor Sie Verlage anschreiben, finden Sie im Web zahlreiche Adressen guter Lektoren.
Auch ich helfe Ihnen dabei gerne weiter. Erste Informationen finden Sie hier:
http://schriftzeit.de/ihr-roman-gutachten
Noch mal der dringende Rat: Wenn Sie sich ein Jahr sinnloser Arbeit und viel Frust ersparen wollen, schreiben Sie erst das Exposé und dann den Roman! Als (schlechtere) Alternative empfehle ich Ihnen zumindest ein ausführliches Konzept.
Fazit: Das Exposé
Für Autoren, die in einem Verlag veröffentlichen möchten, ist ein Exposé unverzichtbar. Für sie und auch für Selbstverleger durch seine strukturierende Funktion ist es bei Romanen fast immer sehr hilfreich, bei Sachbüchern unerlässlich.
Verlagsautoren
± Ein Exposé ist erforderlich, um Verlag oder Agentur zu finden. Was mehr Arbeit macht, aber durch ordnende Funktion einen besseren Roman oder ein besseres Sachbuchmanuskript hervorbringen kann.
+ Ein Exposé hilft, die Gedanken zu ordnen und dem Text eine Struktur zu geben, die im Sachbuch zu einem klaren Gedankengang und im Roman zu einer funktionierenden Dramaturgie führt.
+ Der Druck, ein Exposé schreiben zu müssen, wenn man auf einen Verlagsvertrag hofft, schafft bei manchen Autoren den Anreiz, sich eingehender mit der Struktur ihres Werkes auseinanderzusetzen. Was letztlich zu einem besseren Roman in kürzerer Zeit führt.
– Exposés zu schreiben, ist lästig und mühsam. Es ist ein Kraftakt, wenn Sie es erst nach Fertigstellung Ihres Romans schreiben. Es wird noch lästiger und noch mühsamer, wenn Verlage mehrere Exposés verlangen oder Agenten und Verlage jeweils Exposés unterschiedlicher Länge haben möchten oder mit unterschiedlichem Inhalt wie etwa einer Personenliste oder einer Kurz-Synopsis.
– Ein Exposé ist immer ein Kompromiss. Manchmal ist es ein fauler. Im schlimmsten Fall geht das eigentlich Brillante oder Unverwechselbare Ihres Romans aus dem Exposé nicht hervor. Das gilt insbesondere für literarisch anspruchsvolle Romane, in denen die Sprache wichtiger ist als die Story.
Selfpublisher
+ Ob er ein Exposé schreibt und welche Form und welchen Umfang es hat, entscheidet der Autor selbst.
+ Ein Exposé vereinfacht die Vermarktung des Buchs: Der Informationstext beim Vertreiber und der Klappentext sind schneller geschrieben.
+ Die Freiheit, ohne Leitung durch eine Struktur schreiben zu können, nutzt dem einen oder anderen Autor.
+ In seltenen Fällen haben Autoren ein Story-Gen wie etwa Stephen King. Sie schreiben dabei keineswegs unstrukturiert, aber sie finden die Struktur instinktiv. Intensives Lesen hilft, diesen Instinkt auszubilden. Aber es garantiert ihn nicht!
+ In sehr seltenen Fällen entsteht durch das Verlassen der ausgetretenen (aber ans Ziel führenden) Pfade etwas Neues, Spannendes.
– Der Verzicht darauf, ein Exposé zu schreiben, führt in der Mehrzahl der Fälle dazu, dass der Autor entweder gar nicht erst die Frage nach einer Struktur und einem geordneten Plot stellt. Oder er verzettelt sich strukturell. Was zur Folge hat, dass die Dramaturgie nicht stimmt und der Roman als Ganzes nicht funktioniert. Häufig führt das zu sehr vielen Überarbeitungen und kostet letztlich sehr viel mehr Zeit, als das Schreiben eines Exposés vor Beginn der Schreibarbeiten. In der überwiegenden Zahl der Fälle ist die Folge eines Verzichts auf ein Exposé noch gravierender: Der Roman wird nie fertiggeschrieben, weil sich unterwegs die Probleme häufen und der Autor aufgibt.
– Der Verzicht auf die Form, die zu finden ein Exposé hilft, sorgt bei beendeten und selbstpublizierten Romanen in der überwiegenden Zahl der Fälle dafür, dass sie keine Leser finden oder ihre Leser enttäuschen. Einen enttäuschten Leser aber hat der Selfpublisher für immer verloren, selbst wenn die nachfolgenden Werke besser werden.
– Will der Selfpublisher sich mit dem Roman dann doch noch an einen Verlag wenden, braucht er plötzlich doch ein Exposé – und es im Nachhinein zu schreiben, wird schwierig und aufwendig.
Diese Fragen sollten Sie sich ehrlich beantworten:
Ich will mein Buch selbst veröffentlichen. Habe ich Erfahrung genug beim Schreiben, dass ich die Struktur eines Romans mit seinen Wendepunkten, die Bögen von Spannung und Charakteren automatisch und instinktiv beherrsche?
Ich will im Verlag veröffentlichen und habe einen Roman ohne Exposé geschrieben. Bin ich bereit, sehr viel Arbeit und Zeit in ein Exposé zu investieren, die mir dann fürs eigentliche Schreiben des Nachfolgers nicht zur Verfügung steht?
Kenne ich meinen Roman gut genug, um das Zentrale darin herauszuarbeiten und ebenso kurz wie spannend darzustellen?
Sind meine Gründe, ohne ein Exposé ein Buch zu schreiben, tatsächlich schlüssig und überzeugend? Oder habe ich bloß keine Lust dazu?
Habe ich Angst davor, ein Exposé zu schreiben, weil ich mich dann mit dem auseinandersetzen muss, worum es in dem Roman