Jennifer bekam einen Lachanfall.
„Eure Gäste zum Grillen – das sind zwei Fußballmannschaften?“, prustete sie los. „Kein Wunder, dass sogar Juanita die Flucht ergreift.“
„Lach du nur“, grollte Julia. „Deshalb sollst du mir doch auch helfen.“
„Und ich habe mir Gedanken über meine Kleidung gemacht …“, kicherte Jennifer wieder. „Dabei tragen alle Gäste kurze Hosen …“
Ach, es tat so gut, wieder bei ihrer Freundin zu sein. Sie hatte sich in München in letzter Zeit doch etwas einsam gefühlt.
„Bitte hilfst du mir nun mit dem Grill?“, bat Julia. „Sie spielen noch so etwa eine halbe Stunde, so lange kann die Kohle durchglühen.“
Sie gingen durch den Garten zurück zur Terrasse.
Jennifer goss reichlich Anzündflüssigkeit über die Kohle und warf ein Streichholz hinterher. Eine Stichflamme schoss hoch und setzte die Kohle unter Feuer. Langsam fing die Kohle an zu glühen.
Die beiden Frauen setzten sich nicht weit entfernt vom Grill auf eine Poolliege und fingen an zu reden. Sie hatten immerhin einige Wochen nachzuholen.
Nachdem sie die Ereignisse der letzten Wochen ausführlich besprochen hatten, berichtete Jennifer zwar etwas beschämt, aber haarklein die Erlebnisse des heutigen Tages.
„… und dann denke ich, ich muss irgendwie einen Sonnenstich haben. Wie kann ich an einem Tag zwei Männer treffen, die ich so anziehend finde? Dass ich dann von dem dritten noch träume und alles so realistisch war, macht mir fast Angst. Meinst du, ich habe mir bei dem Sturz den Kopf verletzt oder bekomme ich mit 30 Torschusspanik und sehe überall Männer, die mich wahnsinnig machen?“, endete sie.
Erwartungsvoll sah sie ihre Freundin an und bemerkte einen sehr nachdenklichen Blick, besonders als sie den Mann aus ihrem Traum beschrieb.
„Du weißt nicht, wer er gewesen sein kann?“, fragte Julia.
„Nein, ich habe keine Ahnung, ich kenne die drei doch nicht, woher auch und hier in Los Angeles kenne ich erst recht keine Männer. Ich fand sie alle drei einfach total faszinierend, das wundert mich doch so“, antwortete Jennifer.
„Alle drei?“, Julia zog eine Augenbraue hoch und schaute Jennifer an, als hätte sie den Verstand verloren.
„Na, ob du gleich drei solche Männer verkraften kannst?“, lachte Julia.
„Och, ein richtig netter Typ reicht mir fürs Erste auch schon“, grinste Jenny zurück.
Das Flutlicht im hinteren Teil des Gartens erlosch.
„Ich glaube, sie sind fertig“, sagte Julia.
„Kannst du bitte mal nach der Kohle sehen, während ich die Getränke hole?“, bat Julia und verschwand eilig im Haus.
Jennifer schob mit einer Grillzange die staubige Kohle hin und her, so richtig Hitze hatte die Kohle ja noch nicht, vielleicht würde es schneller gehen, wenn sie etwas hineinpustete.
Sie beugte sich vornüber und blies die Backen auf. Da sah sie aus den Augenwinkeln etwas Weißes blitzschnell heranfliegen; es schepperte laut und eine schwarze Wolke stieß hoch in die Luft.
Jennifer blieb der Atem stocken, sie begann zu husten und versuchte, durch den Ascheregen zu erkennen, was eigentlich geschehen war.
Durch den Rauchschleier erkannte sie verschwommen zwei Männer im Trikot der englischen Nationalmannschaft, die vollkommen entgeistert vor ihr standen.
Von weitem hörte sie die lachende Stimme von Steven: „Jennifer, hast du es heute mit dem Sonnenbaden so übertrieben?“
In ihren Ohren begann es zu rauschen.
Nicht schon wieder so eine Blamage!
Die schuldbewusste Stimme des anderen Mannes drang an ihr Ohr: „Sorry, mir ist der Ball weggerutscht und gegen den Grill geknallt. Es war keine Absicht, wirklich nicht.“
Wo hatte sie diese Stimme heute schon einmal gehört?
In ihrem Kopf arbeitete es.
Jennifers Augen begannen zu brennen von all der Asche, die ihr ins Gesicht geflogen war. Sie bemühte sich etwas zu erkennen, sah aber nur verschwommen.
Sie sah zu, dass sie ins Haus zu Julia kam und rannte wortlos davon.
„Was hast du denn jetzt wieder angestellt?“, rief Julia entsetzt, als Jennifer mit Ruß verschmiertem Gesicht in der Küche erschien. Bevor sie auch nur ein Wort sagen konnte, kam Steven kleinlaut in die Küche.
„Tom hat aus Versehen den Grill angeschossen und das hat wohl ein wenig gestaubt“, erzählte er geknickt.
Julia schaute ihn viel sagend an und antwortete ungewöhnlich kurz mit einem knappen „Oh nein.“
Eilig schob sie Jennifer aus der Küche.
Steven und der Unglücksschütze saßen immer noch in ihren verschwitzten Trikots am Poolrand. Beide hielten eine Flasche mit Wasser in der Hand und Steven schaute seinen Freund zweifelnd an.
„Du willst mir ernsthaft weismachen, dass du in den vergangenen zwei Tagen drei unterschiedliche Frauen getroffen hast, die dir nicht mehr aus dem Kopf gehen? Ist das nicht selbst für dich etwas viel? Und wenn ich mir überlege, welche das gewesen sind! Junge, das ist sicher nicht der Typ Frau, den du normalerweise anziehend findest und für eine Nacht abschleppst. Und nun kommst du gleich mit dreien von der Sorte an.“
Sein Gegenüber suchte nach Worten.
„Ich kann auch nicht erklären, was sie alle so anziehend macht. Es war ganz eigenartig, so etwas habe ich bis jetzt auch noch nicht oft erlebt … eigentlich eher seltener. Es war so, als ginge von ihnen eine seltsame Faszination aus, die mich magisch angezogen hat. In Gedanken habe ich sie dann allerdings eher ausgezogen“, grinste er breit und wartete auf die Antwort seines Freundes.
„Na, das klingt dann schon wieder mehr nach dir“, murmelte Steven, der sich absolut nicht vorstellen konnte, was in seinen Mannschaftskollegen gefahren war.
Normalerweise konnte der sich vor Frauen nicht retten und wäre sicher nicht der seltsamen Idee verfallen, Frauen an den Strand nachzulaufen oder in einem Hotel den Kavalier zu spielen.
Noch seltsamer war die Tatsache, dass er sich offensichtlich immer noch genau an die Frauen erinnerte. Die Mühe machte er sich sonst nicht mal, wenn er eine Nacht mit ihnen verbracht hatte.
Die nächsten Worte seines Freundes ließen Steven dann aber wieder aufhorchen.
„… und weißt du, was noch verrückter ist? Eben ist es mir schon wieder passiert.“
„Wie eben?“ Steven dachte, er hörte nicht recht.
Wo gab es denn hier Frauen, von seiner zukünftigen Frau Julia und Juanita, dem mexikanischen Hausdrachen, abgesehen?
Die konnte er doch unmöglich gemeint haben, also sah er schon weiße Mäuse und es war ernst.
„Von wem zum Teufel redest du überhaupt?“, fragte Steven entnervt.
Zu laute Musik konnte offensichtlich nicht nur auf die Ohren schlagen, sein Kumpel hatte offenbar auch noch anderweitig Schaden genommen. Oder hatte er etwa während des Spiels einen Ball an den Kopf bekommen?
Bei diesem Gedanken schrillten alle Alarmglocken in Stevens Kopf! Natürlich, der Kerl redete hier von der bis zur Unkenntlichkeit mit Kohlenstaub verschmierten Jennifer.
Die fand er jetzt auch noch so anziehend, oder was?
„Das glaube ich nicht, du meinst Jennifer?“
„Welche Jennifer?“, kam prompt die Frage zurück.
Klar, er wusste gar nicht, wer sie war, denn Jennifer war ja erst nach dem Spiel aus