Ihre Stimmen hallten in der leeren Wohnung wider.
„Gebt’s zu“, sagte Mike. „Ihr wollt, dass wir euch beim Einzug helfen.
„Nee, Mike“, entgegnete Nick, unüberhörbar für die Freunde. „Nicht helfen, wir sollen es alleine machen!“ Er lachte meckernd.
Nicht wenig erstaunt waren die beiden Dealer, als sie die Maschinen durch das Toilettenfenster schieben und dann selbst nachklettern sollten. Vor allem Mike hatte beim Durchkommen seine Probleme.
Diesmal leuchteten vier Lichtkegel von Taschenlampen das Treppenhaus der Arbeitsagentur ab.
„Hier ist keine Maschine“, stellte Mike nüchtern fest, als sie am unteren Treppenende angekommen waren. Er schwitzte vom Treppabsteigen.
„Hier ist gar nichts“, quengelte Nick.
„Doch“, sagte Benjamin tatendurstig. Er baute die Baustellenlampen auf, richtete sie auf die Wand. Martin installierte in der Zwischenzeit den Benzinbetriebenen Generator und setzte ihn in Gang. Daraufhin schlossen sie Schlagbohrer und Lampen an.
Benjamin nahm den Schlagbohrer, Martin den Vorschlaghammer. Dann legten sie los.
Ein ohrenbetäubender Lärm dröhnte durch das Treppenhaus.
Schnell gab die Wand nach und ein Ziegelstein nach dem anderen fiel polternd nach innen. Staub von zerbröseltem Putz stieg auf und legte sich über die vier Einbrecher. Alle husteten sie.
„Ihr seid wahnsinnig!“, stieß Mike aus.
„Ihr habt euch verändert“, konstatierte Nick.
„Wir brauchen eure Hilfe“, meinte Benjamin knapp und deutete auf die Schaufeln. Sein Haar hatte weiße Strähnen.
Mike zog sein Jackett aus. Nach kurzer Zeit hatten sie ein Loch in die Wand gebrochen, durch das selbst Mike gelangen konnte. Mit gezückten Taschenlampen stiegen sie über die Ziegelsteine.
Drinnen fand Martin ein Schaltpult mit ein paar Hebeln und Knöpfen. Er aktivierte sie allesamt. Licht flackerte auf und Generatoren sprangen an.
„Sagt mal“, kam Nick plötzlich ein Gedanke. „Ist das hier nicht das Arbeitsamt?“
„Genau“, schloss sich ihm Mike an. „Ihr habt doch gegenüber von dem Scheißladen gewohnt.“
„Ihr irrt euch“, widersprach Martin eilig.
Benjamins blitzartige Ausflucht lautete: „Das ist ein Haus weiter.“
Nick kratzte sich am Kopf. „Wäre ja auch komisch…“
„War da.“ Mike runzelte die Stirn. „Nicht letztens irgendwas mit dem Arbeitsamt? Ich hab da…“
„Schluss jetzt“, fuhr ihn Benjamin an. „Wir haben keine Zeit.“
Martin atmete auf. Die beiden Dealer würden noch früh genug dahinter kommen. „Ja“, sagte er. „Wir sind schon wieder zu nüchtern.“
Mit brennender Ungeduld legte Benjamin ihnen Lines.
Erfrischt begaben sie sich in den zweiten Raum. Der Anblick des Spaceshuttles verschlug den beiden armen Freunden der beiden reichen Freunde die Sprache.
„Mann!“, sagte Nick und rieb sich die Augen.
„Ohne Scheiß!“, brachte Mike mit Gänsehaut hervor.
„Gib mal dein Handy“, forderte Benjamin Nick auf. Der dürre Dealer zückte das Spielzeug und entsperrte es.
Benjamin öffnete die oberste SMS. Die Türe der Raumkapsel sprang auf. Diesmal sagten Nick und Mike nichts mehr.
Martin forderte sie auf, einmal ins Innere zu schauen. Mike wäre gerne hineingegangen, schaffte es aber nicht. Für Nick wäre es ein Leichtes gewesen, einzusteigen, aber er wandte sich sofort wieder ab. Das alles war ihm zu unheimlich.
„Was habt ihr in das Koks getan?“, frage Mike kopfschüttelnd.
„Ich muss dann mal“, stotterte Nick und wandte sich zum Gehen. „Ich hab noch einen Termin…“
Benjamin hielt ihn fest. „Nix da. Wir brauchen dich.“
„Wenn alles klappt“, versuchte Martin Nick zu beruhigen. „Gibt es eine schöne Belohnung.“
„Für mich auch?“, erkundigte sich Mike.
Was ihnen die beiden Freunde nicht verrieten, war, dass die Belohnung nicht sie, sondern ihre Wiedergänger in der Parallelwelt bekommen würden. So war das leider mit den Raumzeit-Schläuchen.
„Wenn wir weg sind“, dozierte Martin. „Aber erst, wenn wir wirklich weg sind, müsst ihr die Maschine zerstören. Dar Werkzeug habt ihr ja.“
„Aber…“ Mike hatte einen winzigen Logikfehler in ihrem Plan ausgemacht. „Dann könnt ihr ja gar nicht zurück.“
Benjamin kniff die Lippen zusammen. „Lass das mal unsere Sorge sein.“ Er tätschelte Mike die Schulter.
„Wir schaffen das schon!“, beschwichtigte Martin.
„Wie ihr meint“, gab Nick klein bei. „Also ich muss nur die Nummer hier eingeben und anrufen?“
Benjamin nickte. „Richtig. Nachdem wir uns reingesetzt haben und du die Tür zugemacht hast.“
„Was passiert dann?“, erkundigte sich Mike.
„Die Maschine startet“, antwortete Benjamin. „Wenn sie wieder ruhig ist, öffnet die Türe und schaut, ob wir weg sind. Wenn ja, könnt ihr das Teil zu Schrott schlagen.“
Einmal mehr kletterten sie in die Raumkapsel. Als sie schon drin waren, drehte sich Benjamin um und streckte nochmal den Kopf hinaus: „Zerstören“, sagte er mit Nachdruck. „Alles zerstören!“
„Danke Mike, danke Nick“, konnte man Martin von hinten rufen hören.
Nick und Mike sagten nichts. Sie winkten unschlüssig, schwächlich. Benjamin kam nachgekrochen und die beiden Freunde setzten sich auf die Pritschen.
Durch den Gang riefen sie Nick zu, er könne jetzt die Türe schließen. Mit einem Klacken fiel diese zu.
III.
Martin und Benjamin schlugen triumphierend mit den Händen ein. Sie hatten alles dabei. Ihr Geld, Ihre Kreditkarten, ihre Handys, das Koks. Auch die Formel steckte in ihren Hosentaschen.
Sie freuten sich auf ihre kleine Reise in die Vergangenheit. Sie hatten sowieso vorgehabt, in Kürze zu reisen. Einen Luxusurlaub auf den Malediven hatten sie bereits ernsthaft ins Auge gefasst. Den würden sie antreten, sobald ihr kleines Problemchen aus dem Weg geräumt wäre. Sie mussten nur ihre Kontaktmänner bei der Arbeitsagentur in Kenntnis setzen, und die würden dafür sorgen, dass in der Parallelwelt diejenige Person nicht bei der Polizei plaudern würde, die in der hiesigen Welt ausgepackt hatte. Alles würde beim Alten bleiben. Sie verspürten eine riesige Erleichterung.
Dann warteten sie. Sie fixierten die Ziffernleiste an der Wand.
Nick schien beim Eintippen sehr lange zu brauchen, doch allmählich nahm die Nummer Gestalt an.
Nur noch drei Ziffern.
Nur noch zwei.
Nur noch eine.
Sobald die letzte 7 in eine 4 umgesprungen war, begann alles zu vibrieren. Am stärksten vibrierten die beiden Freunde selbst.
Sie konnten kein Wort mehr sagen, nur noch stöhnen und schreien. Nach zwanzig Sekunden erbrach Martin Thunfisch im Pizza-Wein-Brei, Benjamin Teig mit Salami in roter Magensoße.
Dann vibrierten sie so sehr, dass sie die Münder nicht mehr aufbrachten.
Dann vibrierten sie so sehr, dass sie ihre Körper