Baker Island. Hugo Berger. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Hugo Berger
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783748561033
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dass ich mich mit den Knien abfedere und mit einer Rolle die Wucht des Aufkommens vermindere.

      Ich lieg am Boden, noch unentschlossen ob ich mir eine Verletzung zugezogen hab. Kann ich aufstehen? Der Adrenalinstoß lässt nach und eine Reihe von Körperstellen beginnen zu schmerzen als ob mich ein brutaler Boxer zusammengeschlagen hätte. Ich kann es im Augenblick nicht exakt lokalisieren. Es ist eine ganze Armee von dumpfen Schmerzen, keine stechenden. Mein Rücken, meine Schulter, meine Brust, meine Beine und meine Arme. Benommen lieg ich in einem Dickicht aus irgendwelchen Blättern, nachdem ich auf dem Hügel aufgekommen und wie ein Ball von dieser kleinen Erhebung hinuntergerollt bin. Ich realisiere plötzlich dieses intensive zitronenduftartige Aroma das mich umgibt als ob ich mitten in einem Gewächshaus sitzen würde. Leuchtende Glühwürmchen schwirren tanzend herum. Es lenkt mich ab an schwerwiegende Verletzungen zu denken und ich rapple mich ungelenkig auf, so wie ich es an diesem Tag schon einmal am Strand getan habe. Mit dem Gefühl, von einer Million blauer Flecken verunstaltet zu sein, kann ich mehr oder weniger aufrecht stehen. Wieder hab ich eines meiner Katzenleben verbraucht, sei es drum. I`m alive. Ich will gar nicht wissen, was mich als nächstes auf diesem Survival-Trip erwartet. Doch nun brechen mit einem Mal all die Erlebnisse dieses Desaster-Tages in einer Summe auf mich herein. Würd ich jetzt an dieser Stelle einfach so sterben, es wär mir egal. Ich bin einfach nur müd, so unbeschreiblich und unendlich müd. „Hey Mister!“ Ist das jetzt der Pförtner an der goldenen Himmelstür oder die Stimme, die einem lebendigen Menschen gehört? Obwohl mich die Morgensonne blendet erkenn ich unmittelbar vor mir das schwarzfarbige Gesicht des Prototyps eines mindestens zwei Meter großen Muskelpakets. „Hey, Weißbrotgesicht, was machst du da?

      Ich weiß nicht, an wen mich dieser kahlgeschorene Mann mit der Figur eines Bären erinnert. „Ich, ich bin …. eingeschlafen.“

      „Ist nicht zu übersehen Mister“

      Wo kommt das Strohdach über meinem Kopf her? Ich liege auf zwei Strohsäcken, um mich herum Stauden, jeden Menge Stauden, Bananenstauden, und noch intensiver dieser ätherische Duft von Zitronen und Lavendel.

      „Kein guter Platz zum Schlafen Mister.“

      „Sorry Mann, das war die einzige Suite in der Gegend.“

      Schmunzelt Black Man oder hat seine Mimik einen sarkastischen Unterton?

      „Dann glaubst du wohl, dass ich der Zimmerservice bin?“

      Black Man erinnert mich an diesen Sklavenroman von… Ich komm nicht drauf. „Sorry, ich weiß ja nicht mal wo ich hier bin.“

      „Willst du mich auf den Arm nehmen Mister?“

      „Seh ich so aus? Sieh dir meinen zerschundenen Anzug an Mann, dann weißt du, dass ich nicht mit dem Taxi gekommen bin.“

      „Bist ja ein witziges Kerlchen. Keine Ahnung, was du dir ins Hirn gepustet hast. So wie du läuft hier keiner rum, und schon gar kein Neuer.“

      „Ein Neuer was?“

      Statt einer Antwort, bekomme ich nur einen noch eigenartigeren Blick, der alles Mögliche bedeuten kann. Unbeeindruckt einer möglichen Gefahrensituation beschwert sich mein Magen lautstark mit einem unüberhörbaren Knurren über seinen fehlenden Inhalt. Die Augen des Black Man sind immer noch zugekniffen und ich habe keine Vorstellung was in seinem Hinterstübchen gerade vorgeht. Ist es seine spezielle Art zu lachen, oder …ist sein undurchschaubares Gemüt zu einer barbarischen Gräueltat imstande? Was macht er jetzt, er greift in das Innere seiner umgehängten Tasche? Messer oder Pistole, was werde ich als letztes in meinem Leben zu Gesicht bekommen?

      „Da hat wohl einer mächtig Hunger“, resümiert er folgerichtig und holt ein Sandwich von beachtlicher Dimension aus seiner Tasche. „Hier Mister, kannst meinen Happen haben, und in dieser Flasche ist noch was zum Runterspülen. Vielleicht wird davon deine Birne klar. Ich habe da vorne ein paar Bewässerungsschläuche in Ordnung zu bringen, dann komme ich wieder zu dir.“

      Seit meinem eigenartigen Erwachen als Treibholz befinde ich mich in einem ständigen on-off-Modus zwischen Sein und Nicht-Sein, einem gerade-dem-Tod-entkommen und einem mein-letzter-Atemzug. Black Man ist verschwunden, ich liege immer noch auf den beiden Strohsäcken, unfähig mich aufzurichten. Ich muss es in der letzten Nacht offensichtlich vom Blätterdickicht doch noch bis hierher geschafft haben, ohne mich an die geringste Kleinigkeit zu erinnern.

      Nun liegt dieses verführerische Stück Nahrung vor meiner Nase, das ich nach zwei oder vielleicht sogar mehr verpflegungslosen Tagen hinunterschlinge wie ein Raubtier. Absolut deliziös, dieses weiche Brot, herzhaft dieses einmalig schmackhafte Aroma eines delikaten Schinkens, butterweicher Käse, ein sensationelles Dressing mit Zutaten, die mir bislang unbekannt waren und reife Tomaten die von der Sonne geküsst wurden. Das dürfte wohl das exklusivste Sandwich meines Lebens gewesen sein. Dabei hab ich noch nicht mal seinen -zum-Runterspülen-Saft gekostet. Wow… viel Saft ist da mit Sicherheit nicht enthalten, dafür eine umso reichhaltigere Dosis von Rum, gemixt mit einer Mischung aus Minze, Kokos und was-weiß-ich-für-spezielle Tropenfrüchte.

      Auch dieser Runterspül-Drink stellt sämtliche Cocktails, die ich eventuell mal genossen hab in den Schatten aller Schatten. Allmählich werden meine Lebensgeister wach. Sie bestaunen die Üppigkeit der Bananentrauben, die direkt vor meiner Nase an den Stauden hängen. Ein paar Reihen weiter, seh ich Ananas, Orangen und sind das … Mangos..? Auch wenn ich überhaupt nichts begreife wo und warum ich hier gelandet bin, befinde ich mich definitiv in einem Paradiesgarten. Fehlt nur noch, dass Eva gleich um die Ecke kommt, Adam war ja vorhin gerade da. Dann war es wohl auch die sündige Eva, von der ich letzte Nacht geträumt hab. Große dunkelbraune Augen, ein anmutendes Gesicht, ihre weiche Haut. Sie summte eine Melodie, die mir bekannt vorgekommen ist. Und Black Man Adam, was ist mit ihm? Was meinte er mit dem „Neuen“? Meine Erinnerung ist komplett gelöscht, Stromausfall im Gehirn, nicht die geringste Erinnerung an Namen, Gesichter und Vergangenheit. Die Sonne dagegen grinst mich unbeeindruckt meines persönlichen Dilemmas gnadenlos an, so wie sie es bereits am Strand getan hat, als Blacky wieder auftaucht.

      „Hast du eine Zigarette für mich?“

      Es ist das erste Mal, dass dieser big black Man wie ein ganz stinknormales menschliches Wesen lacht. „Eine Zigarette? Du meinst Kinderkram?“ Beim Lachen blitzen seine weißen Zähne wie in einer Fernsehwerbung, seine Figur könnte einem Bodyguard oder einem Rausschmeißer gehören, er wird wohl etwa um die vierzig sein. „Du bist vielleicht ein schräger Vogel, genau so schräg wie deine Aufmachung. Wir rauchen hier nur happy-Islands, bis auf unseren Boss, der raucht fette Zigarren.“

      „War wohl die falsche Frage!“

      Sein Blick wurde wieder nachdenklicher. „Du gibst auch die falschen Antworten, Mister. Was mach ich mir denn mit dir? Komm ich nehme dich erst Mal mit zu mir und dann sehen wir weiter.“

      Big Man hilft mir beim Aufstehen, oder ist es eine Abführung, der eine Ablieferung bei der Polizei folgt? Beim ersten Schritt merke ich, dass ich mit dem linken Bein nur mit deutlichen Schmerzen auftreten kann und zucke merklich zusammen.

      „Was ist Mister?“

      „Nur mein Fuß. Hab mich scheinbar beim Sprung von der Mauer verletzt.“

      „Welche Mauer? Du meinst doch nicht … „

      „Doch, meine ich schon. Woher glaubst du, dass ich meine blauen Flecken habe, und warum meinst du, dass ich mich hier im Grünzeug und nicht in einem Grand-Hotel mit Room-Service übernachtet habe.“

      „Ich kenne ja viele Spinner die phantasieren und abgefahrene Lügengeschichten erzählen, aber dass jemand von dieser Mauer runter ist… Da kommt keiner rauf, wozu auch? Was wolltest du denn überhaupt dort oben? Mein Säftchen hat dir wohl auch nicht gut getan Mister.“

      „Du musst mir glauben.“

      „Pah, alles was ich glaube ist, dass du nicht alle Tassen im Oberstübchen hast.“

      „Auch wenn es sich noch zu verrückt anhört, ich kann es dir nicht erklären Mann. Ich weiß nicht, wo ich hier bin, wer ich bin, und wie ich hierher gekommen