Lethal Vacation. Josephine Lessmann. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Josephine Lessmann
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753132990
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erneut.

      Ivy schüttelte den Kopf. »Sebastian ist nicht hier. Von daher brauche ich ihm das nicht zu erklären.«

      »Irgendwann wird er es wissen wollen, wie es dazu kam.«

      »Dann kann er gern nochmal nachfragen.«

      Ellen nickte zustimmend und trank erneut aus ihrem Pott. Sie spürte, dass Ivy sie anschaute. »Ich fand Konrad im Wald, falls du das wissen willst.« Ellen sah in ihre wissbegierigen Augen.

      »Warum hast du Pearl verlassen?«, fragte Ivy.

      Die Jägerin schloss einen Moment die Augen und dachte nach. »Ich hätte nie gedacht, dass Stocksen niederbrennen würde. Ich habe diese Kolonie geliebt. Das war mein Zuhause. Und ich fühlte mich als Versagerin. Ich wollte diese Leute beschützen und konnte es nicht. Als wir von Pearl aufgenommen wurden, war mir alles zu viel und ich hielt es für das Beste, zu gehen.«

      »Du hast den Schwanz eingezogen.«

      Ellen lachte leise. »Hätte ich einen, dann ja.« Betrübt hielt sie inne. »Ich war so vorsichtig. Ich habe Menschen wieder rausgeschickt, die es gar nicht verdient hatten. Dafür habe ich Schläfer rein gelassen und es nicht mal gemerkt.«

      »Es bringt nichts, sich darüber Gedanken zu machen. Es ist nun mal passiert. Wir müssen das Beste daraus machen.«

      Gedankenverloren nickte Ellen. »Ich fand eine alte Berghütte. Sie war recht unberührt. Ich hatte meine Ruhe und konnte abschalten. Doch nach nicht mal zwei Tagen, war die Ruhe vorbei. Ich wachte in der Nacht auf und hörte Schreie. Ich schaute nach und fand Konrad auf einem Autodach … Umzingelt von Toten. Ich rettete ihm das Leben und nahm ihn mit ins Haus … Er war fix und fertig, abgemagert, trug Schürf- und Kratzwunden am ganzen Körper. Als ich seine Sachen durchsuchte, fand ich, neben ein paar Würfeln, das.« Ellen hielt Ivy ein kleines Stück Papier entgegen.

      Verwundert faltete sie das Blatt auseinander. Es war ein Familienfoto, auf dem alle vier zu sehen waren. Sofort kamen Erinnerungen in Ivy hoch, als es zu dem Bild kam. Es war Hochsommer. Sie veranstalteten damals ein Familienfest und Ivys Vater schoss das Foto in ihrem Garten. Sie schmunzelte und strich behutsam über das abgegriffene Papier.

      »Nachdem er sich ausgeschlafen hatte, fragte ich ihn, wer das sei. Er erzählte mir viel. Doch plötzlich sagte er, dass er aus der Geisterstadt käme und dass seine Schwester und Großeltern dort seien.«

      Ivy nickte besorgt. »Mein Schwiegervater und meine Mutter sind noch am Leben. Sie sind mit Hailey im Ghetto untergebracht.«

      »Ich brachte ihn nach Illmers, weil ich wusste, dass die Hoods hier halten würden. Und es gibt hier einen guten Arzt, der ihn versorgen konnte.«

      »Ich danke dir, dass du ihn hergebracht hast«, sagte Ivy mit einem Lächeln.

      »Nicht dafür.« Ellen schnaufte. »Wenn ihr vier da nicht rein geht, schicken die Kolonien die Armee. Die brennen das Ding nieder ohne Rücksicht auf Verluste«, sprach Ellen mit eindringlichem Blick. Ivy senkte nachdenklich ihr Haupt. »Denen ist es egal, ob das Ghetto voll mit Gefangenen ist. Die knallen sie ab und stellen keine Fragen.«

      Grübelnd kniff Ivy ihre Augen zusammen und dachte angestrengt über ihre Worte nach. Sie sah Ellen verunsichert an. »Wie würde dieser Plan aussehen, den du für uns ausgeheckt hast?«

      Schmunzelnd rutschte sie mit ihrem Stuhl näher. »Ihr seid Überlebende, die aus Osteuropa zurückgekehrt sind. In Norddeutschland habt ihr keine Menschen gefunden und steht nun vor diesen Toren. Mac war bei der Army, Elmar und Klaas sind ebenfalls gute Schützen. Und du, meine Liebe, warst früher Köchin. Konrad erzählte mir, dass die Kommandeure speisen wie die Könige, während die Leute im Ghetto nur Dreck bekommen. Wir werden Zyankalikapseln besorgen, die du unter das Essen mischen wirst. Wir tun es ihnen gleich und infizieren sie wie ein Virus.«

      Besorgt grübelte Ivy über ihren Plan. »Und was machen wir, wenn wir auffliegen?«

      »Werdet ihr nicht«, verneinte Ellen sicher. »Ihr seid nicht im System. Deshalb ist es von äußerster Wichtigkeit, das Vertrauen der Leute zu bekommen. Das macht es leichter.«

      »Wie viel Zeit bleibt uns?«, hakte Ivy nach.

      Für einen Moment hielt Ellen inne. Sie zündete sich erneut eine Zigarette an und sah ihr entschlossen in die Augen. »Wir könnten es auf zehn Tage ausdehnen. Aber dann müssen die Gefangenen raus und die Mission erfüllt sein. Ihr müsst euch den Gepflogenheiten fügen, um nicht aufzufallen.«

      Innehaltend nickte Ivy vor sich hin.

      Du weißt genau, dass sie recht hat. Stell dir vor, deine Kinder sterben ebenso im Feuerball, wie die Menschen in Stocksen. Willst du, dass es so für sie endet? Bestimmt nicht, wisperte ihre innere Stimme.

      »Wir tun es.«

      Hocherfreut riss Ellen ihre Augen auf und strahlte über das ganze Gesicht. »Stell dich darauf ein, dass es bald losgehen wird und-«

      »Du hast Konrad das Leben gerettet. Ich möchte, dass du auf ihn aufpasst«, unterbrach Ivy sie.

      Ellen nickte. »Das werde ich. Ich werde ihn nicht aus den Augen lassen«, versicherte sie.

      Dennoch war Ivy in Sorge. »Ich hoffe nur, dass die anderen mitkommen.«

      »Mach dir über die drei keinen Kopf. Sie haben dir viel zu verdanken und sie werden dir folgen«, versicherte Ellen zuversichtlich.

      Grüblerisch nickte Ivy und verließ die Terrasse, ohne ein weiteres Wort zu sagen.

      Ellen schnappte sich ihre Decke und brachte diese in ihr Zimmer. Ihr Weg führte sie zu den Anführern von Illmers.

      *

      Ivy trottete zu ihrem Zimmer, öffnete leise die Tür, blieb im Rahmen stehen und sah Konrad im Lichtkegel des Flurs in ihrem Bett schlafen. Für einen Augenblick beobachtete sie ihn und lächelte verträumt. Doch dann wurde sie traurig.

      Sebastian fehlt mir so. Er hatte es sich gewünscht, wieder nach Hause zu kommen. Auch wenn er Angst hatte, dass wir sie nicht finden würden. Und jetzt liegt unser Junge in meinem Bett. Ohne Vater an seiner Seite.

      »Du bist ja wach?«, staunte Mikey. Erschrocken drehte sich Ivy zu ihm um. »Entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken, Ivy.«

      Schnaufend holte sie Luft und schüttelte lächelnd den Kopf. »Alles gut … Ich kann nur nicht schlafen … Das ist heute alles so aufregend.«

      »Verständlich. Schließlich hast du nach langer Zeit deinen Sohn wiedergefunden.« Mikey druckste vor sich hin und blickte skeptisch in ihre Augen. »Werdet ihr den Kolonien helfen?«

      Ivy schloss leise die Tür und trat auf den Korridor. Sie lehnte gegen das Blatt und nickte ihm zu. »Wir werden handeln.«

      Laut prustend zog Mikey die Augenbrauen hoch und stützte sich gegen die Wand. Die Entscheidung, die Ivy getroffen hatte, gefiel ihm nicht.

      »Danke, dass du mir das Leben gerettet hast«, meinte sie und griff nach seiner Hand.

      Verblüfft schaute Mikey an sich herunter und strich behutsam über ihren Handrücken. »Da ich nicht mit komme, kann ich dir nicht nochmal das Leben retten.«

      Sie lächelte ihn verträumt an, schritt auf ihn zu und nahm ihn in ihre Arme.

      Sichtlich perplex umschloss er sie und wollte sie nie wieder loslassen.

      »Ich hätte gern den Hechtsprung gesehen. Ohne dich könnte ich jetzt nicht meinen Sohn in die Arme nehmen«, sagte sie mit einem Lächeln in der Stimme.

      Ivy ließ von ihm ab, schaute tief in seine Augen und strich über seine Wange. Aus heiterem Himmel presste er seine weichen Lippen auf ihre. Es war ein kurzer Kuss, aber es fühlte sich an, als würde ein Blitz durch ihren Körper fahren.

      »Entschuldigung … Es ist … einfach passiert«, stammelte Mikey, als er von ihr abließ und sich nervös durch die