Tödliche Geschwister. Jo Caminos. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jo Caminos
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738076936
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viel Spaß in letzter Zeit, du Arschloch! Hättest mir ja zumindest Trish übrig lassen können. Das Miststück hätte ich zu gerne in Scheiben geschnitten. Also drängel jetzt nicht! Warten wir noch ein paar Minuten …“

      „Dich macht so was scharf, was?“

      „Mach mich bloß nicht an, ich stehe nicht auf Jungs!“

      „Weiß ich doch längst. Aber so meinte ich das auch nicht - und das weißt du ganz genau. Wir beide kommen uns bestimmt nicht in die Quere.“

      „Arschloch. Und was machen wir nach dem Gekreische? Abhauen?“

      Eugene nickte. „Wäre nicht verkehrt. Bin sowieso schon viel zu lange in der Stadt. Wird langsam langweilig. Wie wär´s, wenn wir uns zusammen absetzen? Ich denke, wir beide ergänzen uns gut. Gehen wir doch ein bisschen wildern - dort draußen. Die Welt ist voller Beute.“

      Das hast du schön gesagt!, meldete sich eine allzu bekannte Stimme in Eugene. Das war Black. Da waren auch noch Cynthia und Finch, aber die beiden schwiegen zur Zeit. Früher gab es auch noch Murdoch, aber der hatte schon lange nichts mehr von sich hören lassen. Cynthia mochte Sheila nicht, das wusste Eugene. Cynthia sollte die Klappe halten. Sie war eh viel zu weinerlich, diese depressive Tante.

      Sheila überlegte. Geld war nicht das Problem. Sie hatte mehr als genug davon. Und Schreiben konnte sie überall. Ihre Horrorgeschichten verkauften sich gut, na ja, zumindest hin und wieder - dabei fand sie selbst, dass die Geschichten ziemlich ausgelutscht waren. Immer dasselbe: Vampire, Dämonen, Bekloppte, noch mehr Bekloppte und so weiter … Na ja, es gab ja auch noch ihre Hardcore-Edition, und die hatte es in sich, oh ja …

      „Und wo sollen wir hin?“, fragte sie schließlich.

      „Vegas. Dann sehen wir weiter. Vorher machen wir noch einen Zwischenstopp in Barstow. Ich habe dort ein Apartment. Viel mitzunehmen habe ich nicht, nur einen Koffer mit Klamotten. Und wir sollten uns die Frühnachrichten ansehen. Ich mag keine Überraschungen. Ich nehme zwar nicht an, dass die Cops uns bis dahin schon auf der Spur sind, aber man weiß ja nie …“

      Sheila erwiderte nichts. Sie musste an das vergangene halbe Jahr denken. Langweile pur. Mit Sandra war nichts mehr anzufangen gewesen. Und rangelassen hatte sie sie auch nicht. Nein, Eugene hatte vollkommen recht. Sie wollte hier weg. Diese Stadt widerte sie nur noch an. Alles war anders gekommen, als sie gedacht hatte. Verflucht, warum musste Eugene aber auf noch Trish über die Klinge springen lassen …? Weil ihm danach war, beantwortete sie sich selbst die Frage. Wir sind uns unglaublich ähnlich …

      Sheila tauchte aus ihren Gedanken auf und sah Eugene tief in die Augen. „Okay. Hast du einen Wagen?“

      Er schüttelte den Kopf. „Nein, Trish, die Geizkröte hat sich quer gestellt. Sie wollte mir keinen Wagen kaufen. Aber du hast doch diese tolle neue Kiste. Dein SUV, war bestimmt nicht billig. Verdienst du eigentlich viel mit dem Schreiben? Oder wie kannst du dir so eine Karre leisten?“

      Teste sie!, drängte Black in seinem Inneren. Eugene schüttelte irritiert den Kopf. Black wurde immer stärker in letzter Zeit. Wie damals … Wann war das? Was war damals passiert?

      „Kann davon leben“, erwiderte sie einsilbig. Nicht, dass der Kerl noch auf dumme Gedanken kam. Aber sie würde sich schon zu wehren wissen - das hatte sie immer gekonnt.

      Ein Aufschrei aus dem Vorführraum, wo Lunatics on Highway 61 lief, war bis ins Foyer zu hören.

      „Sie haben es mitbekommen!“ Eugene schnalzte mit der Zunge. Ein Lächeln umspielte seine Lippen. „Ich liebe so was …“

      Ein brüllendes Lachen echote in seinem Innern: Black. Cynthia heulte depressiv. Finch schien verstimmt.

      Immer mehr Schreie erklangen. Eine Frau kreischte hysterisch. Jemand rief: „Polizei! Ruft doch die Polizei! Und eine Ambulanz. Schnell! Oh Gott, das ganze Blut …“

      „Wir müssten eigentlich Tantiemen verlangen.“ Eugene schüttelte sinnierend den Kopf. „Ist doch die beste Werbung, die ein Kino bekommen kann. Wir sollten diesen idiotischen Goldstein anrufen - der müsste uns an seinen Einnahmen beteiligen.“

      Sheila erwiderte nichts, doch sie konnte ihm auch nicht widersprechen. „Lass uns abhauen. Wir fahren noch kurz bei mir zu Hause vorbei. Viel zu packen habe ich nicht, aber ich möchte auch nichts zurücklassen.“

      „Gut. Machen wir, dass wir hier wegkommen!“ Eugene wollte ihr den Arm um die Schulter legen, doch das ging ihr einen Schritt zu weit.

      „Wir können gerne zusammen irgendwelche Idioten über die Klinge springen lassen, aber mach das nicht! Leg mir niemals den Arm um die Schulter, ja? Ich ertrage so was nicht …“

      „Kein Problem“, erwiderte Eugene. „Gar kein Problem. Gehen wir …“

       Sei vorsichtig mit Sheila, sie ist fast so gefährlich wie du. Wenn nicht noch gefährlicher, meinte Black. Erneut lachte er gellend auf …

      5. Kapitel

      

      „Freust du dich auch schon auf Vegas?“ Dan Miller warf seiner Frau Barbra, die auf dem Beifahrersitz saß, einen schnellen Blick zu.

      Barbra war in Gedanken gewesen. Die Monotonie der Landschaft hier auf der Interstate 15 hatte sie etwas schläfrig werden lassen. Sie sah ihren Mann von der Seite her an und lächelte. Dan meinte es ja gut, also wollte sie ihn nicht enttäuschen. Las Vegas war nie ihr Ding gewesen, trotzdem hatte sie begeistert zugestimmt, als Dan ihr vorschlug, den fünfundzwanzigsten Hochzeitstag in Las Vegas zu feiern, fernab von der Familie und all den Gästen, die wohl ein rauschendes Fest erwartet hatten. Ihre Silberhochzeit sollte ihnen gehören, sonst niemandem, darauf hatten Dan und sie sich schnell geeinigt. Den Hochzeitstag selbst würden sie in einem 5-Sterne-Hotel in Vegas verbringen und dann noch eine Woche dranhängen. Sie beide waren stark in ihrem Job eingespannt und hatten sich eine Auszeit mit vollem Verwöhnprogramm redlich verdient.

      „Ach Dan, Schatz, natürlich freue ich mich. Ich weiß gar nicht, wann wir beide das letzte Mal Gelegenheit hatten, die Seele so richtig baumeln zu lassen. Das muss eine Ewigkeit her sein …“ Sie legte ihm sanft die Hand auf den Arm.

      Dan strich ihr kurz über die Hand. Nach all den Jahren liebte er sie noch immer. Vielleicht sogar mehr, als in den Jahren zuvor. Ihre Liebe war gewachsen, auch wenn es hin und wieder Differenzen gegeben hatte. Eine Ehe ohne Schraffuren gab es eben nicht. Und wie eintönig wäre es doch, wenn jeden Tag grenzenlose Harmonie herrschen würde, so wie bei Harry und Charlotte, einem befreundeten Ehepaar. Dan hatte Harry einmal darauf angesprochen, dass es zwischen ihm und Charlotte niemals Streit gab, doch Harry hatte lediglich gemeint: „Wir haben uns nicht so viel zu sagen, dass es Streit geben könnte …“ Nein, da war Dan doch froh darüber, dass er und Barbra sich nach wie vor fetzen konnten wie zu Studienzeiten. Sie beide galten als starke Persönlichkeiten, manche sagten auch Sturköpfe dazu. Aber so etwas konnte das sprichwörtliche Salz in der Suppe für eine Beziehung bedeuten - nicht wie dieses langweilige auf eitel Sonnenschein machen, das viele Paare als so erstrebenswert ansahen.

      „An der Beacon Station tanke ich noch einmal nach“, sagte Dan kurz darauf. Er meinte eine der letzten Tankstellen auf der Interstate 15 vor der Staatsgrenze nach Nevada.

      Barbra seufzte innerlich auf. Sie hatte die Wüste nie gemocht. Nur Felsen, Schotter, Sträucher und einige verkrüppelt wirkende Josua-Palmlilien, die auch Yuccas genannt wurden. Der Asphalt flirrte vor Hitze. Glücklicherweise war im Wagen selbst dank der Klimaanlage nichts davon zu spüren. Dan sah sie kurz von der Seite her an. „Der Tank ist zwar noch halb voll, aber auf diesen Strecken durch die Wüste, gehe ich lieber auf Nummer sicher. Kennst mich ja …“

      Barbra nickte. „Alter Sicherheitsfanatiker.“ Sie grinste. „Ist nicht böse gemeint, hast ja recht. Wie weit ist es von der Beacon Station noch bis nach Vegas?“

      „Ach, so um die 100 Meilen. Ist nicht mehr weit. Sollen wir nachher kurz