Der Teufel von London. Susanne Danzer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Susanne Danzer
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783745067200
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zu sein und nahezu täglich Opium zu konsumieren. An die Droge war sie durch einen Mann gewöhnt worden war, den sie gut kannte. Inzwischen war ihre Abhängigkeit so groß geworden, dass sie die Droge täglich konsumierte.

      Charles las aufmerksam weiter, obwohl er kaum etwas davon verstand.

      Miss Thompson beschrieb, wie es zur ihrer Abhängigkeit gekommen war. Eine traurige Geschichte, wie die so vieler Opiumsüchtiger. Ihr Drogenlieferant hatte die Situation und ihre Verzweiflung ausgenutzt und den Preis laufend erhöht. Da sie keine andere Quelle kannte als ihn, musste sie zahlen, was er von ihr forderte. Laut ihren Worten in dem Brief hatte sie ihn und sich selbst dafür gehasst.

      Um sich die notwendigen Mittel zu verschaffen, die sie für die Befriedigung ihrer Sucht benötigte, hatte sie in eine ihr anvertraute Kasse gegriffen.

      Langsam begann er den Zusammenhang zu ahnen. Mister Brownhill hatte den Mann, der seiner Geliebten das Opium lieferte, zur Rede gestellt – und ihn abgemurkst.

      Dieser Arthur Bistow schien ein äußerst gefährlicher Bursche zu sein, der vor nichts zurückschreckte und seine Opfer mitleidslos ausnahm, soweit es ging. Offensichtlich presste er alles aus ihnen heraus, förmlich bis zum letzten Blutstropfen.

      Charles Morrison fand die Adresse von Miss Thompson auf dem Briefumschlag, den er in seinem Anzug entdeckt hatte. Er war sicher, dass sie von dem Tod Ihres Freundes noch nichts wusste.

      Nachdenklich fragte er sich, was er als Nächstes tun sollte.

      Er war enttäuscht, weil er nicht einen müden Penny in der Kassette gefunden hatte. Doch die beschriebenen Bögen waren ein kleines Vermögen wert, wenn man es geschickt anstellte. Ein verwegenes Grinsen erschien auf seinem Gesicht, als sich langsam ein Plan in seinem Hirn zusammensetzte.

      Mister Bistows Adresse hatte er in dem Geständnis gefunden.

      Jetzt galt es für ihn, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Vielleicht würde er in seinem Leben nie mehr arbeiten müssen. Auf dem kleinen Tisch in seinem Zimmer fand er ein paar Bögen Papier und einen Federhalter samt Tusche. Er notierte sich alles, was er zur Ausführung seiner Idee benötigte, auf einem leeren Blatt.

      Wäre doch gelacht, wenn sich daraus nichts machen lässt, dachte er bei sich.

      Dann schloss er die Kassette in den Koffer ein und verließ die Pension, um sich etwas zu essen zu besorgen. Er hatte Hunger. Vielleicht wäre ein Stück vom ›Fish Pie‹ jetzt genau das Richtige, um das Knurren seines leeren Magens zu besänftigen.

      In einem kleinen Lokal, ganz in der Nähe, aß er eine Kleinigkeit und trank er sich Mut an. Dazu genügten zwei Whiskys, denn er war es nicht gewohnt viel Alkohol zu trinken. Schon gar nicht etwas so Starkes. Der malzige Whisky, der erstaunlich gut schmeckte, als das Brennen in seinem Hals nachließ, schien ihm direkt in den Kopf zu steigen und ihn zu benebeln.

      Er fühlte sich direkt beschwipst, als er den Pub verließ und sich auf die Suche nach einer Mietkutsche machte. Ohne Umwege ließ er sich nach ›Sudbury Hill‹ bringen.

      In dem Vorort fand er ohne langes Suchen das Haus von diesem Mister Bistow. Er spazierte daran vorbei und bemühte sich, nicht aufzufallen. Der schwarze Zweispänner in der Zufahrt entging ihm nicht.

      Er suchte nach dem nächsten Telegrafenamt, um telefonieren zu können. Es dauerte eine Stunde, bis er es gefunden hatte, und eine weitere Weile, bis sein Anruf das Haus von Arthur Bistow erreichte.

      Als sich jemand meldete, war es die Stimme jener Frau, die Charles an diesem Morgen schon einmal gehört hatte – in der Villa Brownhill.

      Überrascht verschlug es ihm die Sprache und ohne sich gemeldet zu haben, hängte er die Hörmuschel wieder ein. Jetzt wusste er, dass die Frau mit Bistow zusammenarbeitete, und auch, dass sie Brownhills Mörder waren.

      Kapitel 7

      Celeste und Primes begleiteten Mister Harrington zu seiner Wohnung. Mit seiner Unterschrift hatte Primes die vorläufige Entlassung des Mannes durchgesetzt. Beide waren von seiner Unschuld überzeugt – sie glaubten ihm.

      Schon seit Jahren wohnte Mister Harrington in der Nähe der ›Paddington Station‹, in einem kleinen Haus zur Miete. Er arbeitete als Buchhalter in einer nahe gelegenen Firma, die ihm das beste Zeugnis ausgestellt hatte. Das alles waren für Primes Argumente, die ihn völlig überzeugten. Nichts wies darauf hin, dass der Mann ein gewohnheitsmäßiger Verbrecher sein könnte. Im Gegenteil: Seine Weste schien blütenweiß zu sein.

      Seine Vermieterin, die mit ihrem Gatten, im unteren Stock des Hauses lebte, war in großer Sorge um ihren Mieter, der ungewöhnlicherweise über Nacht ausgeblieben war. Sie drohte in Ohnmacht zu fallen, als sie ihn mit verbundenem Gesicht vor sich stehen sah. Erschrocken legte sie die Hände an die Wangen und erbleichte sichtlich, sodass Celeste vorsorglich einen Schritt näher trat, sollte ihre Hilfe erforderlich sein.

      »Ist Abigail noch oben?«, erkundigte sich Harrington besorgt.

      Seine Vermieterin verneinte. »Ich habe sie heute am frühen Morgen fortgehen sehen. Die Miss war in tiefer Sorge um sie. Sie wollte Sie suchen, Mister Harrington. Wir befürchteten schon, dass Ihnen etwas zugestoßen sei.«

      Celeste und Primes sagten nichts, warfen sich nur bedeutungsvolle Blicke zu. Mit dem Überraschungsmoment schien es vorbei zu sein, denn die Tochter war nicht da, um sie zu befragen.

      »Wissen Sie vielleicht, wohin Sie gegangen ist, Madam?«, erkundigte sich der Inspector.

      »Das weiß ich nun bei meiner Seele nicht, Sir«, erklärte die Frau. »Vielleicht ist sie in diesem Lokal, in dem sie sich meistens aufhält.«

      »Das ist Detective Inspector Primes und die Dame an seiner Seite, Miss Dr. Montgomery, ebenfalls von Scotland Yard«, stellte Harrington seine Begleitung vor. Er hatte keinen Grund ihr zu verschweigen, wer die beiden waren.

      Seine Vermieterin deutete ein verstehendes Nicken an.

      »Man wollte mich einsperren, Mrs. Perkins«, gestand Harrington mit einer Ruhe, als spräche er über das Wetter. »Alles wegen eines dummen Päckchens. Da sehen Sie, wohin es führt, wenn man als alleinerziehender Vater nicht ausreichend auf seine Tochter achtet. Ach, wenn meine Frau doch noch bei uns wäre. All das wäre mir erspart geblieben, denn dann hätte sie ein Vorbild gehabt, nachdem sie sich hätte richten können. Stattdessen geriet sie an die falschen Leute, die ihr nichts Gutes wollen.« Er sah Celeste und Primes mit großen Augen an. »Wir müssen meine Abigail unbedingt finden! Bevor sie eine Torheit begeht, die sie in noch größere Schwierigkeiten bringt.«

      »Das ist leichter gesagt als getan«, versuchte ihn Primes zu bremsen.

      »Vielleicht ist Ihre Tochter zu Freunden gegangen?«, ergänzte Celeste, wenn auch eher skeptisch.

      »Sie haben doch erfahren, wem Sie das Päckchen gebracht hat?« Primes hatte eine Idee. »Womöglich sollten wir dort ansetzen. Es wäre zumindest ein Anhaltspunkt.«

      Mrs. Perkins bot ihnen Frühstück an, aber sie verzichteten. Im Augenblick war es dringlicher Harringtons Tochter Abigail zu finden. Primes befürchtete, dass Gefahr für das Mädchen in Verzug war.

      Sie kletterten also wieder auf den Zweispänner und machten sich auf den Weg zum Hafenviertel an der Themse.

      ***

      Ganz in der Nähe des Lokals wohnte der Mann, dem Abigail Harrington immer die Päckchen übergab – in einem finsteren Hinterhof, der nur mit Schwierigkeiten zu betreten war.

      Der Mann hauste in einer Souterrain-Wohnung, was auf Französisch zwar sehr edel klang, aber in keiner Weise mit der Wirklichkeit korrespondierte. Dafür war das Gebäude viel zu heruntergekommen.

      Sie fanden die Tür verschlossen vor und auf ihr Klopfen hin kam niemand, um sie einzulassen.

      Primes fluchte, was ihm einen tadelnden Blick von Celeste einbrachte, und spähte durch die trüben Fensterscheiben, doch konnte er in der Dunkelheit nicht viel erkennen. Von dem Schmutz, der seinen Blick einschränkte,