Dietrich Enss
PRIM
Ein Deal ist ein Deal
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Inhaltsverzeichnis
Abkürzungen und amerikanische Begriffe
Prolog
Der Hinweis auf strengste Geheimhaltung macht neugierig. Sehr neugierig. Da lohnt es sich möglicherweise, mehr Zeit zum Suchen zu verwenden. Mehr Tricks anzuwenden. Um die Neugier zu befriedigen. Und um sich zu beweisen, dass man schlauer ist. Dass man die Gefahren der Entdeckung richtig einschätzen kann. Und dass man sie umgehen kann.
Wieder einmal entspricht die Qualität der Verschlüsselung nicht der angegebenen Geheimhaltungsstufe. Genauer: Die Aufbewahrung und Sicherung der Schlüssel entspricht ihr nicht. Noch genauer: Arbeitskopien der Schlüssel, vom System automatisch unter kryptischem Namen irgendwo in der unendlichen Weite der Speicher notiert und vergessen, lassen sich mit Geschick und den richtigen Suchmethoden aufspüren.
Die Entschlüsselung der geheimen Datei wird mit einem Doppelklick gestartet und ist in wenigen Sekunden erledigt. Es handelt sich um ein Computerprogramm. Schnell wird die verräterische Dateilänge durch wahllos angefügte Zeichen verändert. Dann neue Verschlüsselung mit eigenem Programm und Umbenennung der Datei in Xmas.txt. Spurenvernichtung. Xmas.txt wird auf einen langen Weg geschickt. Mit Zwischenstationen in mehreren Ländern. Und mit weiteren Längen- und Namensänderungen.
Die beiden Ersteller haben das Programm Chiluck getauft. Sie haben russische Namen. Viele Israelis haben russische Namen. Das Programm läuft fehlerfrei. Es führt Berechnungen aus, die überall auf der Welt für unmöglich gehalten werden. Außer bei ein paar Insidern im Mossad und in der israelischen Regierung. Chiluck heißt Teilung.
1
Fünfzig Minuten nach der angesetzten Zeit trat der Pressesprecher zum zweiten Mal an das Pult und bat erneut um Geduld. Im Presseraum des Weißen Hauses wurde es unruhig.
»Wie lange sollen wir noch warten? Dauern die Gespräche noch an?« Viele Fragen prasselten gleichzeitig auf den Pressesprecher hernieder. »Gibt es Probleme?«
»Bitte haben Sie noch etwas Geduld! Der russische Präsident Avtonoshkin und Präsident Stonington werden in Kürze zu Ihnen sprechen und Ihre Fragen beantworten«, gab der Pressesprecher bekannt, drehte sich um und verließ den Saal mit schnellen Schritten, als ob er weitere Fragen fürchtete.
Die Kameraleute und Fotografen traten von ihren Stativen zurück, nahmen ihre Knopfhörer aus den Ohren und suchten sich freie Sitzplätze. Da die schnell vergeben waren, machten es sich einige auf dem Fußboden bequem. Viele der Journalisten und Reporter telefonierten. Es sah so aus, als hielten sie sich die Hände wegen Schmerzen an die Ohren. Offenbar war es auch eine Nachricht, dass es noch keine Nachricht gab. Und die Redaktionen mussten informiert werden, soweit sich Sendezeiten verändern würden.
Die Reporter der Morgenzeitungen waren es wohl gewohnt, ihre Berichte unter Zeitdruck zu schreiben. Aber jetzt rückte der spätabendliche Redaktionsschluss immer näher. »Ihr könnt schon mal das Layout umstellen«, teilte der Korrespondent der Zeitung TODAY dem Nachrichtenchef seiner Redaktion mit. »Die Gespräche dauern länger als geplant. Ich habe keine Ahnung, ob das eine gute oder schlechte Nachricht ist. Warte eine Sekunde! Sie kommen.«
Der Pressesprecher ging zum Pult mit dem Präsidentensiegel und der amerikanischen Flagge, richtete das Mikrofon aus, obwohl es seit seinen letzten Worten unverändert war, schaute zurück zum Eingang, in dem der russische Präsident und ein Angestellter des Weißen Hauses zu erkennen waren, und beugte sich über das Mikrophon.
»Meine Damen und Herren. Bitte empfangen Sie den russischen Präsidenten Avtonoshkin und den Persönlichen Berater von Präsident Stonington, Mr. Karl Joergensen!«
Während der Pressesprecher zurücktrat, machte sich die Verblüffung der Anwesenden im Saal mit Rufen und Geraune bemerkbar. Aber gleich darauf wurde es sehr still, als der russische Präsident an sein Pult geführt wurde und Berater Joergensen sich hinter dem anderen Pult aufstellte. Zwei nicht uniformierte Secret-Service-Leute, ein Mann und eine Frau, positionierten sich außen neben den Pulten und beobachteten die Presseleute. Das Blitzlichtgewitter nahm ab. Der russische Präsident trug keine Kopf- oder Ohrhörer. Es war bekannt, dass er sehr gut Englisch sprach. Joergensen ergriff