Sinja und der siebenfache Sonnenkreis. Andreas Milanowski. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Andreas Milanowski
Издательство: Bookwire
Серия: Sinja
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783748596837
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wenn ich wieder nachhause zurückkehre?“

      „Wir werden sehen, ob du dann noch dran denkst. Wenn du willst kannst du dir etwas abfüllen. Wir haben mehr als genug davon. – So und jetzt zeige ich dir deinen Schlafplatz.“

      Gamanziel stieg schnell und äußerst geschickt an einem der Farnstängel nach oben. Sinja hatte Mühe, hinterher zu kommen. Sie gelangten an ein eingerolltes Blatt, dass etwa die Länge von Sinjas Körper hatte. Gamanziel berührte das Blatt sachte mit der flachen Hand. Es öffnete und entrollte sich langsam.

      „So, wenn die Dame dann hier mal reinschlüpfen möchte“, alberte die Elfe und lud Sinja mit einer Handbewegung ein, es sich gemütlich zu machen. Die ließ sich das nicht zweimal sagen. Anfangs etwas vorsichtig tastete sie sich an das Blatt heran. Als sie jedoch merkte, wie stabil das Ganze war, ließ sie sich ohne Zögern hineinrutschen. Das Blatt wippte auf und ab und umschloss dann ihren Körper so, dass sie nicht herausfallen konnte, aber trotzdem genügend Platz hatte, sich zu bewegen. Die kleinen Fasern, aus denen das Blatt bestand, kitzelten auf der Haut.

      „Das ist ja mal ein angenehmes Plätzchen“, frohlockte Sinja. „Ich glaube, ich werde sehr gut schlafen!“

      „Na, dann bleib´ doch gleich dort oben. Ich liege hier auf der anderen Seite.“

      Auch Gamanziel machte es sich in ihrem Blatt bequem, nachdem sie die Öllampe gelöscht hatte. Die eine oder andere Geschichte erzählten sie noch in die Dunkelheit hinein. Dann schliefen sie beide tief und fest ein, wohlig müde und in den Schlaf geschaukelt von den Blättern der Riesenpflanze.

      20 (19/2)

      Kurz vor Sonnenaufgang, die Dunkelzeit war schon fast zu Ende, träumte Sinja, sie säße in einem Ruderboot auf einem See. Kleine Wellen schlugen plätschernd an die Bordwand und schaukelten das Boot sanft. In der Mitte des Sees gab es eine baumbewachsene Insel, auf der Vögel brüteten. Ein warmer Wind trieb das Boot langsam um die Insel herum. Keine Menschen, keine Elfen, nichts außer Sinja, die in dem Ruderboot auf dem Rücken lag und den Wolken zusah, die langsam über den strahlend blauen Himmel zogen und witzige Figuren bildeten. Sie sah einen Walfisch, der dahintrieb und sich langsam zu einer Blume wandelte, die auf dem Kopf stand. Von rechts tauchte eine kleine Ente auf, die mit der Blume verschmolz und einen riesigen Kohlkopf bildete. Sinja dachte im Traum daran, wie sie mit ihrer Schwester Marie im letzten Sommer auf einer Wiese gelegen hatte. Sie hatten sich über die Bilder lustig gemacht, die sie in den Wolken gesehen hatten. Im Traum musste Sinja wieder lachen. Plötzlich mischte sich das Plätschern der Wellen und das Vogelgezwitscher mit einem anderen Geräusch. Sinja hörte Hufgetrappel aus der Ferne. Zunächst ganz leise und gedämpft, wie auf weichem Untergrund. War das noch ihr Traum? Allmählich wurde das Getrappel lauter und kräftiger. Ein Pferd kam näher. Oder waren es mehrere? Dann war wieder Ruhe. Plötzlich spürte sie etwas Feuchtes an ihrem rechten Arm. Warm und rau fuhr es über ihre Haut. Sie öffnete die Augen einen kleinen Spalt und blinzelte schläfrig in die ersten Strahlen der aufgehenden Sonnen. Sie sah etwas Großes, strahlend weißes, dass sie nicht erkennen konnte und schloss die Augen wieder. Kurze Zeit später hatte sie wieder dieses raue Gefühl auf dem Handrücken. Noch einmal blinzelte sie verschlafen in die Morgensonne. Dann sah sie eine riesige Zunge, die über ihre Hand leckte. Was für ein seltsamer Traum, dachte sie.

      „Aufgewacht, ihr Faulpelze!“, rief auf einmal eine junge Männerstimme.

      „Ach, nur noch ein paar Minuten“, brummte Sinja im Halbschlaf, machte die Augen wieder auf und war geblendet von der Helligkeit des Sonnenlichtes. Sie hielt sich die Hand vor ihr Gesicht und schaute durch die kleine Lücke zwischen ihren Fingern. Dann sah sie den Hengst. Auf einmal war Sinja hellwach.

      „Allegro!!!“ Sie wollte aufspringen, doch der Farn hielt sie fest und verhinderte ihren Sturz in die Tiefe. In Windeseile war Sinja den Stängel hinabgerutscht und fiel dem Pferd um den Hals.

      „Allegro! Wie schön, dich wiederzusehen!“ Immer wieder herzte und küsste sie den Schimmel. Der schüttelte sich kräftig und ließ ein lautes Wiehern hören, das durch den ganzen Wald hallte.

      „Na, mal sehen, ob sie bemerkt, dass das Zauberpferd zwei Reiter hat!“, flüsterte die männliche Stimme.

      „Was? Ah, Cichianon…Doriando! Ihr seid das!!!“

      Sinja begrüßte auch die beiden Elfenjungs mit einer langen, herzlichen Umarmung, nachdem sie von Allegros Rücken heruntergesprungen waren.

      „Wo kommt ihr her? Ihr müsst ja die ganze Dunkelzeit geritten sein!“

      „Nein! Ganz so weit ist es nicht von Ildindor bis Engil“, antwortete Cichianon, „ich nehme an, du bist darüber informiert, wo wir gewesen sind?“

      „Ja, Emelda hat mir davon erzählt, sogar zweimal.“ Sinja musste lachen. „Allerdings hat sie mir nicht verraten, warum ihr dort wart.“

      „Das konnte sie nicht, weil sie es nicht wusste. Doriando und ich waren selbst nicht im Bilde, warum uns der Rat in die Stadt gerufen hat.“

      „Und, seid ihr es jetzt?“

      „Ah, Sinja! Immer noch genauso frech wie früher! So kennen und lieben wir dich!“, sagte Cichianon und schmunzelte. „Ja, natürlich wissen wir, was der Rat von uns wollte. In Fasolanda laufen die Dinge zurzeit nicht geradeaus. Es ist einiges in Unordnung geraten, seitdem der Unerhörte im Hintergrund wieder die Fäden zieht. Das Schlimme ist, dass man dieses Mal nicht genau erkennen kann, was er wo tut. Wenn einer eine Armee aufbaut, dann ist das eine Sache. Du kannst die Soldaten zählen, kannst seine Waffen zählen und in etwa abschätzen, wie stark er ist. Meistens weißt du auch, wann und wo er angreift. Wenn aber jemand die Institutionen unterwandert, Minister besticht, falsche Informationen streut, hin und wieder mal einen über die Klinge springen lässt, der ihm nicht passt, dann ist das etwas ganz anderes. Er verunsichert damit die Einwohner und schürt ein Klima der Angst. Das ist ein Gegner, den du nicht auf den ersten Blick erkennst und das macht dich misstrauisch gegen jeden. Egal, mit wem du es zu tun hast, du fragst dich erst einmal, ob er Freund oder Feind ist. Das ist offenbar genau die Strategie, die der Unerhörte neuerdings verfolgt. Er will das Leben in Fasolanda von innen heraus zerstören!“

      „Hm, das klingt nicht gut! Und was wollt ihr dagegen tun?“

      „Der Rat hat uns gebeten, in die Hauptstadt zu gehen, um dort nach dem Rechten zu sehen. Wir sollen sowas wie eine diplomatische Offensive starten, uns mit Königin Myriana und den Weisen treffen, um wieder mehr Gemeinsamkeiten zwischen den Völkern Dorémisiens herzustellen.“

      „Gibt es denn den alten Bund aus der Fermata nicht mehr?“, fragte Sinja.

      „Nein, nachdem die Schlacht der vier Heere gewonnen war, zerfiel der Bund ziemlich schnell. Jedes der Völker von Dorémisien lebte wieder für sich und folgte seinen eigenen Interessen. Hinandua hat uns in Ildindor darüber berichtet.“

      „So, und ihr sollt das jetzt reparieren? Wie wollt ihr das anstellen?“

      „Ja, richtig! Wir sollen das reparieren. Ursprünglich wollte uns der Rat zu zweit nach Fasolanda schicken. Sie dachten wohl, das sei unauffälliger. Wir haben uns allerdings ausgebeten, das Ganze mit dir, Sinja, und mit den vier anderen zu bereden und dann zu entscheiden, was das Richtige ist und wie wir vorgehen. Hinandua hatte uns mitgeteilt, dass du eine Glissando-Nachricht aus Fasolanda bekommen hast. Wir sind davon ausgegangen, dass du bereit bist, uns zu begleiten.“

      „Selbstverständlich komme ich mit!“, sagte Sinja.

      „Das ist fein!“, antwortete Cichianon, „nur wird es dieses Mal hoffentlich nicht zu einem Kampf kommen. Ein Teil des Auftrages des Rates ist es nämlich, genau das zu vermeiden. Es soll möglichst kein offener Konflikt werden. Sie wollen kein Blutvergießen!“

      „Wie soll das funktionieren?“, fragte Sinja.

      „Das wissen wir auch noch nicht so genau. Darüber müssen wir sprechen. Am besten lassen wir Ferendiano ein kleines Frühstückchen zaubern und bereden dann alles Wichtige.“

      „Hört