Baphomets Jünger. Julia Fromme. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Julia Fromme
Издательство: Bookwire
Серия: Dunkelwaldtrilogie
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750232730
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stand an der Tür zur Halle. Er wartete, bis sein Gefährte nicht mehr zu sehen war.

      „Was gibt es?“, rief er dem Schellenberger entgegen, der in Richtung Halle gelaufen kam.

      „Lass es mich drin erzählen. Jetzt brauche ich erst mal einen Schluck von dem köstlichen Bier deiner Gastgeberin.“

      Sich den Schweiß von der Stirn wischend, blieb Rudger unterhalb der Kirche im Schatten einer alten Linde stehen, die Siedler aus Franken vor über einhundert Jahren hier gepflanzt hatten. Er blickte hinauf zu dem schlichten Gotteshaus, dessen einziger Schmuck einige Fenster aus buntem Glas waren, die das flirrende Licht der Sonne reflektierten. Er konnte sich nicht so recht entschließen, weiterzugehen. Es war so, als würde ihn eine unsichtbare Hand zurückhalten.

      Als er den Geistlichen das letzte Mal gesehen hatte, war dieser ziemlich wortkarg gewesen, eher ungewöhnlich, da Pater Wito eigentlich ein frohgemuter, redseliger Mann war. Rudger fiel jetzt auch auf, dass ihn seine Mutter, gerade, als er hatte zur Kirche gehen wollen, zurückzuhalten versuchte. Ihr seltsames Verhalten, als sie kurz nach ihm die Halle verließ, um sich heimlich davonzustehlen, kam ihm wieder in den Sinn.

      Seit er wieder auf Ywen lebte, war seine Mutter unverhältnismäßig oft zur Kirche gegangen. Rudger hatte dies ihrer Frömmigkeit zugeschrieben. Doch wenn er es sich durch den Kopf gehen ließ, machte sie immer ein großes Geheimnis daraus, was sie mit Wito zu besprechen hatte. Kurzzeitig kam ihm der Gedanke, dass sie mit dem Kirchenmann ein Liebesverhältnis unterhielt. Doch vergaß er seinen Argwohn gleich wieder, denn seine Mutter liebte ihren Gemahl. Und Rudger kannte den Pater als fromm und aufrichtig. Nun, es wäre doch gelacht, wenn er der Sache nicht endlich auf den Grund gehen könnte. Kurz entschlossen trat er aus dem Schatten des Baumes und ging die wenigen Meter zur Kirche hinauf. Er wollte gerade die Tür aufstoßen, als Pater Wito diese von innen öffnete. Als er Rudger erblickte, blieb er erschrocken auf der Schwelle stehen. Er schluckte ein paarmal, dann gelang es ihm unter Räuspern, den jungen Ritter zu begrüßen.

      „Gott zum Gruße, Rudger“ sagte er mit etwas heiserer Stimme. „Was führt Euch zu mir, mein Sohn?“ Doch schien er keine Zeit zu haben, denn immer wieder trat er von einem Bein aufs andere, geradeso, als wäre er im Begriff gewesen, irgendwohin zu gehen.

      „Störe ich Euch, Pater?“, fragte Rudger etwas scheinheilig, denn ihm war die Unruhe des Gottesmannes nicht entgangen. „Ihr wolltet doch nicht gerade zu meiner Mutter, oder?“

      „Zu Eurer Mutter?“, entfuhr es Wito, und der Ritter meinte zu bemerken, dass der Pater etwas blass um die Nase wurde.

      „Nein, nein“, wimmelte dieser schnell ab. „Ich wollte nur ein paar Schäflein besuchen“, fuhr er fort. „Die Frau des Knochenmüllers ist kurz vor ihrer Niederkunft und bat um ein Gebet für Gottes Beistand.“

      Rudger glaubte nicht so recht, was der Pfaffe ihm da erzählte und sah diesen zweifelnd an. Er hätte schwören können, dass es ein Geheimnis gab zwischen seiner Mutter und Wito.

      „Nun, es ist nicht an mir, Euch hinterher zu spionieren“, begann er. „Aber meint Ihr nicht, es wäre besser, Ihr würdet mir sagen, was hier vor sich geht. Ihr wisst, ich gehöre dem Templerorden an. Glaubt mir, es ist in meinem ureigenen Interesse, wenn ich über die Vorgänge hier auf dem Gut informiert bin. Ich kann mir unliebsame Überraschungen nicht leisten.“ Er sah Wito eindringlich an. „Doch seid gewiss, wenn Ihr meine Mutter in irgendeine krumme Sache mit hineinzieht und sie am Ende, etwa aus falsch verstandenem religiösem Eifer, ihren eigenen Sohn verrät, dann schicke ich Euch in die Hölle, bevor ich mich selbst dort einfinde.“ Drohend machte er einen Schritt auf Wito zu, der mit dem Rücken an die Kirchentür gedrängt stand und keine Möglichkeit zum Zurückweichen hatte. Ängstlich schaute der Pater den Ritter an. Er setzte zu einer Antwort an, doch öffnete und schloss sich sein Mund, ohne dass er ein Wort herausbrachte.

      „Habt Ihr mir etwas mitzuteilen?“, fragte Rudger mit trügerisch leiser Stimme.

      Der Geistliche sah den jüngeren verzweifelt an, dann nickte er langsam mit dem Kopf.

      Rudger wurde langsam ungeduldig. „Und?“, half er nach.

      Wito straffte die Schultern. „Kommt mit in die Kirche“, sagte er mit belegter Stimme. „Was ich Euch zu sagen habe, ist nicht für fremde Ohren bestimmt.“ Etwas ungelenk fingerte er hinter sich am Griff der Tür herum, bis es ihm endlich gelang, sie aufzustoßen. Rudger folgte ihm auf dem Fuß und drängte ihn regelrecht rückwärts in das Gotteshaus. Fast wäre Wito gestolpert, doch konnte er sich an der Wand abstützen. Der Ritter schlug die Tür laut krachend hinter sich zu. Er war wütend. Denn er hatte Pater Wito vertraut. Dass dieser ein Geheimnis vor ihm hatte, kränkte Rudger.

      Die Kirche war klein und eng, so dass sie nach wenigen Schritten in der Mitte des Raumes standen. Rudger hielt Wito am Ärmel seiner Kutte fest, als dieser sich umdrehte und zum Schrein der Heiligen Ursula weitergehen wollte. „Sprecht“, forderte er den Geistlichen auf. „Jetzt. Beten könnt Ihr hinterher. Vielleicht werdet Ihr es nötig haben.“

      Wito hob beschwörend die Hände. „Rudger, bitte hört mich an. Es ist anders, als es den Anschein hat.“

      „Das habe ich heute schon einmal gehört“, sagte der Templer mit eisiger Stimme. „Doch gefällt es mir nicht, dass es gerade meine Mutter war, die es zu mir gesagt hat.“ Wut verzerrte seine ebenmäßigen Züge. Am liebsten hätte er den Pater geschlagen, damit dieser endlich mit der Sprache herausrückte. Doch riss er sich zusammen.

      „Setzen wir uns dort drüben auf die Bank“, schlug Wito vor, auf die einzige Bank in der Kirche zeigend, die für den Gutsherrn und seine Familie reserviert war.

      Rudger nickte zustimmend. Wito ließ sich in sicherer Entfernung nieder, spürte er doch den Groll des anderen.

      „Ihr wisst, dass ich, obwohl ich früher ein Augustinermönch war, ein Angehöriger des Deutschherrenordens in Zschillen bin“, begann er. „Und ebenso bekannt dürfte es Euch sein, dass das Kloster seit einem halben Jahrhundert im Besitz eben dieses Ordens ist.“ Er schaute Rudger prüfend an. Dieser war mit seiner Geduld endgültig am Ende.

      „Und warum erzählt Ihr mir etwas, was ich ohnehin schon weiß?“, knurrte er.

      Wito ließ sich diesmal jedoch nicht beirren. „Dann wisst Ihr ebenso, dass der edle Siegfried von Feuchtwangen nicht nur der Hochmeister des Ordens ist, sondern auch dem Kloster in Zschillen vorsteht. Nun, und eben Siegfried von Feuchtwangen hat mich mit einer Mission beauftragt.“ Der Pater machte eine Pause.

      „Die da wäre?“, fragte Rudger voller Ungeduld. „Oder ist das ebenso ein Geheimnis, wie Eure Mauschelei mit meiner Mutter? Was hat sie überhaupt damit zu tun? Sie weiß wahrscheinlich nicht einmal, dass der Ordensmeister Siegfried von Feuchtwangen heißt.“

      „Da wäre ich mir nicht so sicher an Eurer Stelle“, konterte Wito, nun wieder vollkommen selbstbewusst. Der Ritter schaute ihn nur verwundert an. Die Neugierde ließ seinen Zorn verrauchen.

      „Es ist so, Rudger“, fuhr Wito fort. „Der Ordensmeister hat mich beauftragt, dass ich hierher gehen sollte in das Gebiet, das an Böhmen grenzt. Er ist ein Freund der Templer, wie Ihr wisst, und hat dem Aufruf des Papstes, selbst unter der Gefahr, dass seinem Orden damit auch die Exkommunikation droht, keine Folge geleistet. Hier in der Nähe gehen einige der wenigen Passstraßen über den Gebirgskamm nach Böhmen, so dass die Templer, die über die Mark Meißen dorthin fliehen wollen, unweigerlich hier irgendwo in der Nähe vorbeikommen.“

      „Und welche Mission habt Ihr?“, bohrte Rudger weiter, nun doch aufmerksam geworden.

      „Einigen der Templer ist bekannt, dass es hier ein Kirchlein gibt unter der Obhut eines Gutsherrn, von wo aus sie Kontakte erhalten, die ihnen eine Weiterreise nach Böhmen ermöglicht. ...“

      „Und dieser Kontakt heißt Hencke von Schellenberg“, stellte Rudger bitter fest.

      Wito schaute mit betretener Miene zu Boden.

      „Was hat meine Mutter damit zu tun?“

      „Sie versorgt