3.2.1.2 Feuchtetransport dampfförmig und flüssig
Holz selbst weist vor allem in Faserrichtung einen gewissen Flüssigtranssport auf, der in Einzelfällen relevant für das Feuchteverhalten, besonders bei Anschlussdetails wie z. B. bei ins Mauerwerk einbindendem Balken, werden kann. Meist liegen in den Simulationsmodellen Datensätze für die üblichen Holzarten, vor allem Weichholz wie Kiefer oder Fichte, mit richtungsabhängigen Parametern vor, die für solche Spezialfälle herangezogen werden können. Bei den meisten normalen Einbausituationen spielt der Flüssigtransport im massiven Holz aber nur eine untergeordnete Rolle, da der Regenschutz i. d. R. konstruktiv gelöst wird, der Diffusionswiderstand im Holz selbst so hoch ist, dass es kaum zu Feuchteanreicherungen kommt und allgemein der Feuchtegehalt auf ein Niveau begrenzt werden sollte, bei dem der Flüssigtransport noch eher schwach ist.
Bei Plattenwerkstoffen macht sich der Flüssigtransport bei einigen Materialien indirekt dadurch bemerkbar, dass er im höheren Feuchtebereich den Dampfdiffusionstransport überlagert und die Materialien dadurch vermeintlich dampfdurchlässiger werden. In Holzwerkstoffen kann je nach Art des Bindemittels und eventuell vorhandener Zusatzstoffe der Flüssigtransport stärker (wie z. B. bei kapillaraktiven Innendämmplatten) oder auch schwächer als bei Holz (wie bei den meisten hydrophobierten Holzfaserdämmstoffen oder Werkstoffplatten mit Leimbindung) ausfallen. Wie bei der Feuchtespeicherfähigkeit besteht ein gewisser Zusammenhang mit der Rohdichte, da diese u. a. mit der Masse der für den Flüssigtransport zur Verfügung stehenden Holzfasern korreliert.
Ohne direkten Kontakt mit Wasser wirkt sich der Flüssigtransport in Holzbauteilen i. d. R. günstig auf das hygrothermische Verhalten der Materialien aus, da Wasser aus den Bereichen, an denen es sich z. B. durch Diffusionsprozesse und Tauwasserbildung anreichern würde, wieder zurückgeleitet werden kann. Liegen gemessene Daten für ein spezifisches Material vor, können diese entsprechend verwendet werden. Ist dies nicht der Fall, sollte der Flüssigtransport im Zweifel vernachlässigt werden, was bei der Bemessung zu Ergebnissen führt, die auf der sicheren Seite liegen. Ausnahmen stellen frei bewitterte Bauteile, wie z. B. WDVS mit Holzfaser-Putzträgerplatten dar. In diesen Bereichen sollten aber ausschließlich Materialien eingesetzt werden, die allenfalls einen sehr schwachen Flüssigtransport aufweisen sowie besonders feuchteunempfindlich und damit für diesen Anwendungsbereich geeignet und zugelassen sind. Im hohen Feuchtebereich ergeben sich für die Messung der Flüssigtransporteigenschaften im Übrigen die gleichen Schwierigkeiten wie bei der Messung der Feuchtespeicherfunktion: Klare Messvorschriften und einheitliche Definitionen gibt es noch nicht und Quellvorgänge sowie eventuell auftretender mikrobieller Bewuchs beeinträchtigen die Genauigkeit.
3.2.1.3 Diffusionswiderstand
Der Diffusionswiderstand wird üblicherweise im Dry-Cup-Verfahren in der Klimakammer gemessen. Dabei herrscht am Prüfkörper ein Differenzklima zwischen der Klimakammer mit üblicherweise 50 % r. F. bei etwa 20 bis 23 °C und fast trockenen Bedingungen bei 0 bis 5 % r. F. über dem Trocknungsmittel im Prüfgefäß (daher der Name). Bei diesen Bedingungen stellt sich ein Feuchtestrom aus der Klimakammer durch den Probekörper in das trockene Gefäß ein, der über Diffusionsfläche und Dicke des Probekörpers in den Diffusionswiderstand des Materials umgerechnet werden kann. Da bei Holz und Holzwerkstoffen der Flüssigtransport bereits bei vergleichsweise niedrigen Feuchtegehalten von etwa 60 bis 70 % r. F. einsetzt, überlagert er bei Plattenwerkstoffen (bei denen i. d. R. kein nennenswertes Temperaturgefälle auftritt) den Diffusionstransport im Feuchtbereich. Aufgrund dieses Effekts werden Holz und Holzwerkstoffplatten oft auch als Materialien mit feuchtevariablem Diffusionswiderstand angesehen. Auch wenn dies im engeren Sinne nicht ganz korrekt ist, bietet es sich an, dieses Verhalten auch bei den hygrothermischen Materialkennwerten nicht explizit über den Flüssigtransport, sondern vereinfacht über einen variablen Dampfdiffusionswiderstand zu berücksichtigen. Dementsprechend sollte hier neben der Dry-Cup- immer zusätzlich auch eine Wet-Cup-Messung durchgeführt werden. Diese ermittelt den Diffusionswiderstand im Feuchtbereich bei wiederum 50 % r. F. in der Klimakammer, nun aber etwa 95 % r. F. über einer gesättigten Salzlösung im Prüfgefäß.
Nicht sinnvoll ist diese Vorgehensweise bei Materialien, die üblicherweise eine Dämmfunktion übernehmen und auch in größeren Schichtdicken eingebaut werden. Im Unterschied zu dünnen Plattenwerkstoffen, bei denen ohne Temperaturgradient Dampf- und Flüssigtransport gleichgerichtet sind, verlaufen die beiden Transportvorgänge mit Temperaturgradient einander entgegengesetzt. Der Flüssigtransport würde durch diese vereinfachte Vorgehensweise z. B. bei einer kapillaraktiven Innendämmung die Feuchteanreicherung im Dämmstoff nicht durch Rückleitung bremsen oder kompensieren, sondern im Gegenteil sogar noch verstärken. Dementsprechend muss bei dickeren, dämmenden Materialien auf eine separate Berücksichtigung der beiden Transportvorgänge geachtet werden.
3.2.1.4 Wärmeleitfähigkeit und Wärmekapazität
Auf die wärmetechnischen Materialparameter soll hier nur kurz insoweit eingegangen werden, als diese durch die Feuchte ebenfalls und u. U. auch maßgeblich mit beeinflusst werden können.
Die Wärmeleitfähigkeit ist für Holz- und Holzwerkstoffe in der Regel bekannt und die Parameter sind in den Materialdatenbanken bzw. den Datenblättern der Hersteller angegeben. Zu den reinen Labormesswerten kommen in Deutschland allerdings Zuschläge hinzu, die die durch Feuchtewechsel bedingten Latentwärmeeffekte berücksichtigen bzw. kompensieren sollen. Durch die reine Messung im Labor ist es bei diffusionsoffenen Materialien aber schwierig bis unmöglich, zwischen der reinen Wärmeleitung und dem parallel auftretenden Wärmetransport durch Dampftransport mit Phasenwechsel (also Verdunstung und Kondensation) zu unterscheiden. Da die Materialien bei der Messung üblicherweise einfach bei Raumklima konditioniert werden, sind die Latentwärmeeffekte bei der nur vermeintlich trockenen Labormessung bereits enthalten. Anstatt den Messwert aber entsprechend abzumindern, wird der Feuchteeinfluss in Form des Zuschlags nochmals aufgeschlagen. Diese Vorgehensweise führt oft zu ungerechtfertigt hohen Wärmeleitfähigkeiten solcher Produkte [23]. Diese Thematik wird derzeit im Rahmen eines Forschungsprojekts der Holzforschung Austria und des Fraunhofer IBP nochmals in Labor und Freiland überprüft. Ziel ist, möglichst realistische Bemessungswerte für die Wärmeleitfähigkeit von Naturfasermaterialien zu ermitteln und überhöhte Zuschlagswerte abzubauen.
Während sich die Latentwärmeeffekte bei der Ermittlung der Wärmeleitfähigkeit negativ auswirken, führen sie bei Messung der Wärmekapazität zu einer positiven Erhöhung der Werte sorptionsfähiger Dämmstoffe. Die höhere Wärmekapazität von Naturfaserdämmstoffen wird immer wieder als Vorteil gegenüber konventionellen Dämmstoffen wie Hartschaum oder Mineralwolledämmung angeführt. Begründung: Die höhere thermische Trägheit der Materialien wirkt einer schnellen Erwärmung oder Abkühlung, also dem sogenannten Barackenklima, entgegen und verbessert damit das Raumklima. Im Prinzip stimmt diese Aussage – allerdings ist dabei darauf zu achten, dass die Wärmekapazität von vollständig trockenem Holz im Bereich von etwa 1400 J/(kgK) liegt – früher angegebene mitunter deutlich höhere Werte (in Einzelfällen bis zu 2000 J/(kg K)) wurden an Materialien ohne Vortrocknung oder sogar mit erhöhten Feuchtegehalten ermittelt, sodass nicht nur die Wärmekapazität des Materials sondern zusätzlich die Latentwärmeeffekte, in diesem Fall die Verdunstungskühlung beim Desorbieren der Feuchte von den Fasern, mitgemessen und fälschlicherweise der Wärmekapazität zugeschlagen wurden. Zwar findet dieser Effekt auch im Einbauzustand bei Erwärmung in gewissem Umfang statt. Allerdings wird er bei hygrothermischen Simulationen sowieso mitberücksichtigt und darf daher nicht durch ungenaue Messdaten gedoppelt oder sogar ausgehend von zu feuchten Materialen überhöht in die Ergebnisse eingehen. Von daher ist es wesentlich, bei solchen Messungen möglichst genau zwischen trockener Wärmekapazität und durch Feuchtewechsel beeinflusster Latentwärme zu unterscheiden.
Weiterhin ist zu beachten, dass die ersten Holzfaserdämmstoffe noch vergleichsweise hohe Rohdichten aufwiesen, sodass nicht nur die Wärmekapazität selbst, sondern auch die Masse der Dämmstoffe i. d. R. deutlich höher als bei konventionellen Dämmstoffen lag. Beides zusammen konnte