Wenn man sich Bild 1 aus dem ASHRAE Handbook of Fundamentals [2] vor Augen führt, dann fällt auf, dass auch der konvektive Dampftransport in der Liste fehlt. Da die Auswirkungen dieses Effekts, wie bereits erläutert, erheblich sein können, ist geplant, dieses Phänomen bei der Neufassung der Norm in vereinfachter Form aufzunehmen. Außerdem kann auch das Eindringen von Regenwasser durch Leckagen in der Gebäudehülle große Auswirkungen haben, sodass es sinnvoll ist, auch diesen Vorgang in irgendeiner Weise zu berücksichtigen. Dabei sollen die Ansätze aus WTA 6-2 [39] als Grundlage dienen, auf die sich bereits der Anhang D der DIN 4108-3 in seinem Teil 6 bezieht. Diese im WTA-Merkblatt als „Hilfsmodelle zur vereinfachten Berücksichtigung spezieller Effekte“ bezeichneten Ansätze werden im folgenden Abschnitt kurz beschrieben, da sie besonders für die Planung feuchtetoleranter Konstruktionen im Holzbau relevant sind.
Die erforderlichen Daten und Eingaben zur Durchführung einer numerischen Simulation sind am Beispiel des Programms WUFI® [40] in Tabelle 1 zusammengefasst. Für das Programm Delphin [41] gelten bei den Randbedingungen dieselben Voraussetzungen, bei den erforderlichen Materialkennwerten gibt es gewisse Unterschiede bei den Speicher- und Flüssigtransportfunktionen. An einer Umrechnungsmöglichkeit wird derzeit gearbeitet.
3.2.1 Materialkennwerte für Holz und Holzwerkstoffe
Die erforderlichen hygrothermischen Materialdaten sind ebenfalls in Tabelle 1 aufgeführt. Hier sollten möglichst die mit dem Simulationswerkzeug mitgelieferten Stoffkennwerte verwendet werden. Falls das gewünschte Material nicht in der Datenbank vorhanden ist, kann man bei ausreichender Erfahrung und Vorhandensein der entsprechenden Messwerte selbst einen Materialdatensatz erstellen. Manchmal bietet es sich auch an, einzelne, nicht genau bekannte Kennwerte in einem Materialdatensatz gezielt zu variieren, um die Auswirkungen der Veränderungen auf das Simulationsergebnis zu ermitteln. Eine solche Parameterstudie kann dabei helfen, den Einfluss der Messgenauigkeit oder der natürlichen Materialschwankungen einzelner Komponenten auf das feuchtetechnische Verhalten eines ganzen Bauteils zu analysieren und dadurch die wesentlichsten Materialparameter zu identifizieren.
Tabelle 1. Zusammenstellung der für hygrothermische Simulationen mithilfe von WUFI® erforderlichen Eingabedaten
Eingabeparameter | Erforderliche Datensätze oder Angaben |
Geometrie | Aufbau des zu berechnenden Bauteils |
numerisches Gitter | |
Thermische und hygrische Stoffkennwerte sowie -funktionen | Rohdichte ρ und Porosität ε |
spezifische Wärmekapazität c | |
feuchteabhängige Wärmeleitfähigkeit λ = f(w) | |
Wasserdampfdiffusionswiderstandszahl μ | |
evtl. Feuchtespeicherfunktion dw/dφ | |
evtl. richtungsabhängige Flüssigleitfunktionen für den Saugvorgang und die Weiterverteilung Dw = f(w) | |
Klimaparameter | Lufttemperatur θ |
relative Luftfeuchte φ | |
kurzwellige Einstrahlung (nur außen) langwellige Gegenstrahlung (nur außen) | |
Niederschlag (nur außen) | |
Windgeschwindigkeit und -richtung für die Schlagregenberechnung (nur außen) | |
Übergangs- bzw. Symmetriebedingungen | Wärme- und Feuchteübergangskoeffizient |
Strahlungsabsorptionsgrad | |
Regenabsorptionsfaktor (nur außen) | |
Steuerparameter | Anfangsbedingungen (Feuchte- und Temperaturprofil) |
Zeitschritte, Berechnungszeitraum | |
Rechengenauigkeit |
3.2.1.1 Feuchtespeicherung
Holz und Holzwerkstoffe weisen im unbehandelten Zustand eine besonders hohe Hygroskopizität auf, d. h. sie können Feuchte in ihrer Poren- und Faserstruktur bei steigender Umgebungsluftfeuchte speichern und später wieder abgeben. Bild 8 zeigt die Feuchtespeicherfähigkeit von Holz im Vergleich zu Beton und Ziegel – die Kurve für Holz liegt dabei fast über den gesamten Feuchtebereich deutlich über denen der beiden mineralischen Baustoffe. Dies belegt, dass Holz als feuchtepufferndes Material besonders gut geeignet ist und somit auch für ein besonders gutes und feuchtestabiles Raumklima sorgt [42].
Die Sorptionsfeuchte von Holz und Holzwerkstoffen kann in der Klimakammer bei verschiedenen Stufen gemessen und die Feuchtespeicherfunktion entsprechend durch diese Stützpunkte gelegt werden. Dabei sind Messwerte bis etwa 90 % r. F. möglich. Bei höheren Werten wie z. B. 93, 95 oder 97% r. F. kann die Sorptionsfeuchte noch im Exsikkator über einer gesättigten Salzlösung bestimmt werden, über der sich die jeweils zu untersuchenden relativen Luftfeuchten meist sehr genau einstellen. Da im Bereich zwischen 95 und 97 % r. F. holzzerstörende Pilze im Holz zu wachsen beginnen und dieses ggf. auch abbauen können, ist es wichtig, Messwerte auch bis zu diesem kritischen Feuchteniveau zu ermitteln, um eine möglichst zuverlässige Bewertung der Materialien zu ermöglichen.
Bild 8. Gleichgewichtsfeuchtegehalt (Sorptionsfeuchte) von Ziegel, Beton und Holz in Abhängigkeit von der relativen Luftfeuchte
Schwierig wird die Messung der Feuchtespeicherung von Holz und Holzwerkstoffen bei noch höheren Feuchtehalten, da diese nur noch durch Kontakt der Materialien mit flüssigem Wasser ermittelt werden können. Hier treten jedoch häufig Quellevorgänge sowie u.U. auch Schimmel und Pilzwachstum im Labor auf, wodurch die Messungen unzuverlässig und die Definitionen der Parameter, z. B. durch eine Veränderung des Bezugsvolumens, ungenau werden. Hier ist auf der einen Seite eine entsprechend große Erfahrung sowie eine genaue Kenntnis der Materialmodelle erforderlich, um zuverlässige Datensätze erstellen zu können. Auf der anderen Seite können gewissen Ungenauigkeiten jenseits der Gleichgewichtsfeuchtgehalte von 97 % r. F. aber toleriert werden, da diese für die eingesetzten Materialien sowieso nicht längere Zeit überschritten werden sollen.
Die Feuchtespeicherfunktion hängt bei ähnlich gebundenen und hydrophobierten Materialien im Wesentlichen an der Rohdichte des Materials. Liegt bei doppelter Rohdichte die doppelte Menge an sorptionsfähigem Material vor, steigt auch die volumenbezogene Sorptionsfeuchte analog auf den doppelten Wert. Lediglich nahe der freien Sättigung geht dieser Zusammenhang verloren, da dann ggf. auch Hohlräume zwischen