21 Und er sprach zu ihnen: Zündet man denn ein Licht an, um es unter den Scheffel oder unter die Bank zu setzen? Und nicht, um es auf den Leuchter zu setzen? 22 Denn es ist nichts verborgen, das nicht offenbar werden soll, und ist nichts geheim, das nicht an den Tag kommen soll. 23 Wer Ohren hat zu hören, der höre!
24 Und er sprach zu ihnen: Seht zu, was ihr hört! Mit welchem Maß ihr messt, wird man euch zumessen, und man wird euch noch dazugeben. 25 Denn wer da hat, dem wird gegeben; und wer nicht hat, dem wird man auch das nehmen, was er hat.
26 Und er sprach: Mit dem Reich Gottes ist es so, wie wenn ein Mensch Samen aufs Land wirft 27 und schläft und steht auf, Nacht und Tag; und der Same geht auf und wächst – er weiß nicht wie. 28 Von selbst bringt die Erde Frucht, zuerst den Halm, danach die Ähre, danach den vollen Weizen in der Ähre. 29 Wenn aber die Frucht reif ist, so schickt er alsbald die Sichel hin; denn die Ernte ist da.
30 Und er sprach: Womit wollen wir das Reich Gottes vergleichen, und durch welches Gleichnis wollen wir es abbilden? 31 Es ist wie mit einem Senfkorn: Wenn das gesät wird aufs Land, so ist‘s das kleinste unter allen Samenkörnern auf Erden; 32 und wenn es gesät ist, so geht es auf und wird größer als alle Kräuter und treibt große Zweige, sodass die Vögel unter dem Himmel unter seinem Schatten wohnen können.
33 Und durch viele solche Gleichnisse sagte er ihnen das Wort so, wie sie es hören konnten. 34 Und ohne Gleichnisse redete er nicht zu ihnen; aber wenn sie allein waren, legte er seinen Jüngern alles aus.
Mk 4,1–34 Gleichnisse und das Reich Gottes (Mt 13; Lk 8,4–18; 13,18–19) Das Kapitel der Gleichnisse ist das Zentrum der Lehre im MkEv (vgl. „Midrasch und Gleichnisse“). 4,1 Bezüglich der späteren rabbinischen Vorstellung, dass Prophetie in Wassernähe stattfindet, vgl. MechJ Bo 1,42–76. 4,10–12 Geheimnis des Reiches Gottes, wird durch Gleichnisse vermittelt, die den Eingeweihten erklärt werden. Markus deutet damit an, dass die Gleichnisse ohne Erklärung unverständlich sind und für das Verständnis eine Aufschlüsselung notwendig ist. Jesus spricht in Gleichnissen, auf dass die Außenstehenden sie nicht verstehen und nicht nach Vergebung trachten – damit der schwierige Jesajatext (Jes 6,9–10) erfüllt würde –, gibt aber gleichzeitig den Anwesenden einen Schlüssel mit (dieser harte Kurs wird in Mt 13,13 aufgeweicht, vgl. Anm. zu Mk 3,5). Unklar ist, ob das Königreich bereits angebrochen oder zukünftig ist – oder beides. 4,26–29 Dieses Gleichnis ähnelt dem vorherigen über den Sämann, ist aber wenig komplex, da nur ein Same gesät wird und die Pointe in der Überraschung des Wachsens der Pflanze liegt. 4,27 Er weiß nicht wie, in vielen Gleichnissen sind wundersames Auftreten und unerklärliches Wachstum Metaphern für das Königreich. 4,31–32 Große Bäume, üblicherweise Zedern, waren Symbole für Reichtum (Ez 17,22–23; Dan 4,17–19), aber Senfpflanzen wuchsen nur wenige Meter hoch. Wie viele andere Gleichnisse ist auch dieses eine humorvolle Satire: Das Königreich ist wie ein struppiger, invasiver Strauch! Das Gleichnis deutet an, dass das Königreich von unauffälligen Anfängen ausgeht, aber wie durch ein Wunder wächst.
35 Und am Abend desselben Tages sprach er zu ihnen: Lasst uns ans andre Ufer fahren. 36 Und sie ließen das Volk gehen und nahmen ihn mit, wie er im Boot war, und es waren noch andere Boote bei ihm. 37 Und es erhob sich ein großer Windwirbel, und die Wellen schlugen in das Boot, sodass das Boot schon voll wurde. 38 Und er war hinten im Boot und schlief auf einem Kissen. Und sie weckten ihn auf und sprachen zu ihm: Meister, fragst du nichts danach, dass wir umkommen? 39 Und er stand auf und bedrohte den Wind und sprach zu dem Meer: Schweig! Verstumme! Und der Wind legte sich und es ward eine große Stille. 40 Und er sprach zu ihnen: Was seid ihr so furchtsam? Habt ihr noch keinen Glauben? 41 Und sie fürchteten sich sehr und sprachen untereinander: Wer ist der, dass ihm Wind und Meer gehorsam sind!
Mk 4,35–41 Die Stillung des Sturmes (Mt 8,23–27; Lk 8,22–25) Wie Jona schläft auch Jesus inmitten eines Unwetters; anders als Jona (Jon 1,4–6) kann Jesus den Sturm beruhigen. 4,35 Anderes Ufer, Jesus verlässt den überwiegend jüdischen Teil Galiläas zum ersten Mal, um sich nach Osten, zur vorwiegend nichtjüdischen Uferregion, zu begeben. 4,38–40 Hier und an anderer Stelle beschreibt Markus die Jünger als unverständig, willensschwach und feige (Mk 4,13.38.40; 5,31; 6,52; 7,18; 8,17). Markus könnte damit anzeigen, dass sie die Autorität, die sie in den frühen Gemeinschaften der Jesusanhänger genossen, gar nicht verdienen. Andererseits konnten sich die Hörerinnen und Hörer auch mit den Schwächen der Jünger identifizieren und so ermutigt werden, treu nachzufolgen. Diese Perikope erinnert an das wiederkehrende Motiv des murrenden Volkes in den Wüstenepisoden in Exodus und Numeri. Das Boot ist vielleicht als Metapher für die kleine hin- und hergeworfene