6 Als nun Jesus in Betanien war im Hause Simons des Aussätzigen, 7 trat zu ihm eine Frau, die hatte ein Alabastergefäß mit kostbarem Salböl und goss es auf sein Haupt, als er zu Tisch saß. 8 Da das die Jünger sahen, wurden sie unwillig und sprachen: Wozu diese Vergeudung? 9 Es hätte teuer verkauft und das Geld den Armen gegeben werden können.
10 Als Jesus das merkte, sprach er zu ihnen: Was bekümmert ihr die Frau? Sie hat ein gutes Werk an mir getan. 11 Denn ihr habt allezeit Arme bei euch, mich aber habt ihr nicht allezeit. 12 Dass sie dies Öl auf meinen Leib gegossen hat, hat sie getan, dass sie mich für das Begräbnis bereite. 13 Wahrlich, ich sage euch: Wo dies Evangelium gepredigt wird in der ganzen Welt, da wird man auch sagen zu ihrem Gedächtnis, was sie getan hat.
Mt 26,6–13 Die salbende Frau 26,6 Bethanien, vgl. Anm. zu 21,17. Simon, wird sonst nicht erwähnt. 26,7 Goss es auf sein Haupt, Könige wurden mit Öl gesalbt (z.B. 1Sam 10,1; 16,13; 2Kön 9,6). 26,8–9 Das Geld den Armen geben, eine rabbinische Tradition ordnet den Verkauf von Luxusgütern an, um für die Armen zu sorgen (bTaan 20b). Passa galt als Zeit des Almosengebens (mPes 9,10; 10,1). 26,11 Ihr habt allezeit Arme bei euch, vgl. Dtn 15,1–11. 26,12 Dass sie mich für das Begräbnis bereite, als Vorbereitung auf die Bestattung salbte man im Judentum die Leichname (Joh 19,39–40; TestAbr 20,11; Jos.Ant. 17,199; mSchab 23,5). Vgl. „Die Bestattung Jesu: Texte und archäologische Befunde“.
14 Da ging einer von den Zwölfen, mit Namen Judas Iskariot, zu den Hohenpriestern 15 und sprach: Was wollt ihr mir geben? Ich will ihn euch verraten. Und sie boten ihm dreißig Silberlinge. 16 Und von da an suchte er eine Gelegenheit, dass er ihn ausliefere.
Mt 26,14–16 Judas ist bereit, Jesus zu verraten (Mk 14,10–11; Lk 22,3–6) 26,14 Judas Iskariot, vgl. Anm. zu 10,4. Bis zu diesem Zeitpunkt war Judas ein treuer Jünger. 26,15 Was wollt ihr mir geben, Matthäus präsentiert Habgier als Motiv, Lukas (22,3–6) und Johannes (13,2.27) bringen Judas mit dem Satan in Verbindung. Dreißig Silberlinge, Ex 21,32: Dreißig Silberlinge war auch die Ausgleichszahlung für einen Sklaven, der von einem Rind gestoßen wurde. In Sach 11,12–13 entsprechen dreißig Silberlinge dem Lohn eines Schäfers. Als Silbermünze befand sich damals die athenische Tetradrachme (Vierdrachmenstück) im Umlauf, die ungefähr vier Denaren entsprach. Ein Denar war der Tageslohn eines Arbeiters, womit der hier genannte Betrag etwa 120 Tageslöhnen entspräche.
Judas
Obwohl Judas Iskariot bei Paulus nicht erwähnt wird, da dieser nur feststellt, dass Jesus von Gott (s. Röm 4,25) „ausgeliefert“ wurde (gr. paradidomi), erinnert man sich bei Matthäus an ihn als treulosen Jünger, der Jesus für 30 Silberlinge verraten hat. Die Motive der Gier und der Bezahlung tauchen nicht schon bei Markus, sondern erst im Matthäusevangelium auf (Mt 26,14–16; 27,1–10; vgl. Mk 14,10–11; 15,1). Diese Details bilden den Anfang des Stereotyps vom käuflichen und illoyalen Juden, eine Entwicklung, die von der Tatsache befördert wurde, dass der Name „Judas“ (Jehuda) ursprünglich „Jude“ bedeutet. Es gibt jedoch keinerlei Anzeichen dafür, dass zur Entstehungszeit des NT Judas für das ganze jüdische Volk stand. Diese Interpretation kam erst später auf. Es ist wahrscheinlich, dass Matthäus die Erwähnung der 30 Silberlinge einfügte, um mit der Handlung des Judas auf Sach 11,11–12 anspielen und so einen Bezug zur hebräischen Prophetie herstellen zu können.
Gemäß jüdischem Gesetz musste derjenige, der jemanden fälschlich bezichtigt hatte, die gleiche Strafe erleiden wie der Betrogene (Dtn 19,16–20; bMak 5a; s.a. 11QT 61,7; Jos.Ant. 4,219; bSan 9b). Judas‘ tragische Entscheidung, seinem Leben ein Ende zu bereiten, indem er sich erhängt – am Kreuz oder an einem Baum hängen sind im Griechischen verwandte Begriffe –, ist ebenfalls nur bei Matthäus zu finden (im Gegensatz zu Apg 1,16–20). Der Tod des Judas spielt auf die Geschichte von Davids Knecht Ahitofel an, der sich selbst nach seinem Verrat an König David, dem wiederum Jesus (bei Matthäus) nachempfunden ist, erhängt (2Sam 17,23–24). Rabbinische Quellen berichten, dass Ahitofel seinen Verrat bereute und daher seinen Selbstmord als erlösenden Akt verstand, der es ihm ermöglichte, (dennoch) in die künftige Welt einzugehen (bSan 104b–105a).
17 Aber am ersten Tag der Ungesäuerten Brote traten die Jünger zu Jesus und sprachen: Wo willst du, dass wir dir das Passalamm zum Essen bereiten? 18 Er sprach: Geht hin in die Stadt zu einem und sprecht zu ihm: Der Meister lässt dir sagen: Meine Zeit ist nahe; ich will bei dir das Passamahl halten mit meinen Jüngern. 19 Und die Jünger taten, wie ihnen Jesus befohlen hatte, und bereiteten das Passalamm.
20 Und am Abend setzte er sich zu Tisch mit den Zwölfen. 21 Und als sie aßen, sprach er: Wahrlich, ich sage euch: Einer unter euch wird mich verraten. 22 Und sie wurden sehr betrübt und fingen an, jeder einzeln zu